Kernkompetenzen erkennen und ausbauen |
12.10.2010 17:13 Uhr |
ABDA-Geschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz stellte den Delegierten des Apothekertags eine umfangreiche Bilanz vor. Der Geschäftsbericht streifte jedes Thema, dass die Apotheker im vergangenen Jahr bewegt hat, ob politischer, juristischer oder pharmazeutischer Natur.
Drei neue Gesetze in einem Jahr – laut ABDA-Geschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz ein Rekord, selbst für das reformfreudige Gesundheitsressort. Nach dem GKV-Änderungsgesetz sollen das Arzneimittelneuordnungs- und GKV-Finanzierungsgesetz noch in diesem Jahr folgen. Die ABDA begleitete die Gesetzbildung von Anfang an und vertritt dabei die Positionen der Apotheker. Diese wünschen sich vor allem stabile Rahmenbedingungen: »Wer täglich millionenfach Verlässlichkeit bietet, darf diese auch erwarten«, so Schmitz. Dabei sei unbestritten, dass die Apotheker für die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung gebraucht würden.
ABDA-Geschäftsführer Dr. Sebastian Schmitz
Dies bestätige auch die europäische und nationale Rechtsprechung der vergangenen Jahre. Schmitz erinnerte an das Urteil für das deutsche Fremd- und Mehrbesitzverbot des Europäischen Gerichtshofs im vergangenen Jahr oder das kürzlich gefallene Urteil des Bundesgerichtshofs, nachdem keine Boni auf verschreibungspflichtige Arzneimittel gewährt werden dürfen. Ungelöste Fragen gebe es noch bei grenzüberschreitenden Patientenrechten. Gilt eine ausländische Verschreibung auch bei uns? Welche Preisverordnung gilt dann? Auch in Zukunft bleibt es spannend, zum Beispiel wenn die neue europäische Pharmakovigilanz-Leitlinie in nationales Recht umgesetzt wird oder in der Bekämpfung von Arzneimittelfälschungen. Da die bisherige europäische Rechtsprechung dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung einen hohen Rang eingeräumt hat und sich der besonderen Bedeutung der Arzneimittelversorgung bewusst ist, spricht Schmitz von einer guten Ausgangslage. Unsicherheit besteht aber beispielsweise noch im Vertragswesen. So sei zu befürchten, dass die Apothekerverbände dem Kartellrecht unterstellt werden sollen. Damit wären Kollektivverträge nicht mehr möglich. Schmitz fürchtet in diesem Fall um die flächendeckende Versorgung: »Zu viele Einzelverträge verbessern nicht die Qualität.« Rechtsunsicherheit besteht auch weiterhin beim Abschlag, den die Apotheken den Krankenkassen gewähren müssen. Zwar habe man die Umsetzung für 2009 vor Gericht erkämpft. Die Krankenkassen haben sich jedoch noch nicht geschlagen gegeben und ein mehrjähriges Sozialgerichtsverfahren in Gang gesetzt. Die Apotheker wehren sich gegen aufschiebende Wirkung von Zahlungsverpflichtungen der Kassen durch solche Klagen.
Da die Finanzierung von Leistungen im Gesundheitswesen immer schwieriger wird, sei damit zu rechnen, dass die Gesellschaft auch notwendige Angebote hinterfragen werde. »Der Patient muss die Kompetenz des Apothekers erleben können«, so Schmitz. Dafür müssten diese auch selbst sorgen. Zum Beispiel indem sie ihre Leistungen stetig ausbauen und verbessern. Schmitz nannte konkrete Beispiele wie die engere Zusammenarbeit mit den Ärzten in Bereichen wie Arzneimitteltherapiesicherheit, Meldung von Missbrauch und Fehlgebrauch von Arzneimitteln oder der Beteiligung an nationalen Versorgungsleitlinien. So diskutiert die ABDA derzeit mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung über einen kassenübergreifenden Medikationskatalog und die künftige Aufgabenteilung zwischen den Heilberuflern. Mehr Verantwortung würde zwar auch mehr Arbeit bedeuten, ist sich Schmitz mancher Kritik bewusst. Ziel sei, neue Anforderungen in die alltägliche Arbeit zu integrieren. Die Aus-, Fort- und Weiterbildung sei daher ein wichtiges Thema. Dabei hilft zunehmend fallorientiertes Lernen, wie dies bei Pseudo-Customer-Besuchen der Fall ist. Auch der Gedanke der Qualitätssicherung breitet sich immer weiter aus.
»Die beste Qualifikation nutzt jedoch nichts, wenn der Patient nicht erscheint oder nicht zuhört«, mahnte Schmitz mit Blick auf Versandhandel und Pick-up-Stellen. Diese Vertriebsformen nähmen die Besonderheiten des Arzneimittels nicht wahr. »Hier hat die Politik die Pflicht einzuschreiten«, sagte der Geschäftsführer. Nur einer von vielen Punkten, den die ABDA weiter einfordern und bei dem sie mit gestalten will. Denn es gibt zahlreiche weitere Baustellen, wie die Apothekenbetriebsordnung. Die Novellierung müsse patientenorientiert sein, aber keinen weiteren unnötigen Aufwand für die Apotheken produzieren. /