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Schwangerschaftsdiabetes

Wann und wie behandeln?

23.09.2015  09:38 Uhr

Von Sven Siebenand, Stockholm / Die Prävalenz des Gestations­diabetes hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten deutlich zugenommen, ist aber weltweit unterschiedlich hoch. Während im Mittleren Osten und in Nordafrika etwa 13 Prozent der Frauen in der Schwangerschaft zuckerkrank werden, liegt der Wert in Europa bei 6 Prozent. Es ist keine Frage, ob behandelt werden sollte. Vielmehr geht es um das Wann und Wie.

Auf der Jahrestagung der European Association for the Study of Diabetes in Stockholm betonte Dr. Marja Vääräsmäki vom Universitätsklinikum Oulu in Finnland, dass es beim Schwangerschaftsdiabetes immer zwei Patienten gibt: die Mutter und das Kind. Die Zuckererkrankung erhöhe bei der Mutter zum Beispiel das Risiko für Präeklampsie oder die Notwendigkeit eines Kaiserschnitts. Langfristig betrachtet steigert Schwangerschaftsdiabetes bei ihr das Risiko für Typ-2-Diabetes, metabolisches Syndrom oder kardiovaskuläre Erkrankungen. Für den Nachwuchs besteht durch den Gestationsdiabetes langfristig eine erhöhte Gefahr für Fettleibigkeit und Stoffwechselerkrankungen.

Risiken für das Kind

 

Der wichtigste Grund, weshalb Schwangerschaftsdiabetes behandlungsbedürftig ist, sind laut Vääräsmäki aber die kurzfristigen Risiken für das Kind. Dazu gehören die Makrosomie, also ein hohes Geburtsgewicht über der 95. Perzentile, und die Schulterdystokie, ein geburtshilflicher Notfall, bei dem nach der Geburt des kindlichen Kopfes eine inkorrekte Einstellung der kindlichen Schultern in das Becken der Mutter auftritt. »Es gibt ausreichend Belege, dass diese Komplikationen seltener auftreten, wenn die an Schwangerschaftsdiabetes erkrankten Frauen behandelt werden«, so die Referentin. Dass sich die Behandlung auch langfristig auf das metabolische Risiko von Mutter und Kind auswirkt, sei dagegen nicht belegt.

 

Generell riet die Ärztin, die Behandlung einer Zuckererkrankung in der Schwangerschaft möglichst schnell aufzunehmen. »Je früher, desto besser«, sagte Vääräsmäki. Erster Schritt sei dabei in der Regel eine Aufklärung zu einem gesunden Lebensstil. In 70 bis 85 Prozent aller Fälle reiche es aus, wenn die Frau sich stärker körperlich betätige und die Ernährungsempfehlungen einhalte. Laut Vääräsmäki könnten Lebensmittel mit einem niedrigen glykämischen Index dabei vorteilhaft sein.

 

»Werden die Blutzucker-Zielwerte nicht innerhalb von ein bis zwei Wochen durch Diät und Bewegung erreicht, sollten Medikamente zum Einsatz kommen«, so die Referentin. Sie verwies darauf, dass Insulin vielerorts Goldstandard ist und dass es tatsächlich nur wenige Alternativen zu dem Hormon gibt. Bei den oralen Antidiabetika gebe es nur im Fall von Metformin und Glibenclamid ausreichend Daten zum Einsatz bei Gestationsdiabetes. Neue Metaanalysen, die den Sulfonylharnstoff mit Insulin beziehungsweise Metformin bei Schwangerschaftsdiabetes vergleichen, zeigen laut Vääräsmäki allerdings Nachteile, allen voran vermehrtes Auftreten von Makrosomie unter dem Sulfonylharnstoff. Deshalb riet sie dazu, Glibenclamid nur zu verwenden, wenn Metformin oder Insulin nicht zur Verfügung stehen.

 

Metformin oder Insulin

 

Bleiben Metformin und Insulin übrig. »Insulin überwindet die Placenta-Schranke nicht, ist effektiv und lässt sich individuell dosieren«, nannte Vääräsmäki Vorteile des Hormons. Notwendige Schulungen, mögliche Unterzuckerungen und der gesteigerte Appetit sowie die Gewichtszunahme seien aber Nachteile. Vorteile des Biguanids sind zum Beispiel, dass es bei den Müttern nicht zu Unterzuckerungen führen kann, keine Gewichtszunahme verursacht und oral verfügbar ist. Dem stehen Nachteile gegenüber, etwa die Passage der Placenta-Schranke, gastrointestinale Nebenwirkungen und die Tatsache, dass es bislang wenig Daten zu den Langzeit-Auswirkungen für den Nachwuchs gibt.

 

Laut Vääräsmäki haben verschiedene Studien den Einsatz von Metformin und Insulin bei Gestationsdiabetes verglichen. Was die glykämische Kontrolle angeht, seien beide Therapien vergleichbar wirksam. Unter Metformin nähmen die Mütter weniger zu und neonatale Hypoglykämien träten seltener auf. Dabei sei die Rate an Frühgeburten im Vergleich zur Insulin-Therapie erhöht. Zudem versage die Metformin-Therapie in bis zu 46 Prozent aller Fälle, was zusätzliche Insulin-Injektionen notwendig mache. Dies geschehe vor allem bei stärker ausgeprägtem Gestationsdiabetes. Gerade bei diesen Patientinnen werde Insulin daher weiterhin die erste Wahl bleiben. /

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