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Arzneimittellogistik

Eine Reise voller Risiken

Datum 31.08.2016  09:19 Uhr

Von Andreas Biermann / Seit 2013 gilt die europäische Richtlinie für eine gute Vertriebspraxis von Arzneimitteln. Für öffentliche Apotheken ist der überwachte Vertriebsweg ein wichtiges Qualitätskriterium. Doch immer komplexere Lieferketten lassen kritische Mängel bei der Lagerung und den Distributionssystemen zutage treten.

Längst besteht die Pharmalogistik nicht mehr aus nur wenigen Großhändlern. Eine wachsende Zahl von Dienstleistern und Zwischenstufen beim Verladen, Umschlag und Transport, inklusive Luft- und Seefracht mit komplexen Zoll- und Sicherheitsabwicklungen, muss integriert werden. So weiten auch der globale und rasant wachsende Pharmahandel nach Ost­europa, China, Indien, Brasilien sowie Online-Direktlieferungen die Lieferketten erheblich aus. Damit wächst die Gefahr von Parallelvertrieben, Beschädigungen, unsachgemäßen Transporten und Fälschungen. Der deutsche Zoll stellte allein 2015 knapp vier Millionen gefälschte Tabletten sicher – eine Vervierfachung gegenüber 2014.

Mit der Länge der zurückgelegten Strecke und der Anzahl der Prozessbeteiligten steigt auch das Risiko für unsachgemäße Transporte, Auffälligkeiten beim Temperatur-Mapping und unzureichende Rückverfolgung von temperaturüberwachten Lieferungen. An den Schnittstellen geraten zudem immer wieder Fälschungen in die Lieferkette. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte warnte im Juni 2016 vor Fälschungen bei dem aus Griechenland stammenden Potenzmittel Cialis® (Tadalafil), die einen anderen als den angegebenen Wirkstoff enthielten. Die Chargenbezeichnungen der äußeren und inneren Verpackung der Filmtabletten stimmten nicht überein.

 

GDP und GMP

 

Um die stringente Kontrolle der Lieferketten für sämtliche Arzneimittel zu gewährleisten, gilt seit 2013 die EU-Richtlinie für die gute Vertriebspraxis von Humanarzneimitteln (Good Distribution Practice, GDP). Demnach müssen Großhändler, nachgelagerte Transportunternehmen und Kuriere die Lageranforderungen der Hersteller auch beim Transport einhalten. Ebenso haben sich Apotheken mit Großhandelserlaubnis an die GDP-Vorgaben zu halten.

 

Mit Inkrafttreten der Richtlinie haben der vollversorgende pharmazeutische Großhandel, Transportanbieter und Logistik-Dienstleister erheblich investiert, von der Temperatur- und Feuchtigkeitskontrolle der Fahrzeuge und Lager bis hin zu IT-seitigen Vernetzungen mit Kühlketten- und Seriennummernverfolgung. GDP hat einen Paradigmenwechsel ausgelöst und die Lieferkette auf das Kontrollniveau der Produktion und Fertigung (Good Manu­facturing Practice, GMP) gehoben. Auch wenn die Lagerung Teil der Herstellung ist, weisen Lagerung und Transporte in der Praxis teils eklatante Schwachstellen auf.

 

Nicht zuletzt als Folge des enormen Kostendrucks auf langen Transport­wegen werden alle diese Vorschriften nämlich nicht immer befolgt. So geraten Arzneimittellieferungen mitunter zu Zwischenhändlern ohne Großhandelsgenehmigung oder in nicht geeignete Fahrzeuge mit mangelhaften Sicherheitsvorkehrungen. Oft werden die erforderlichen Lagerbedingungen während des gesamten Transportwegs durch fehlenden Schutz vor thermischen Einflüssen nicht eingehalten. Hinzu kommen Mängel bei Lagerhallen mit nicht gewarteten Temperaturfühlern, baulichen Mängeln oder mangelhafter Schädlingsbekämpfung. Teilweise kommt es zum Hitzestau durch fehlende Belüftung, Kühlschränke sind in Umschlagslagern nicht vorhanden.

Sicherheit erschwert

 

Regional unterschiedliche Vorgaben der Aufsichtsbehörden erschweren zudem durchgängig gesicherte Prozesse. Auch wenn die festgestellten Abweichungen häufig im Zusammenhang mit den Temperaturverläufen beim Transport stehen, dürften diese mit der seit März 2016 geltenden DIN Norm SPEC 91323 allein nicht zu lösen sein. Die Norm regelt lediglich die Klimatisierung von Nutzfahrzeugen für Arzneimitteltransporte. Vielmehr liegen die Probleme der Lagerhaltung und der Distributionssysteme tiefer. Sie sind struktureller Art und umfassen die gesamte Lieferkette. International findet daher bei den Zulassungsbehörden ein Umdenken statt: Weg von der Qualität durch Tests, hin zur Qualität durch Planung und Integration aller Prozessbeteiligten.

 

In der gesamten Lieferkette müssen die Sorgfaltspflichten der jeweiligen Auftraggeber und -nehmer dokumentiert und überprüft werden, was zur Zeit nicht nachhaltig praktiziert wird. Von der einmal formal festgestellten Korrektheit des Wareneingangs pauschal auszugehen, ist nicht im Sinne von GDP. Für ein funktionierendes Quali­tätsmanagement ist auch nicht allein die technische Ausrüstung entscheidend. Viel entscheidender ist das kontinuierlich gelebte und differenzierte Risikobewusstsein.

 

Ein Beispiel: Wenn für einen bestimmten Transport keine Temperaturmessung möglich ist, muss eine Risikobewertung erfolgen, die unter anderem Fahrtdauer, Außentemperatur, eingesetztes Fahrzeug, Transportbox, Packungsangaben und schriftliche Bestätigungen des Herstellers berücksichtigt. Eine sorgfältige und fehlerfrei dokumentierte Risikobewertung kann im Einzelfall mehr bewirken als schlecht gewartete Messsysteme im Fahrzeug. Kommt es in diesem Fall dann doch zu Abweichungen – etwa bei der Transportdauer – muss der Empfänger allerdings rechtzeitig informiert werden, damit die Lieferung separiert werden kann. Genau an diesen Schnittstellen sind in der Praxis aber Lücken oder unsachgemäße Hand­habungen zu beobachten.

 

Die Kette ist immer nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Vor allem Fahrer und Personal von Transportunternehmen müssen geschult und für ihre transportierte Ware sensibilisiert sein. Eine Validierung der Organisationsstruktur, Arbeitsanweisungen, Verantwortlichkeiten sowie der Transport-Prozesse ist mehr denn je angebracht. Sie ist grundlegend, damit die von den Logistikern bereits getätigten beträchtlichen Investitionen in GDP-konforme Systeme ihre Wirkung bis ins letzte Glied der Lieferkette entfalten können. /

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