Nykturie erfolgreich behandeln |
05.11.2014 09:48 Uhr |
Von Astrid Albrecht und Martin Burkart / Die Einnahme der Sabal- und Urtica-Kombination PRO 160/120 senkt die Häufigkeit nächtlicher Blasenentleerungen bei Männern mit gutartigem Prostatasyndrom im Vergleich zu Placebo signifikant. Dies ergab eine gepoolte Analyse vier kontrollierter Doppelblindstudien bei BPS-Patienten. Auch im Direktvergleich zu Finasterid oder Tamsulosin war das Phytopharmakon nicht unterlegen.
In Deutschland leben zurzeit rund 12 Millionen Männer im Alter von über 50 Jahren. Unter ihnen weisen 27 Prozent (3,2 Millionen) eine gutartige Prostatavergrößerung mit einem Prostatavolumen über 25 ml auf, traditionell als gutartige Prostatavergrößerung (Benigne Prostatahyperplasie, BPH) bezeichnet. BPH ist aber eine rein histologische Diagnose, der per se kein Krankheitswert zukommt. Der Patient klagt auch nicht über eine vergrößerte Prostata, sondern beispielsweise über nächtlichen oder imperativen Harndrang, Harnstottern oder das Gefühl unvollständiger Entleerung.
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Diese Symptome des unteren Harntraktes werden als Miktionsbeschwerden bezeichnet. An mittelgradigen Miktionsbeschwerden leiden unter den über 50-jährigen in Deutschland rund 40 Prozent. Bei Miktionsbeschwerden in Verbindung mit einer vergrößerter Prostata spricht man von einem gutartigen Prostatasyndrom (Benignes Prostatasyndrom, BPS). Miktionsbeschwerden können auch zahlreiche andere Ursachen haben, zum Beispiel eine überaktive Blase.
Lebensqualität stark beeinträchtigt
An Nykturie, also dem gehäuften Wasserlassen in der Nacht, leiden bis zu 37 Prozent der erwachsenen Männer. Die Inzidenz steigt mit zunehmendem Lebensalter deutlich an: Bei Über-70-Jährigen müssen bis zu 93 Prozent der Männer mindestens einmal in der Nacht die Toilette aufsuchen. Nykturie ist nicht nur ein sehr häufiges, sondern auch ein belastendes und komplikationsträchtiges Symptom: Sie beeinträchtigt den Schlaf, die Lebensqualität und trägt Mitschuld an einer großen Zahl von Stürzen und Knochenfrakturen bei älteren Menschen.
Auszüge aus Früchten der Sägepalme (Serenoa repens, Sabal serrulata) und aus Brennnesselwurzeln (Urtica dioica) werden bei Miktionsbeschwerden aufgrund einer vergrößerten Prostata eingesetzt. PRO 160/120 ist eine Fixkombination aus 160 mg Sabalextrakt WS® 1473 und 120 mg Brennnesselwurzelextrakt WS® 1031 (Prostagutt® forte 160/120 mg Kapseln). PRO 160/120 ist als Arzneimittel zugelassen zur Behandlung von Miktionsbeschwerden bei benigner Prostatahyperplasie (Stadium I-II nach Alken).
Zu Wirksamkeit und Verträglichkeit dieser Fixkombination sind vier randomisierte, doppelblinde Studien publiziert. Zwei verglichen den Extrakt mit Placebo, eine mit dem 5α-Reduktasehemmer Finasterid (48 Wochen) und eine weitere mit dem α1-Adrenozeptorantagonisten Tamsulosin (60 Wochen) (1-4). Ein Zielparameter in allen Studien war der International Prostata Symptom Score (I-PSS). Nach zwölf- und 24-wöchiger Behandlung war der Extrakt im Vergleich zu Placebo signifikant überlegen. Die referenzkontrollierten Studien zeigten für PRO 120/160 die Nichtunterlegenheit im Vergleich zu den beiden Synthetika.
Placebo signifikant überlegen
Eine aktuelle Analyse wertete diese Studien bezüglich des Symptoms nächtliches Wasserlassen aus (5). Eingeschlossen in die aktuelle Analyse wurden die Daten von 922 Männern mit BPS im Durchschnittsalter von 66 Jahren. Auch hier besserte der Extrakt PRO 160/120 die Häufigkeit nächtlicher Blasenentleerungen signifikant im Vergleich zu Placebo, und vergleichbar wie Finasterid oder Tamsulosin.
Irritative Symptome (Speicherbeschwerden):
Obstruktive Symptome (Entleerungs- oder Miktionssymptome)
Die durchschnittliche nächtliche Entleerungsfrequenz lag vor Behandlung bei 2,1 Toilettengängen. 463 Patienten erhielten zweimal täglich eine Kapsel PRO 160/120, alle anderen entweder zweimal täglich Placebo (n = 146), Finasterid (n = 244) oder Tamsulosin (n = 69). Alle Studien wurden randomisiert und doppelblind durchgeführt. Ausgewertet wurden die Daten aller eingeschlossenen Patienten (full analysis set) nach 24 Wochen Behandlung. In der gepoolten Analyse der beiden placebokontrollierten Studien senkte PRO 160/120 die Zahl der nächtlichen Basenentleerungen von 2,4 auf 1,6 (-29 Prozent). Unter Placebo kam es zu einem Rückgang von 2,4 auf 1,8 (-18 Prozent). Die Ansprechrate der Patienten, das heißt, der Anteil Patienten, bei dem die Häufigkeit nächtlichen Wasserlassens zurückging, war unter PRO 160/120 mit 68,7 Prozent derjenigen in den Placebogruppen (51,7 Prozent) signifikant überlegen. Unter den Respondern besserte sich die Mehrheit um rund eine nächtliche Entleerung; das heißt, zwischen Zubettgehen und Aufstehen am Morgen mussten die Betroffenen einmal weniger zur Toilette. Der Anteil an Respondern waren unter PRO 160/120 konsistent höher als unter Placebo, unabhängig vom Ausgangswert vor Behandlung, der zwischen einmal und über fünfmal lag.
Referenzen ebenbürtig
Hingegen zeigten die Vergleichsstudien mit Finasterid und Tamsulosin keine signifikanten Unterschiede zum Phytotherapeutikum – weder bei der Veränderung der Entleerungshäufigkeit noch bei der Ansprechrate: Die Verbesserung der Entleerungsfrequenz erreichte 0,46 unter PRO 160/120 und 0,45 unter Finasterid, bei praktisch identischen Ansprechraten (44,7 Prozent versus 44,3 Prozent). In diesem Studienkollektiv waren Patienten mit relativ leicht ausgeprägten irritativen Beschwerden eingeschlossen (siehe dazu Kasten).
BPS-Patienten unter Tamsulosin besserten sich um 0,94 nächtliche Entleerungen, im Vergleich zu 0,82 unter PRO 160/120. Der Responderanteil lag unter dem Phytotherapeutikum höher (63,2 Prozent) als unter dem α1-Blocker (58,8 Prozent).
Die Resultate der Post-hoc-Analyse können als Beschreibung der Wirksamkeit von PRO 160/120 in einer gemischten Population von BPS-Patienten interpretiert werden, da die eingeschlossenen Patienten irritative und obstruktive Beschwerden in recht unterschiedlichem Ausmaß aufwiesen. Die Ergebnisse stehen im Einklang mit publizierten Daten, welche die Effekte weiterer α1-Blocker (Alfuzosin, Silodosin), 5α-Reduktasehemmer (Dutasterid), Kombinationen beider Wirkstoffklassen sowie von Phosphodiesterase-5-Hemmern (Tadalafil) auf Nykturie bei BPS-Patienten untersucht haben (6). /
Literatur
Für die Verfasser
Dr. med. Astrid Albrecht, Dr. Willmar Schwabe GmbH & Co. KG, Bunsenstraße 6-10, 76275 Ettlingen, E-Mail: astrid.albrecht(at)schwabe.de