Alter Bekannter neues Target bei Leukämie |
05.10.2016 09:11 Uhr |
Von Sven Siebenand / Forscher haben ein neues Angriffsziel für Arzneistoffe zur Behandlung der akuten myeloischen Leukämie (AML) identifiziert. Wie Wissenschaftler vom Massachusetts General Hospital und Harvard Stem Cell Institute in »Cell« informieren, könnte es bei diesem Blutkrebs helfen, das Enzym Dihydroorotat-Dehydrogenase (DHODH) zu hemmen (DOI: 10.1016/j.cell.2016.08.057).
Bei AML ist der Prozess, in dem Stammzellen des Knochenmarks in bestimmte reife weiße Blutzellen differenzieren, gestört. Das führt zur Proliferation unreifer Zellen, die die normalen Zellen verdrängen und die Entwicklung reifer Blutzellen unterdrücken.
Bereits seit Längerem weiß man, dass der Transkriptionsfaktor HoxA9 bei der Entstehung der AML eine Rolle spielt. Für eine normale Zelldifferenzierung im Knochenmark muss er ausgeschaltet sein, bei circa 70 Prozent der AML-Patienten ist dies nicht der Fall. Bislang hatte man noch keinen HoxA9-Hemmstoff gefunden. Das wollten die Wissenschaftler nun ändern.
In Knochenmarkzellen von Mäusen induzierten sie durch HoxA9-Überexpression AML. Die Zellen waren zudem genetisch so verändert worden, dass sie im reifen Stadium grün leuchteten. Im nächsten Schritt behandelten die Forscher die Zellen mit einer von 330 000 Substanzen und schauten jeweils, ob ein grünes Licht erschien. Nur bei zwölf Substanzen war das der Fall. Bei diesen konnte man also davon ausgehen, dass die Zellen die HoxA9-Überexpression überwunden hatten und gereift waren. Elf der gefundenen Substanzen sind DHODH-Hemmstoffe. Bislang wusste man noch nicht, dass dieses bekannte Enzym bei der Zelldifferenzierung im Knochenmark eine Rolle spielt.
Im Tierversuch konnten die Forscher ihr Ergebnis aus dem Screening bestätigen. Bei Mäusen mit AML ließ sich durch die Gabe eines DHODH-Inhibitors die Zahl leukämischer Zellen reduzieren und das Überleben verlängern, ohne dass Nebenwirkungen wie bei einer Chemotherapie auftraten. Auch Versuche mit Mäusen, denen man menschliche Leukämiezellen implantiert hatte, verliefen erfolgreich. Bevor klinische Studien beginnen können, muss der Wirkmechanismus von DHODH-Blockern bei AML nun noch besser untersucht werden. /