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Tumortherapie

Suizid auf Befehl

06.11.2012  14:17 Uhr

Von Ulrike Viegener / Ein winziges Molekül – NKP-1339 – kann offenbar Tumorzellen dazu bringen, sich selbst umzubringen. Darauf deuten vorläufige klinische Daten hin. Eine kontrollierte Apoptose entarteter Zellen scheint damit in den Bereich des Möglichen zu rücken.

In unserem Körper muss laufend zellulärer Müll entsorgt werden. Der Mechanismus der Abfallbeseitigung ist genial: Auf verschiedenen Wegen kann ein genetisches Selbsttötungsprogramm, das zum Repertoire jeder Körperzelle gehört, gezündet werden, und die defekte Zelle vernichtet sich selbst. Dieser Vorgang wird als Apoptose oder programmierter Zelltod bezeichnet. Die Apoptose kann entweder durch patroullierende Immunzellen ausgelöst werden, oder aber zellinterne Prozesse schalten das Suizidprogramm an.

Auch Krebszellen tragen das »Selbsttötungs-Gen« in sich, welches damit zur hochinteressanten Zielstruktur therapeutischer Strategien wird. Die Crux dabei: Mit raffinierten Tricks können sich Tumorzellen der Apoptose entziehen – Tricks, die bei primärem oder sekundärem Therapieversagen eine Rolle spielen können.

 

NKP-1339 repräsentiert ein neuartiges Wirkprinzip, gegen das Krebszellen offenbar keine Tricks parat haben: Das kleine Molekül hängt sich an das für den Eisentransport verantwortliche Glykoprotein Transferrin und wird so in die Tumorzellen eingeschleust. Bei vielen Tumorarten ist die Dichte der Transferrin-Rezeptoren auf den Zelloberflächen erhöht. Im Zellinnern angelangt, setzt NKP-1339 über den sogenannten mitochondrialen Pathway den programmierten Zelltod in Gang. Zudem blockiert der Wirkstoff über eine Hemmung des Proteins GBR78 die Reparatur fehlgefalteter Proteine. In der Folge sammeln sich »Schrottproteine« in der Zelle an, was letztlich auch zu einer Induktion der Apoptose führt.

 

Wirksam bei »austherapierten« Patienten

 

Aktuell wird NKP-1339 in einer klinischen Phase-I-Studie an insgesamt 24 Patienten mit verschiedenen metastasierenden soliden Tumoren getestet. Alle Patienten galten als austherapiert mit progredientem Verlauf unter Standardtherapie. Bei sechs dieser Patienten war unter NKP-1339 in der ersten zwölfwöchigen Studienphase ein günstiger Einfluss auf das Tumorwachstum feststellbar. In einem Fall kam es zur Tumorregression, in fünf Fällen war eine Stabilisierung zu beobachten.

 

Ein Patient mit neuroendokrinem Tumor wird inzwischen unter Remis­sion mehr als siebzig Wochen mit NKP-1339 behandelt. Bei fünf Patienten konnte das Tumorwachstum gestoppt werden, wobei aktuell ein Therapiezeitraum von 24 Wochen überblickt wird. In zwei dieser Fälle liegt ein nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom vor. Zwei weitere Patienten leiden an einem Gastrinom beziehungsweise einem malignen Darmtumor. In einem Fall ist der Primärherd der metastasierenden Tumorerkrankung nicht identifiziert.

 

Die angesichts der extrem schlechten Prognose spektakulären Verläufe haben das US-amerikanische Unternehmen Niiki Pharma – Hersteller von NKP-1339 – veranlasst, die vorläufigen Studienergebnisse offenzulegen. Es wird betont, dass sich die innovative Substanz als Monotherapie bei Patienten als wirksam erwiesen hat, die vorher auf diverse Medikamente nicht angesprochen hatten. Dabei ist die mögliche Maximaldosis noch nicht erreicht. Im weiteren Verlauf der Studie soll die Dosierung sukzessive gesteigert werden.

 

Bisher wenig Nebenwirkungen

 

Vielversprechend ist laut den behandelnden Medizinern auch das Verträglichkeitsprofil von NKP-1339. Bis dato wurden nur wenige kontrollierbare Nebenwirkungen gesehen. Im Vordergrund stehen leichtere grippeartige Symptome mit Fieber.

 

Damit scheinen sich die präklinischen Ergebnisse zu bestätigen: Der innovative Wirkstoff greift die Tumore offenbar selektiv an und zeigt eine Wirksamkeit bei unterschiedlichen Tumorarten, so fasst Professor Dr. Bernhard Keppler von der Universität Wien in einer Pressemitteilung zusammen. Keppler ist Dekan der dortigen Fakultät für Chemie und hat gemeinsam mit der Arbeitsgruppe von Professor Dr. Walter Berger am Institut für Krebsforschung der Medizinischen Universität Wien den inzwischen patentierten Wirkstoff NKP-1339 entwickelt. /

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