Gel stoppt Blutung in Sekunden |
17.10.2006 14:33 Uhr |
<typohead type="3">Gel stoppt Blutung in Sekunden
Von Christina Hohmann
Ein neuartiges flüssiges Pflaster kann Blutungen innerhalb von 15 Sekunden zum Stillstand bringen. Das spezielle Peptide enthaltende Gel könnte die für Operationen benötigte Zeit um etwa die Hälfte senken, weil sich Blutungen besser kontrollieren lassen.
Das von Forschern des Massachusetts Institute of Technology (MIT) und der Universität Hongkong entwickelte Gel enthält spezielle Peptide. Auf eine offene Wunde aufgetragen, lagern sich die Peptide so zusammen, dass sie eine schützende Barriere im Nanoformat bilden. Diese versiegelt die Wunde und stoppt die Blutung in wenigen Sekunden. Selbst wenn überschüssiges Gel abgetragen wird, bleibt die Verletzung versiegelt. Bei der Heilung der Wunde werden die Peptide zu Aminosäuren abgebaut, die dann für die Regeneration des beschädigten Gewebes verwendet werden können.
Wissenschaftler um Dr. Rutledge Ellis-Behnke vom MIT entdeckten die Wirkung der Peptide eher zufällig bei Untersuchungen an Rattengehirnen, in denen sie die Regeneration beschädigter Areale unterstützen sollten. Dabei stellten die Wissenschaftler fest, dass einige der Proteinfragmente die Blutungen während der Operation stoppten. Diese Wirkung zeigten sie auch in anderen Geweben von Hamstern oder Ratten wie Leber, Haut, Rückenmark oder Darm. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftler in einer Online-Vorabpublikation des Journals »Nanomedicine«.
Wie genau das Gel die Verletzungen verschließt, ist noch unklar. Die Forscher gehen davon aus, dass die Peptide mit der extrazellulären Matrix um die Zellen herum interagieren. Dass sie die Blutgerinnung induzieren, schließen die Wissenschaftler aus, da die Reaktion zu schnell erfolgt. Dieser Prozess beginnt erst 90 Sekunden nach der Verletzung. Außerdem konnten die Mediziner keine Aggregation der Blutplättchen nachweisen.
Das flüssige Pflaster könnte die Blutstillungspraktiken revolutionieren, zeigt sich Ellis-Behnke überzeugt. Schon lange suchen Mediziner nach effektiven Methoden, Blutungen zu stillen, ohne dem Gewebe weiteren Schaden zuzufügen. Das flüssige Pflaster sei anderen Methoden wie Klammern, Druckverbänden, Veröden oder Schwämmen überlegen, so der Wissenschaftler. Das Gel rufe keine Immunreaktion bei den Versuchstieren hervor und könne auch auf feuchten Oberflächen wie großflächigen Wunden verwendet werden. Daher eigne es sich für einen Einsatz in der Notfallchirurgie oder bei Kriegsschauplätzen. Während chirurgischen Eingriffen könne das flüssige Pflaster den Medizinern helfen, besser in die Wunde hineinzusehen und zu operieren. »Die für Operationen benötigte Zeit, könnte um die Hälfte verkürzt werden«, sagte Ellis-Behnke. Denn derzeit werden etwa 50 Prozent der Operationszeit darauf verwendet, die Blutungen zu stillen. Bis das flüssige Pflaster auf den Markt kommt, werden aber noch mindestens fünf Jahre vergehen.