Verbände stellen Charta vor |
13.09.2010 21:34 Uhr |
Von Daniela Schierhorn, Berlin / Die Zahl schwerstkranker Menschen steigt. Die Auseinandersetzung mit Sterben, Tod und Trauer sowie die umfassende palliativmedizinische Versorgung unheilbar kranker Menschen sind eine große gesellschaftliche Herausforderung. Ärztliche Verbände haben deshalb die »Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen« entwickelt. Die ABDA hat sich an dieser Aufgabe beteiligt.
Gegenwärtig sterben jährlich etwa 800 000 Menschen in Deutschland. Obwohl sich nach Angaben des Deutschen Hospiz- und Palliativverbandes (DHPV) etwa 95 Prozent der Bevölkerung wünschen, ihre letzte Lebensphase zu Hause zu verbringen, sterben tatsächlich rund 70 Prozent in Einrichtungen des Gesundheitswesens.
Mit dem Ziel, die Situation schwerstkranker und sterbender Menschen zu verbessern, wurde am 8. September 2010 in Berlin die »Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen« vorgestellt. Die Charta entstand auf Initiative der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP), der Bundesärztekammer (BÄK) und des DHPV in einem zwei Jahre währenden Prozess mit etwa 50 beteiligten Institutionen und Verbänden. In fünf Leitsätzen und Erläuterungen werden Aufgaben, Ziele und Handlungsbedarf für die Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland formuliert. Da auch Apotheker zunehmend Aufgaben in der palliativmedizinischen Versorgung übernehmen, hat die ABDA die Charta mitentwickelt.
Eine zentrale Forderung der Charta ist es, allen schwerstkranken und sterbenden Menschen ein Sterben unter würdigen Bedingungen entsprechend ihren Vorstellungen und Wünschen für diese letzte Lebensphase zu ermöglichen. Dazu gehört, Sterben als Teil des Lebens und Sterbende als Teil ihrer Familie und des sozialen Umfelds zu akzeptieren. Nur so kann verhindert werden, dass das Sterben zunehmend aus familiären, nachbarschaftlichen und sozialen Zusammenhängen herausgelöst und in Krankenhäuser oder stationäre Pflegeeinrichtungen ausgelagert wird.
Die Charta formuliert das Recht jedes schwerstkranken Menschen auf eine adäquate Symptom- und Schmerzbehandlung, eine umfassende pflegerische Versorgung sowie psychosoziale und spirituelle Begleitung. Dazu müssen stationäre und ambulante Hospiz- und Palliativversorgungsstrukturen weiter bedarfsgerecht ausgebaut und vernetzt werden.
Da die meisten Patienten in ihrem häuslichen beziehungsweise einem vertrauten Umfeld sterben möchten, sind vorrangig die ambulanten Strukturen weiter zu entwickeln. Dies betrifft einerseits die Strukturen der Allgemeinen Ambulanten Palliativversorgung (AAPV). Diese stellen für die meisten Patienten die häusliche Versorgung sicher und erfordern eine enge Abstimmung zwischen allen beteiligten ambulanten Diensten und Berufsgruppen. In vielen Palliativnetzwerken gehören neben Haus- und Fachärzten, Pflegekräften und ambulanten Hospizdiensten auch Apotheker, Seelsorger, Psychologen und Physiotherapeuten dazu.
Andererseits besteht auch bei der Umsetzung der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung (SAPV) Handlungsbedarf. Bereits seit dem 1. April 2007 hat gemäß § 37b SGB V jeder Versicherte bei besonderem Versorgungsbedarf einen Anspruch auf SAPV. Der dazu erforderliche Abschluss von Verträgen erfolgte bislang bei Weitem nicht flächendeckend: Schätzungen gehen von 80 000 versorgungsbedürftigen SAPV-Patienten jährlich aus. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in seinem Bericht über die Umsetzung der SAPV-Richtlinie hingegen nur 2600 bewilligte Leistungsfälle für das Jahr 2009 erfasst.
Die Charta fordert zudem von allen Behandelnden und Betreuenden eine angemessene und reflektierte Haltung im Umgang mit schwerstkranken und sterbenden Menschen und ihren Angehörigen sowie spezifisches Fachwissen. Apotheker können sich durch die 40-stündige Zertifikatfortbildung »Palliativpharmazie – Der Apotheker als Teil des Palliative Care Teams« entsprechend fortbilden. Das Curriculum wurde 2008 von der Bundesapothekerkammer entwickelt und bereits in vielen Landesapothekerkammern angeboten. /
Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen
www.charta-zur-betreuung-sterbender.de
Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin e. V.
www.dgpalliativmedizin.de
Arbeitsgemeinschaft SAPV
www.ag-sapv.de
Wegweiser Hospiz- und Palliativmedizin
www.wegweiser-hospiz-palliativmedizin.de
Deutscher Hospiz- und Palliativ-Verband
www.hospiz.net
Deutsche Hospiz Stiftung
www.hospize.de