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Pressekonferenz

Apotheker mit mehr Zuversicht

18.10.2016  15:12 Uhr

Die Rahmenbedingungen für die öffentliche Apotheke bleiben schwierig. Dennoch sieht die Mehrheit der selbstständigen Apotheker mit Zuversicht in die Zukunft. Sie trotzen damit dem Nachwuchsmangel und der überbordenden Bürokratie im Gesundheitswesen. Das ist die Kernbotschaft der Pressekonferenz der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände zum Start des Deutschen Apothekertags in München.

Nach einer von der ABDA initiierten Unter­suchung erwarten 72 Prozent der Apothekenleiter in den kommenden zwei bis drei Jahren stabile oder sogar leicht verbesserte wirtschaftliche Bedingungen für ihre Apotheke. 

 

Die Einschätzung der eigenen Lage korreliert dabei stark mit der Apothekengröße: Inhaber größerer Betriebe sehen die Lage positiver als der Durchschnitt. In kleinen Apotheken ist auch der Optimismus weniger ausgeprägt. In der Konsequenz wird dort auch weniger investiert. »Leider sehen kleinere Betriebe eher pessimistisch in die Zukunft und haben mehr Sorgen um den Nachwuchs«, sagte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt.

 

An der von TNS Infratest umgesetzten Untersuchung nahmen 500 Apothekenleiter aus Deutschland teil – eine statistisch repräsentative Stichprobe, wie Schmidt betonte. Mit dem Apotheken­klima-Index, der in diesem Jahr zum ersten Mal erstellt wurde, haben die Apotheker ein neues Instrument entwickelt. Damit wurden auch gesundheitspolitische Prioritäten der Apotheker abgefragt.

Mehr Sicherheit gefordert

 

Die Ergebnisse sind wenig überraschend: Jeweils rund drei Viertel der Apothekenleiter fordern stabile wirtschaftliche Rahmenbedingungen und ordnungspolitische Planungssicherheit, gut zwei Drittel mahnen einen Abbau der Bürokratie an. Schmidt hat dieses Resultat erwartet: »Stabile Rahmenbedingungen und Planungssicherheit sind die zentralen Anliegen des Berufsstands.« Vor allem für kleinere Apotheken sei Planungssicherheit zentral, denn deren betriebswirtschaft­licher Spielraum sei geringer.

 

Mit Blick auf die Ergebnisse der Befragung fordert der ABDA-Präsident die Politik auf, bei ihren Entscheidungen die besonderen Herausforderungen für kleine Apotheken auf dem Land und in städtischen Wohngebieten zu bedenken. Sie seien für die Versorgung besonders wichtig. Es sei eine Priorität für die Standesvertretung, gute Bedingungen auch und gerade für kleinere Apotheken zu schaffen. »Auf diese ­können wir nicht verzichten, denn sie haben eine hohe Relevanz in der Versorgung.« Diese Einheiten müsse man entlasten, zum Beispiel durch Büro­kratieabbau.

 

Er plädierte für eine Unterstützung der Landapotheken, die in der Regel ­unter dem wachsenden Ärztemangel leiden. »Ich hoffe, dass es keine Marktbereinigung gibt in dem Sinn, dass die kleineren Einheiten ausscheiden. Dafür werden wir alles tun.«

 

Trotz der Sorgen der kleineren und der Landapotheken: Die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung sei derzeit auf jeden Fall gesichert, versicherte der ABDA-Präsident in der Diskussion.

 

Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer, sieht dies genauso. Die Arzneimittelversorgung auch in ländlichen Regionen weiterhin zu sichern, sei vorrangig eine Aufgabe der Landesorganisationen. Es gebe keine Maßnahmen, die in allen Regionen Deutschlands gleichermaßen erfolgreich sind. »Das System trägt«, bestätigte er Schmidts Aussage. In Einzelfällen seien die Kammern bereits sehr ­aktiv, um die Versorgung in der Fläche zu sichern.

 

Probleme bei der Personalgewinnung

 

Trotz der relativ stabilen wirtschaftlichen Lage haben viele Apothekenleiter erhebliche Probleme. Es fällt ihnen immer schwerer, qualifiziertes Personal zu gewinnen. Knapp die Hälfte der befragten Apotheker würde in den nächsten zwei bis drei Jahren gerne Personal einstellen. Doch 27 Prozent der befragten Apothekenleiter rechnen damit, dass sie für eine Approbiertenstelle ­keinen einzigen Bewerber fänden. Besonders dramatisch ist die Situation auf dem Land: Zwei von fünf Inhabern in kleinen Ortschaften mit bis zu 5000 Einwohnern glauben, keine Bewerber für freie Apothekerstellen zu finden.

 

Ähnlich sieht es bei der Suche nach einem Nachfolger aus, insbesondere bei kleinen Apotheken. Bei Betrieben mit zwei bis drei Beschäftigten glaubt nur die Hälfte der befragten Leiter, mindestens zwei Kaufinteressenten zu finden. Bedenkt man, dass für die meisten Apotheker der Verkauf ihrer Apotheke ein bedeutender Posten für ihre Ruhestandsplanung ist, wird deutlich, wie fatal es für sie sein kann, wenn sie ihren Betrieb nicht wie geplant verkaufen können.

 

An fehlendem Ausbildungswillen der Apotheker liegt der Bewerbermangel allerdings nicht. Laut Umfrage bildet fast die Hälfte der Apotheken derzeit Personal aus. Allerdings korreliert der Ausbildungswille mit der Größe der Apotheke. Bei den großen Apotheken mit mehr als elf Beschäftigten bilden fast vier Fünftel aus, bei kleineren Apotheken mit bis zu fünf Mitarbeitern ist es nur ein Viertel. Kiefer will diese ­Situation nicht akzeptieren: »Für die Zukunft der Arzneimittelversorgung brauchen wir gut ausgebildete und hochmotivierte Apotheker – nicht nur in der Stadt, sondern auch auf dem Land.«

 

Auch für Fritz Becker, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbands, ist dies ein bedenk­licher Trend: »Investitionen in Personal und Material sind auch in kleinen Betrieben wichtig, um fit für die Zukunft zu sein. Da müssen die wirtschafts- und gesundheitspolitischen Anreize gestärkt werden.«

 

Honorierung für Rezepturen

 

Vor den Journalisten wies Schmidt noch auf die gesundheitspolitischen Prioritäten – Honorierung für Rezeptur und Erhöhung der Dokumentationsgebühr bei Betäubungsmitteln – hin. Die bisherige, völlig unzureichende Regelung sei »uralt«. Der Entwurf des Arznei­mittel-Versorgungs­stärkungs­gesetzes (AM-VSG) sehe deutliche Verbesserungen vor.

 

Das sei »völlig gerechtfertigt«, findet Schmidt, denn laut Apothekenklima-Index beraten nahezu 85 Prozent der Apotheken bei der Abgabe von Rezepturen gleich intensiv oder sogar länger als bei Fertigarzneimitteln. Kürzere Beratungszeiten könnten zum Beispiel bei bekannter Dauermedikation auftreten.

 

Leitantrag beim DAT

 

Angesichts der demografischen Entwicklung und des zunehmenden Betreuungsbedarfs der Patienten stehen die Apotheker vor erheblichen Herausforderungen. Um diese bewältigen zu können, brauche der Berufsstand verlässliche, stabile Rahmenbedingungen, resümierte Schmidt bei der Pressekonferenz. Er wies auf den Leitantrag hin, den der Geschäftsführende ABDA-Vorstand beim Deutschen Apothekertag einbringen wird. Darin wird der Gesetzgeber aufgefordert, die freiberuflich erbrachte, qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung in Deutschland durch ordnungspolitische, ökonomische und fachliche Planungssicherheit zu fördern. Diese zentralen Forderungen wollen die Apotheker auch in die Wahlkämpfe auf Bundes- und Landesebene einbringen. /

Kommentar

Die kleinen Apotheken werden gebraucht

Der Deutsche Apothekertag ist mit einer guten Botschaft gestartet: Der Abwärtstrend der öffentlichen Apotheken scheint gestoppt. Nach dem neu entwickelten Apothekenklima-Index steigt die Stimmung der Apotheker wieder an. Apothekenleiter fassen wieder Zuversicht. Der durchschnittliche Gewinn vor Steuern steigt seit zwei Jahren moderat. Fast drei Viertel der Apothekenleiter gehen für die nähere Zukunft davon aus, dass sich die Lage der Apotheker positiv entwickelt. Ein Indiz, dass die trüben Jahre für die Apotheker offenbar zu Ende gehen. Mögen sie nie wiederkehren.

 

Vollkommen sorgenlos ist die Apothekerschaft allerdings nicht. Während es den großen Apotheken in den Innenstädten besser geht, werden die Sorgen der Landapotheken immer größer. Deren Leiter blicken nicht in eine erfreuliche Zukunft. Im Gegenteil: Sie kämpfen mit Existenzsorgen. Laut Apothekenklima-Index planen sie weniger Investitionen als Stadt-Apotheken. Sie denken häufiger darüber nach, Angestellte zu entlassen, und bilden weniger Berufsanfänger aus. Zwar gibt es bislang zum Glück noch keine weißen Flecke n bei der Arzneimittelversorgung in Deutschland. Es wird aber immer wichtiger, den negativen Trend zu stoppen. Versand­apotheken aus dem europäischen Ausland warten auf erste Versorgungslücken, um sich dann mit insuffizienten Lösungen als Retter aufzuspielen.

 

Dazu darf es nicht kommen. Die kleinen Apotheken auf dem Land oder in der Peripherie großer Städte werden gebraucht. Es ist sicher keine leichte Aufgabe, die Versorgung auf dem Land zu stabilisieren. Eine Alternative dazu gibt es aber nicht.

 

Daniel Rücker 

Chefredakteur

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