Schlechte Noten auf dem Land |
15.10.2014 10:07 Uhr |
Von Ev Tebroke, Berlin / Die Landbevölkerung ist mit der ambulanten Gesundheitsversorgung oft unzufrieden. Das ist eines der Ergebnisse einer Forsa-Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse (TK), die vergangene Woche in Berlin vorgestellt wurde. Grundsätzlich sind die Deutschen zwar mit dem Gesundheitssystem zufrieden. Mit Blick auf zukünftige Herausforderungen sehen sie aber dringenden Reformbedarf.
Laut Umfrage ist jeder fünfte Landbewohner mit dem Angebot an Haus- und Fachärzten in seiner Region weniger oder gar nicht zufrieden. Bei Menschen, die in Ballungsräumen und Städten mit mehr als 500.000 Einwohnern leben, fühlt sich hingegen nur jeder Elfte schlecht versorgt. Dort sind 60 Prozent der Befragten mit dem Arztpraxen-Angebot vollkommen oder sehr zufrieden. In ländlichen Regionen und Orten unter 5000 Einwohnern beurteilten dies nur 40 Prozent so positiv. Auch regional gibt es Unterschiede: Während in Bayern oder in Niedersachsen 53 Prozent das Angebot als gut bewerten, so sind es in Thüringen, Sachsen-Anhalt oder Sachsen nur 33 Prozent.
Einsatz von Telemedizin
Um Versorgungsdefizite auf dem Land zu verbessern, zeigten sich die Befragten aber flexibel. So sind drei von vier Menschen (73 Prozent) damit einverstanden, wenn bestimmte ärztliche Aufgaben von medizinischem Fachpersonal übernommen würden. Dabei sind Ostdeutsche mit 82 Prozent aufgeschlossener als Westdeutsche (72 Prozent). Auch für den Einsatz von Telemedizin zeigen sich die Befragten offen. Die Idee, ein Arztgespräch per Video am Computer zu führen, wäre für gut jeden dritten Deutschen (37 Prozent) eine Alternative, um lange Wege zu vermeiden oder schneller einen Spezialisten konsultieren zu können.
Dabei wird naturgemäß deutlich, dass die Bereitschaft, telemedizinische Angebote zu nutzen, bei den 36- bis 45-Jährigen mit 44 Prozent am höchsten ist. In der Gruppe der über 66-Jährigen wäre dies nur noch für 28 Prozent der Befragten eine Option. Auch ist die Bereitschaft abhängig vom Bildungsabschluss. Während 48 Prozent der Befragten mit Abitur und Studium solche telemedizinische Angebote nutzen würden, wären es bei Menschen mit Hauptschulabschluss nur 28 Prozent.
Mit dem sogenannten TK-Meinungspuls befragt die Kasse seit 2004 jährlich Menschen in Deutschland zu ihrer Einschätzung des Gesundheitssystems. Grundsätzlich zeichnet die Umfrage 2014 für die bundesweit 2001 Erwachsene befragt wurden, ein positives Meinungsbild. Demnach sind drei von vier Menschen mit dem Gesundheitssystem zufrieden. Dabei hat die Unzufriedenheit im Verlauf der Jahre abgenommen. War 2006 noch die Mehrheit der Befragten (54 Prozent) weniger zufrieden oder unzufrieden, so behaupten dies 2014 nur noch 23 Prozent. Trotz der positiven Bewertung zeigen sich die Menschen aber in ihrer Einschätzung realistisch: So sehen neun von zehn Befragten aktuell Reformbedarf beim Gesundheitssystem. Dabei ist bei den privat Versicherten der Wunsch nach grundlegenden Veränderungen mit 15 Prozent etwas stärker präsent als bei den gesetzlich Versicherten mit 12 Prozent.
Insgesamt befürchtet ein Drittel aller Deutschen, dass das Gesundheitssystem den zukünftigen Herausforderungen nicht gewachsen sein wird. Und nicht einmal jeder Zweite (45 Prozent) glaubt an die künftige Finanzierbarkeit des Systems in seiner heutigen Form. Auch gehen 54 Prozent von einem eingeschränkten Leistungsangebot aus. Außerdem befürchtet fast die Hälfte aller Befragten (47 Prozent) Qualitätseinbußen bei der medizinischen Versorgung. Des Weiteren geht nur jeder dritte Deutsche davon aus, dass auch zukünftig noch alle Patienten am medizinischen Fortschritt teilhaben können. Damit sie auch weiterhin nach den neuesten medizinischen Erkenntnissen und mit den neusten Techniken behandelt werden können, würden zwei Drittel der Befragten höhere Beiträge in Kauf nehmen. Nicht zuletzt auch dieses Umfrageergebnis wird die Krankenkasse sicher mit Interesse zur Kenntnis genommen haben. /