ABDA-Präsident fordert flexiblere Rabattverträge |
02.10.2007 12:02 Uhr |
<typohead type="3">ABDA-Präsident fordert flexiblere Rabattverträge
Am 1. Januar 2008 startet die zweite Runde der AOK- Rabattverträge. Vor allem zum Jahreswechsel drohen Versorgungsengpässe für die Patienten. Bei einer Pressekonferenz zum Apothekertag forderte ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf deshalb flexiblere Lösungen für die Apotheker.
Die Lieferprobleme in diesem Jahr lassen Wolf Schlimmes befürchten. Kleine Generikahersteller mit weniger als einem Prozent Marktanteil mussten plötzlich rund 40 Prozent der Versicherten versorgen. Immer wieder waren die rabattierten Medikamente nicht verfügbar. Für Wolf steht deshalb fest: »Im nächsten Jahr dürfen sich die Startprobleme auf keinen Fall wiederholen.«
Dazu müssten die Krankenkassen allgemein und im konkreten Fall die AOK ihre Lieferanten besser auswählen. Es dürften nur Vertröge mit solchen Generikaherstellern abgeschlossen werden, die ihre Lieferfähigkeit tatsächlich nachweisen könnten. Außerdem müssten die Apotheker Arzneimittel flexibler auswählen können, wenn die rabattierten Medikamente nicht verfügbar sind. Die ABDA werde sich intensiv für eine praktikable Lösung einsetzen. Wolf: »Es kann nicht sein, dass Millionen Patienten und schließlich auch wir Apotheker, Lieferengpässe der Hersteller ausbaden.« ABDA-Hauptgeschäftsführer Dr. Hans-Jürgen Seitz unterstrich die Forderung nach einer »Flexibilitätsquote«.
Außerdem will sich die ABDA dafür einsetzen, dass der erhebliche zusätzliche Beratungsaufwand der Apotheker in Zukunft vergütet wird. Wolf sieht hierfür gute Chancen, wollte aber angesichts der frühen Phase der Verhandlungen keine Aussagen zur Art und Höhe der Vergütung machen. Weiter forderte der ABDA-Präsident mehr Transparenz ob der Einsparungen, die die Kassen über die Rabattverträge generieren. Die Einsparungen müssten endlich im Arzneibudget verbucht werden. Nur dann könne man nachvollziehen, wie sich die Arzneiausgaben tatsächlich entwickelten.
Erwartungsgemäß waren die Rabattverträge für die anwesenden Journalisten das zentrale Thema der Pressekonferenz. Das lag wohl auch daran, dass die Düsseldorfer Ausgabe der »Bild«-Zeitung am selben Tag bereits Wolfs Warnung vor Versorgungsengpässen auf der ersten Seite gemeldet hatte.
Aus Sicht der Apotheker sind die ebenfalls thematisierten Auswüchse des Versandhandels und die Diskussion um das Fremdbesitzverbot noch wesentlicher für die Arzneimittelversorgung. Wolf erneuerte die Forderung der Apotheker, den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln wieder einzuschränken. Die Apotheker unterstützten die Initiative des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministers Karl-Josef Laumann. Von Politikern und Verbraucherschützern unerwünschte Auswüchse wie die Kooperation von Europa-Apotheek und den dm-Drogeriemärkten, ließen sich nur durch ein Verbot des Versandhandels von rezeptpflichtigen Medikamenten abstellen.
Wolf hält ein solches Verbot für politisch durchsetzbar. Die Resonanz aus den Bundesländern sei eher positiv und auch in der Bundespolitik gebe es zahlreiche Fürsprecher des Verbotes. Außerdem decke es sich mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes. Niemand wolle, dass deutsche Gesetze mithilfe ausländischer Versandapotheken ausgehebelt würden. Außerdem werde immer deutlicher, dass der Versandhandel ein Einfallstor für Arzneimittelfälschungen sein kann.
Die Probleme mit dem Versandhandel sind aus der Sicht des ABDA-Präsidenten die Konsequenz aus dem GMG. In dem Reformgesetz habe man den Versandhandel mit Arzneimitteln erlaubt, aber keine flankierenen Regelungen getroffen. Aus diesem Grund ermögliche es der Versandhandel über ausländische Apotheken nun »interessierten Kreisen, bei der Versorgung vor Ort die Apothekenbetriebsordnung zu umgehen.«
Fremdbesitzverbot ist EU-konform
Die Politik auf der Seite der Apotheker sieht Wolf auch bei der Deregulierung des Apothekenmarktes: »Die Bundesregierung und viele weitere EU-Mitgliedsstaaten halten das geltende Fremdbesitzverbot aus guten Gründen für europarechtskonform.« Entsprechend klar sei auch die Stellungnahme der Bundesregierung ausgefallen. Der ABDA-Präsident sieht deshalb aktuell keinen politischen Handlungsbedarf, auch wenn dies »kapitalorientierte Kreise gerne herbeireden möchten«. Zuvor hatten dies Celesio/Gehe und die ISA-Apotheken auf einer Pressekonferenz gefordert.
Für Wolf steht außer Frage, dass die flächendeckende Arzneimittelversorgung durch von Heilberuflern geführte öffentliche Apotheken die beste Lösung für die Versicherten sei. Das bedeute jedoch nicht, dass die Apotheken nicht noch besser werden könnten und wollten. Deshalb sei es ein Aufgabe des diesjährigen Apothekertags, die Schwächen der Versorgung zu analysieren und neue Lösungen zu finden. Dies erwarte die Politik. Drei Punkte seien dabei elementar: Nicht der Preiswettbewerb, sondern Qualitätswettbewerb fördern die Gesundheit. Nicht Abhängigkeit, sondern Unabhängigkeit sichert die Versorgung. Nur mit einem Qualitätswettbewerb und unabhängiger Versorgung werde das Gesundheitssystem zukunftssicher.
ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf ließ auf der Pressekonferenz zum Deutschen Apothekertag am Mittwoch keinen Zweifel daran, dass die neuen Rabattverträge der AOK nur dann zu handhaben sind, wenn den Apothekern mehr Flexibilität eingeräumt wird.
Immerhin werden mit den Arzneistoffen, die jetzt ausgeschrieben werden, 40 Prozent der Verordnungen erfasst. Sollten die neuen Verträge genauso schlecht sein, wie die ersten, dann droht ein Chaos in den Apotheken und die Patienten sind wieder die Leidtragenden.
Man kann dem ABDA-Präsident nur zustimmen, dass den Apothekern ein größerer Spielraum eingeräumt werden muss. Das heißt auch, dass wieder mehr pharmazeutischer Sachverstand bei der Auswahl erlaubt wird. Die Ärzte sollten außerdem im Interesse ihrer Patienten mehr vom aut idem Gebrauch machen.
Professor Dr. Hartmut Morck
Chefredakteur