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Internethandel

Gefährliche Schlankmacher

Datum 29.10.2007  15:24 Uhr

Internethandel

<typohead type="3">Gefährliche Schlankmacher

Von Wilfried Dubbels

 

Verbraucherschützer warnen vor dem Bezug von Diätpillen aus dem Internet. Zum Beispiel 2,4-Dinitrophenol kann zu schweren bis lebensbedrohlichen Nebenwirkungen führen.

 

Um abzunehmen, nahm eine junge Frau russische Diätpillen ein, die ihr eine Freundin über das Internet besorgt hatte. Das kostete sie das Leben. Diesen September musste sich ihre Freundin vor dem Amtsgericht Hamburg wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung verantworten. Die 22-Jähige wurde freigesprochen, da für sie als Laie nicht erkennbar war, dass es sich bei ihrem russischen Import nicht um ein harmloses Diätmittel, sondern um ein nicht verkehrsfähiges Arzneimittel handelte. Den Prozess nahmen Verbraucherschützer zum Anlass, um vor den Gefahren der unbekannten Schlankmacher aus dem Internet hinzuweisen.

 

Die im Internet angebotenen illegalen »Fatburner« enthalten häufig nicht verkehrsfähige oder verschreibungspflichtige Substanzen wie Schilddrüsenhormone, Amphetamine oder, wie im beschriebenen Fall, 2,4-Dinitrophenol (DNP).

 

Sprengstoff als Abnehmmittel

 

DNP, ein gelbes, kristallines Pulver, wird vielfach für technische Zwecke verwendet, etwa zur Produktion von Holzschutzmitteln, Fotochemikalien, Insektiziden und als Indikator. Die Synthese erfolgt aus Chlorbenzol mit Nitriersäure, einem Gemisch aus Schwefel- und Salpetersäure, und anschließende Alkalisierung. Dabei entsteht zunächst 2,4-Dinitrochlorbenzol, doch lässt sich das Chloratom durch den Einfluss der Nitrogruppen im alkalischen Milieu leicht gegen die Hydroxylgruppe austauschen.

 

Ursprünglich wurde DNP als Bestandteil von Sprengstoff verwendet. Arbeiter, die mit dieser Substanz in Kontakt kamen, verloren erheblich an Gewicht. Aufgrund dieser Beobachtung kam DNP als Medikament zur Gewichtsreduktion zum Einsatz. Doch in den 1930er-Jahren wurde der Vertrieb wegen der gravierenden Nebenwirkungen eingestellt. Zu diesen gehörte unter anderem eine Form des Katarakts, eine Linsentrübung mit gelbbrauner Färbung der Augenlinse. Doch führt die hoch toxische Substanz nach Angaben der amerikanischen Umweltschutzbehörde auch zu Schwindel, Brechreiz, Schweißausbrüchen, Verwirrung, Kopfschmerzen und vielen anderen Symptomen.

 

Weder in den USA noch in Deutschland gibt es eine Zulassung für DNP, sei es als Medikament noch als Nahrungsergänzungs- oder Diätmittel. Nur ein homöopathisches Mittel mit diesem Inhaltsstoff zur Behandlung des Katarakts ist in Deutschland verkehrsfähig.

 

Tod durch Multiorganversagen

 

Vom DNP ist bekannt, dass es die oxidative Phosphorylierung in den Mitochondrien entkoppelt. Es kurbelt den Stoffwechsel an, verhindert aber gleichzeitig die Bildung des Energieträgers Adenosintriphosphat (ATP). Die energiereichen Zwischenprodukte werden weiterhin nachgeliefert, aber ihre Umsetzung zu ATP bleibt aus, die Zellen werden ausgehungert. Der Körper versucht den ATP-Mangel zu kompensieren, indem er seine Reserven mobilisiert. Doch wandeln sich auch diese Kalorien nicht in verwertbare Energie (ATP) um, sondern sie »verpuffen« zu Wärme. Dieser Vorgang wird als Thermogenese bezeichnet und kann so stark ausgeprägt sein, dass er zu Überhitzung des Körpers (Hyperthermie) führt. »Dieting by Cooking Yourself«, nennen das Mitglieder von Internetforen, die sich wünschen, durch DNP abzunehmen.

 

Doch wurden schon lebensgefährliche oder gar tödlich verlaufende Hyperthermiesyndrome beschrieben. Dann ist die ausreichende Versorgung des Herzmuskels und des Gehirns mit Sauerstoff nicht mehr gewährleistet. Infolge des erhöhten Sauerstoffbedarfs beschleunigt sich die Atmung, und durch die Kumulation saurer Stoffwechselprodukte sinkt der pH-Wert des Blutes. Weitere gefährliche Effekte sind Hyperglykämie, Tachykardie, Herzrhythmusstörungen, Dyspnoe, Zyanose, hämolytische Anämie, Beeinträchtigung der Nieren- und Leberfunktion. Im Vollbild einer schweren DNP-Vergiftung kommt es zum Multiorganversagen.

 

In der medizinischen Literatur wird die tödliche Dosis mit 1-3 g DNP angegeben. Durch Kumulation können jedoch womöglich weitaus geringere Tagesdosierungen ausreichen.

 

So berichteten Dr. Robin McFee und seine Kollegen vom Winthrop University Hospital in New York 2004 im Fachjournal »Veterinary and Human Toxicology« den Fall eines Bodybuilders, der an vier aufeinander folgenden Tagen 600 mg DNP zu sich genommen hatte. Bei fieberhaft erhöhter Körpertemperatur erlitt er einen Kreislaufzusammenbruch, begann zu delirieren und entwickelte immer schwerere Herzrhythmusstörungen. Trotz kühlender und wiederbelebender Maßnahmen starb er.

 

Anhand dieser tragischen Vorfälle kann nicht oft genug vor dem Bezug sogenannter Lifestyle-Präparate im Internet gewarnt werden. Denn für den Laien ist häufig nicht erkennbar, ob es sich um legale Mittel von einem seriösen Anbieter handelt, oder um Präparate, die Gesundheit und Leben gefährden. Sowohl das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wie auch das Bundeskriminalamt haben dieses Jahr schon davor gewarnt, Arzneimittel aus unsicheren Quellen über das Internet zu beziehen.

 

 

Literatur beim Verfasser

 

 

Anschrift des Verfassers:

Wilfried Dubbels

Bremer Straße 24

27404 Heeslingen

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