Alle wollen die freie Heilberufsapotheke |
02.10.2007 11:58 Uhr |
<typohead type="3">Alle wollen die freie Heilberufsapotheke
Bei der Eröffnung des Deutschen Apothekertages waren sich alle Grußredner einig: Sie wollen die inhabergeführte Apotheke und den Apotheker als Heilberufler erhalten. Deutlich warnten sie vor der Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes.
Großen Applaus erntete Armin Laschet, Minister für Generationen, Familien, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen, für sein klares Bekenntnis zur inhabergeführten Apotheke und seine ebenso deutliche Absage an den Versandhandel.
Doch zunächst machte der Generationen-Minister auf die gesellschaftlichen Veränderungen aufmerksam. Die Zahl der Senioren wachse ständig, ebenso die der Menschen mit Zuwanderungsgeschichte. In NRW habe bereits jeder vierte Bürger einen Migrationshintergrund, bei den Kindern bis sechs Jahren seien es sogar 38 Prozent. Immer mehr ältere Zuwanderer wollen ihren Lebensabend in Deutschland verbringen und darauf sei die Gesellschaft in keiner Weise vorbereitet. All dies stelle auch die Apotheker vor neue große Aufgaben.
Klares Nein zum Fremdbesitz
Ausdrücklich sprach sich der Minister für die hochqualifizierte Information und Beratung in der Apotheke aus. »Rosinenpickerei« im Markt der Arzneimittelversorgung bedeute nicht Wettbewerb, sondern führe langfristig zum Ende der Beratung. »Die ortsnahe qualifizierte Beratung der Apotheker ist unverzichtbar. Die Menschen, insbesondere die älteren, haben ein Recht darauf.« Diese Leistung könne der unabhängige Apotheker am besten anbieten. »Wir halten nichts vom Fremdbesitz und wollen keine fremden Kapitalgeber«, bezog Laschet klar Position.
Langen Applaus erhielt er auch für sein eindeutiges Votum gegen den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln: Diese dürften nur noch in Apotheken abgegeben werden. Es dürfe keinen Versand mehr geben. Sein Ministerkollege Laumann strebe eine Gesetzesänderung an mit dem Ziel, das Arzneimittel als Ware besonderer Art im Bewusstsein der Menschen zu verankern, mögliche Gefahren durch gefälschte Medikamente auszuschließen und eine bessere Kontrolle ärztlicher Verordnungen zu ermöglichen. »Wir halten nichts davon, dass apothekenpflichtige Arzneimittel in Drogerien abgegeben werden.«
Sehr zur Freude des Auditoriums resümierte Laschet: »Unser Bundesland vertraut auf die Apotheker und die Patienten vertrauen auf die Beratung in der Apotheke.« Auch in puncto Vertraulichkeit seien die Apotheker im Land einen großen Schritt vorangekommen.
Beratung ist unerlässlich
Bis auf die Grünen hatten alle Fraktionen des Bundestags Vertreter nach Düsseldorf entsandt. Dr. Martina Bunge von der Bundestagsfraktion Die Linke und Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Gesundheit richtete ihr Augenmerk auf die Zukunft des Apothekensystems. Freigabe des Versandhandels, Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbots, Novellierung der Apothekenbetriebsordnung: Nicht einzeln, aber im Verbund könnten solche Änderungen einen weitreichenden Umbruch bewirken. Hier sei gezielte Weichenstellung gefordert.
Ihre Fraktion stimme dem Motto des Apothekertags »Apotheke: Gesundheit in besten Händen« voll zu. Bei der Weiterentwicklung des deutschen Apothekensystems müsse man auf die qualifizierte und hochwertige Arbeit der Apotheker setzen. »Arzneimittel sind ein besonderes Gut und müssen daher gesetzlich so behandelt werden.«
Auch Bunge lobte die Beratungsfunktion der Apotheker. Sie befürchte aber, dass die zunehmende Etablierung von Versandapotheken in Kombination mit neuen Vertriebsformen die flächendeckende Beratung gefährde. Es sei falsch, das Fremd- und Mehrbesitzverbot gänzlich aufzuheben, sagte die Linke-Politikerin. Wenn Apothekenketten vom Großhandel oder von Pharmafirmen geführt würden, gebe es keine unabhängige Beratung mehr. Zur Kosteneinsparung plädierte Bunge für eine Positivliste und die Absenkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel auf 7 Prozent.
Tiere besser geschützt
Sehr apothekerfreundlich äußerte sich der Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Zöller. Er sei froh, dass es in der Koalition inzwischen einen klaren Konsens für das Fremd- und Mehrbesitzverbot von Apotheken gebe. Die mittelständischen Strukturen und die Freiberuflichkeit seien Garanten für eine sichere flächendeckende Arzneimittelversorgung der Bevölkerung. Nichts werde besser, wenn Kapitalgesellschaften Apotheken betreiben dürften. »Der Erhalt von Leben und Gesundheit muss Vorrang haben vor wirtschaftlichen Interessen.«
Viel Applaus erntete der Politiker für seine Kritik am Arzneimittelversandhandel. Tiere seien hier besser geschützt als Menschen, denn der Versandhandel mit apothekenpflichtigen Tierarzneimitteln sei verboten. Es leuchte nicht ein, warum bei der Abgabe von Humanarzneimitteln die Beratung weniger wichtig sein solle als bei Tierarzneimitteln. »Was Hund und Katze recht ist, sollte dem Menschen längst billig sein.«
Nach der Fülle der Gesetzesänderungen der letzten Jahre sei jetzt eine Phase der Stabilität und Konsolidierung angebracht. Apotheker und Politik sollten in engem Dialog bleiben. »Die Ziele bleiben immer eine hohe Arzneimittelsicherheit, die flächendeckende Versorgung und der Erhalt der Freiberuflichkeit. Dafür wird sich die Union einsetzen.«
Mit einem plakativen Vergleich wandte sich Dr. Carola Reimann, Gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, gegen Fremd- und Mehrbesitz, die »natürliche Grenzen« hätten. »Arzneimittel können nicht verkauft werden wie Brötchen oder, um es deutlicher zu sagen, wie Putzmittel.« Sie dankte den Apothekern für ihren Beitrag zur Umsetzung der Rabattverträge in die Praxis. Die Patienten hätten die neuen Regeln der Rabattverträge jetzt akzeptiert. Die steigende Zahl der öffentlichen Apotheken in Deutschland interpretierte die Politikerin als Zeichen, dass es in der Bevölkerung »eine starke Präferenz für die Apotheke vor Ort« gebe.
»Seien wir stolz auf unser System der Arzneimittelmittelversorgung«, rief Daniel Bahr, Gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, die Zuhörer auf. Kaum ein anderes Land in Europa habe ein so gut funktionierendes System. »Die Patienten sind gut aufgehoben und beraten in den Apotheken.« Das Fremd- und Mehrbesitzverbot wurzle im heilberuflichen Anspruch der Apotheker; durch eine Aufhebung werde nichts besser. Jedoch sei der deutsche Arzneimittelmarkt stark überreguliert. Der FDP-Politiker forderte mehr Wettbewerb, aber zu fairen Bedingungen. Den Versandhandel mit Medikamenten komplett zu verbieten, hält Bahr heute »für nicht mehr gangbar und nicht mehrheitsfähig«. Es sei besser, Wege zu suchen und zu finden, um Auswüchse zu begrenzen und zu verhindern. »Apotheker müssen ihre Stärken zeigen.«