Pharmazeutische Zeitung online
Masernausbruch

Was in Berlin schiefging

30.08.2017  11:16 Uhr

Von Annette Mende / Der große Masernausbruch in Berlin vor gut zwei Jahren, bei dem 1344 Menschen erkrankten und einer starb, hätte durch eine schnellere Impfung von Asylbewerbern und eine höhere Impfquote in der Bevölkerung deutlich begrenzt werden können. Manche Lehren aus dem Geschehen wurden mittlerweile gezogen, andere noch nicht.

Im Fachjournal »Eurosurveillance« veröffentlichten Autoren um Dirk Weber vom Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales jetzt eine Analyse des Ausbruchsgeschehens (DOI: 10.2807/ 1560-7917.ES.2017.22.34.30599). Dem Artikel zufolge waren 86 Prozent der Erkrankten nicht gegen Masern geimpft. Eine Postexpositionsimpfung von Personen nach einem möglichen Kontakt mit dem Erreger fand in Asylbewerberheimen teilweise gar nicht, meistens zu spät und nur in den seltensten Fällen innerhalb des empfohlenen Zeitfensters statt.

 

Indexpatient aus Bosnien-Herzegowina

Der Indexpatient, von dem der Ausbruch aller Wahrscheinlichkeit seinen Ausgang nahm, war ein fünfjähriges Kind, das mit seiner Familie im Oktober 2014 aus Bosnien-Herzegowina nach Berlin gekommen war. Bei der Ankunft hatte das Kind Fieber, aber noch nicht den für Masern typischen Hautausschlag. In den folgenden Monaten erkrankten vor allem Asylbewerber, insbesondere kleine Kinder. Um den Jahreswechsel fing dann die Zahl von Masernerkrankten in der Berliner Bevölkerung zu steigen an und erreichte im März 2015 ihren Gipfel. Hier war die Mehrzahl der Erkrankten erwachsen, die meisten nach 1970 geboren.

 

Masern sind eine extrem ansteckende Krankheit. Wenn ein Fall registriert wird, sollen deshalb alle Kontaktpersonen innerhalb von 72 Stunden geimpft werden, um eine Ausbreitung zu verhindern. In den teilweise chaotischen Zuständen, die während der großen Flüchtlingswelle in den Asylbewerberheimen herrschten, war das meist nicht möglich, entweder weil die Behörden nicht rechtzeitig informiert wurden oder weil dort das Personal fehlte, das die Impfungen hätte vornehmen können. In der Folge konnte nur knapp die Hälfte der infrage kommenden Personen überhaupt erreicht werden und das auch noch meistens zu spät, nämlich nur in 17 Prozent der Fälle innerhalb von 72 Stunden.

Impfbus der Charité

Um die Durchimpfungsrate gegen Masern und andere Infektionskrankheiten zu erhöhen, hat die Berliner Charité einen Präventionsbus auf die Reise geschickt, der jeweils mehrere Tage auf Schulhöfen in der Hauptstadt platziert wird. Damit soll vor allem die häufig fehlende zweite Masernimpfung bei Jugendlichen nachgeholt werden, durch die der Schutz erst komplett wird. Bemannt ist der Bus von Ärzten der Charité, die als Experten am Unterricht mitwirken und Impfungen anbieten.

In der Berliner Bevölkerung, in der letztlich absolut deutlich mehr Fälle registriert wurden als unter Asylbewerbern, waren die Probleme anders gelagert. Hier offenbarte der Ausbruch laut den Autoren die Impflücken, die vor ­allem bei jüngeren Erwachsenen bestehen. Dabei sei die unzureichende Durchimpfungsrate Umfragen zufolge nicht in erster Linie auf eine Verweigerungshaltung zurückzuführen, sondern auf Unwissen. Die Betroffenen seien daher wahrscheinlich zugänglich für Kampagnen, die zum Nachholen versäumter Masernimpfungen motivieren. Die Ständige Impfkommission am Robert-Koch-Institut empfiehlt nach 1970 geborenen Personen mit ­unklarem Impfstatus oder unvollständiger Impfung eine einmalige Masernimpfung.

 

Impfung jetzt Routine

 

Während des Ausbruchs gab es in Berlin kein allgemeines Impfprogramm für Asylsuchende. Das hat sich mittlerweile geändert: Seit September 2015 wird allen Asylbewerbern standardmäßig die Masern- und Polioimpfung angeboten, seit März 2016 ist das Impfangebot zusammen mit einer kurzen medizinischen Untersuchung integraler Bestandteil des Registrierungsprozesses. Nichtsdestotrotz besteht in Berlin aus Sicht der Autoren weiter die Gefahr eines Masernausbruchs, weil die Stadt jedes Jahr Millionen Besucher hat und die Durchimpfungsrate der Bevölkerung noch nicht hoch genug ist. /

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa