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Versicherungsfremde Leistungen

Fast ein Drittel der Ausgaben

20.10.2008  11:08 Uhr

Versicherungsfremde Leistungen

<typohead type="3">Fast ein Drittel der Ausgaben

Von Uta Grossmann, Berlin

 

Kurz vor Einführung des Gesundheitsfonds, der für die meisten Versicherten mit einer Erhöhung des Krankenkassenbeitrags einhergeht, hagelt es Sparvorschläge. Professor Dr. Fritz Beske hält eine Absenkung des Beitrags auf 10,35 Prozent für möglich. AOK-Chef Dr. Hans-Jürgen Ahrens plädiert für einen höheren Herstellerrabatt.

 

Wenn die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) von versicherungsfremden Leistungen und Quersubventionierungen anderer Sozialsysteme entlastet würde, könnten nach Einschätzung von Professor Dr. Fritz Beske 45,5 Milliarden Euro im Jahr gespart werden. Der Beitragssatz von derzeit durchschnittlich 14,9 Prozent würde auf 10,35 Prozent sinken.

 

Dieses Ergebnis der jüngsten Studie des Fritz-Beske-Instituts für Gesundheitssystemforschung (IGSF) stellte Studienautor Beske, Direktor und Namensgeber seines Instituts, am vergangenen Donnerstag in Berlin vor. »Die jetzt beschlossene Beitragssatzerhöhung belastet insbesondere die Rentner, die nicht von der Absenkung des Beitragssatzes der Arbeitslosenversicherung profitieren, und nimmt den Menschen das Vertrauen in die Politik, die seit Jahren erklärt, dass der Beitrag zur Krankenversicherung eher gesenkt werden soll, zumindest aber ausreichend ist«, sagte Beske. »Die Argumentation, dass gleichzeitig der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung gesenkt wird und damit die Bürger insgesamt nicht mehr zahlen müssen, zeigt, dass die Politik die Quersubventionierung anderer Sozialsysteme durch die Versichertenbeiträge der Gesetzlichen Krankenversicherung fortführt.«

 

Beskes Studie schlägt vor, dass der Gesetzgeber jede Subventionierung anderer Sozialsysteme und des Staates durch die GKV aufhebt und dass Leistungen, die von Dritten in Anspruch genommen werden, kostendeckend zu bezahlen sind. Alternativ könnte der Staat diese Kosten übernehmen und per Steuerzuschuss an die GKV überweisen.

 

Zu den versicherungsfremden Leistungen zählt Beske zum Beispiel bestimmte Vorsorgeleistungen wie Kuren, Kosten für Schwangerschaft und Mutterschaft sowie das Krankengeld bei Betreuung eines kranken Kindes. Nach seinen Berechnungen summieren sich diese Leistungen auf vier Milliarden Euro im Jahr. Die beitragsfreie Mitversicherung von Kindern und Ehepartnern gehört nach Beskes Meinung nicht zu den Aufgaben der GKV. Beitragsausfälle verzeichnen die Kassen auch durch Empfänger von Arbeitslosengeld II. Durch Beitragsbefreiung oder reduzierte Beiträge entstehen der GKV jährliche Kosten von 29 Milliarden Euro.

 

Schließlich sieht Beske nicht ein, wieso Deutschland nicht wie viele andere europäische Länder den Mehrwertsteuersatz für Arzneimittel senkt. Derzeit werden 19 Prozent erhoben, Beske schlägt den reduzierten Satz von 7 Prozent vor. Jährlich zu erwartende Entlastung der GKV: vier Milliarden Euro. Rechnet man die Belastung der GKV durch die Gesetzgebung der Jahre 1989 bis 2008 von elf Milliarden Euro hinzu, kommt Beske auf 48 Milliarden Euro, die die GKV infolge politischer Entscheidungen zu schultern hat. Abzüglich des Zuschusses von 2,5 Milliarden Euro, die der GKV in diesem Jahr aus dem Bundeshaushalt für versicherungsfremde Leistungen zufließen, bleibt für 2008 immer noch eine Belastung der GKV von 45,5 Milliarden Euro übrig.

 

Beske forderte mehr Ehrlichkeit gegenüber den Versicherten. Sie sollten tatsächlich nur ihre eigene Gesundheitsversorgung finanzieren, Leistungen für Dritte müssten kostendeckend sein. Er rechnet damit, dass den Krankenkassen vom 1. Januar 2009 an mit dem Start des Gesundheitsfonds Geld fehlen wird. Dieses Geld werden die Versicherten in Form von Zusatzbeiträgen aufbringen müssen, sagte der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK), Dr. Hans-Jürgen Ahrens.

 

Die Ortskrankenkassen wollen das unbedingt vermeiden. Deshalb schlug Ahrens vor, den Herstellerrabatt, den die Pharmafirmen der GKV gewähren müssen, zu verdoppeln oder zu verdreifachen. Damit könne eine Milliarde Euro gespart werden. Aufschrei aus der Industrie ließ nicht auf sich warten. Der Branchenverband Pro Generika wies das Ansinnen entschieden zurück - die Krankenkassen seien »außer Rand und Band«. Bereits jetzt müsse für die nicht mit einem Festbetrag belegten Generika ein Zwangsrabatt von 16 Prozent eingeräumt werden. Sollte die Forderung der Kassen erfüllt werden, würde er auf bis zu 26 Prozent steigen, so Pro-Generika-Geschäftsführer Peter Schmidt: »Damit würden die Grenzen des gesundheits-, wirtschafts- und rechtspolitisch Vertretbaren endgültig überschritten.«

 

Die Hauptgeschäftsführerin des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller (VFA), Cornelia Yzer, sagte: »Die Ausgaben der Krankenversicherung für Arzneimittel liegen in dem Rahmen, den die Kassen vereinbart haben. Es besteht kein Anlass zur Intervention.« Statt die eigene Verantwortung wegzudelegieren, solle jeder vor seiner eigenen Tür kehren, forderte Yzer.

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