Gesundheitsminister in der Provinz |
16.10.2012 18:06 Uhr |
Gesundheitsminister Daniel Bahr hat am Mittwochabend eine typische Landapotheke in Oberbayern besucht. Von dem ländlichen Charakter konnte sich die PZ bereits bei der Anreise in das circa 50 Kilometer von München entfernte Jetzendorf selbst überzeugen.
Gertrud Elsenberger, Inhaberin der in der Gemeinde ansässigen Apotheke am Schloß, zeigte sich sehr erstaunt, aber auch hocherfreut, dass das Bundesministerium für Gesundheit ihre Apotheke für den hohen Besuch ausgewählt hatte. Zu Beginn des Besuches führte Elsenberger den Minister durch ihre Apotheke. »Früher war das hier mal ein Kuhstall«, informierte die Apothekerin. Heute sei es die schönste Apotheke der Welt. Davon konnte sich Bahr bei seinem Rundgang selbst überzeugen. Insgesamt nahm sich der Minister etwa 1,5 Stunden Zeit. Der Politiker stellte viele interessierte Fragen rund um aktuelle Apothekenthemen. Er unterhielt sich mit der Apothekerin zum Beispiel über die Umsetzung der neuen Apothekenbetriebsordnung. Hier ging Elsenberger auf die Dokumentationspflichten bei der Herstellung von Rezepturen ein. »Drei Seiten ausfüllen für eine Salbe. Das ist schon ein bisschen übertrieben«, so die Apothekerin. Sie kündigte dem erstaunten Minister an, ihm die Seiten einfach mal zu mailen, damit er sich selbst einmal ein Bild davon machen kann. Auch das Verhältnis zum Großhandel sowie die leidigen Thema Rabattverträge und Retaxationen kamen bei dem Besuch zur Sprache. Selbstverständlich gebe es auch berechtigte Retaxationen der Kassen, so Bahr. Er betonte aber, dass er kein Verständnis dafür hat, wenn Kassen das ausnutzen und übertreiben, indem sie etwa formale angebliche Fehler auf der Verordnung monieren.
Apothekerin Gertrud Elsenberger erklärte Gesundheitsminister Daniel Bahr auch das Vorgehen bei der Belieferung von Rabattverträgen.
Foto: PZ/Siebenand
Aus aktuellem Anlass wollte sich der Gesundheitsminister natürlich auch über das Thema Not- und Nachtdienst in der Apotheke informieren. »Ab 22 Uhr ist hier in der Regel nichts mehr los«, sagte Elsenberger, die alle 13 Tage Nachtdienst zu leisten hat. Selbst in den 90 Minuten des Minister-Besuches kam nur eine Patientin in die Apotheke. Diese zeigte sich übrigens völlig unbeeindruckt, als plötzlich der Minister neben ihr stand.
Bahr sprach bei seinem Besuch die 120 Millionen Euro pro Jahr an, die die Koalition als Strukturmaßnahme für den Nacht- und Notdienst zugesagt hat. Ihm geht es dabei darum, dass auch zukünftig die Arzneimittelversorgung gewährleistet ist. Wie genau der Not- und Nachtdienst zukünftig honoriert wird, sei noch nicht geklärt. Dazu lägen ihm noch nicht die konkreten Zahlen vor. Die kursierenden 200 Euro als Pauschale wollte der Politiker nicht bestätigen. Neben einer Pauschale sei zum Beispiel auch eine Stundenvergütung möglich. Auch müsse überlegt werden, welche Leistungen und welche Zeit berücksichtigt werden. Eine gute Lösung sei eine, die gerade die Apotheken belohnt, die häufig Notdienst machen müssen. Der Minister machte aber gleichzeitig deutlich, dass die Vergütung niemals kostendeckend sein kann. Er sei ein großer Anhänger des Fremd- und Mehrbesitzverbotes. Für dessen Erhalt setze er sich ein, dazu gehöre aber auch die Erfüllung von Gemeinwohlpflichten wie Nacht- und Notdienst. Was passiert mit der Not- und Nachtdienstgebühr? Bahr zufolge soll sie weiterhin erhoben werden. Es sei wichtig, dass der Patient einen Unterschied sieht, ob er zu den regulären Öffnungszeiten oder etwa nachts die Apotheke in Anspruch nimmt. /