Pharmazeutische Zeitung online
Off-Label-Use

Freiheit in engen Grenzen

28.08.2012  17:55 Uhr

Von Stephanie Schersch / Als Off-Label-Use können Arzneimittel auch außerhalb ihrer Zulassung verordnet werden. Der ärztlichen Behandlungsfreiheit sind dabei aber enge Grenzen gesetzt.

Grundsätzlich können Ärzte ein Medikament nur dann zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung verschreiben, wenn es zur Behandlung von Erkrankungen eingesetzt wird, für die der Hersteller eine Zulassung erlangt hat. Taucht die entsprechende Indika­tion nicht im Beipackzettel auf, handelt es sich um einen Off-Label-Use. Die Krankenkassen kommen dann in der Regel nicht für die Kosten auf.

Dennoch werden Arzneimittel nicht selten in der Therapie von Krankheiten eingesetzt, für die sie eigentlich gar nicht vorgesehen sind. Ein Grund dafür ist der medizinische Fortschritt: Immer schneller entwickeln sich heute Erkenntnisse über Erkrankungen und Therapieoptionen. Entsprechende Zulassungserweiterungen für Arzneimittel fehlen oftmals zunächst, da sie Zeit und Geld in Anspruch nehmen. Manchmal sehen Pharmafirmen zudem aus wirtschaftlichen Gründen von einer erweiterten Zulassung ab.

 

In diesen Fällen kann die Anwendung eines Arzneimittels außerhalb des eigentlichen Zulassungsbereiches medizinisch sinnvoll sein. In der Neurologie, aber auch in der Kinderheilkunde ist der Off-Label-Use wichtiger Bestandteil von Therapien. Besonders häufig kommen Medikamente darüber hinaus in der Behandlung von Krebspatienten zulassungsübergreifend zum Einsatz. »Da die Anwendungsgebiete von Krebspräparaten heute immer enger gefasst werden, sind wir nach Ausschöpfen der medikamentösen Alternativen gelegentlich gezwungen, off-label zu verordnen«, sagt Professor Dr. Wolf-Dieter Ludwig, Onkologe und Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft.

 

Patient muss zustimmen

 

Vor jedem Off-Label-Use muss der Arzt einen Antrag bei der Krankenkasse des Patienten stellen und die Behandlung genau begründen. Zudem muss er den Patienten umfassend aufklären und dessen Zustimmung einholen. Wie häufig Medikamente in Deutschland off-label verwendet werden, ist unklar. Verlässliche Zahlen darüber gibt es nicht. Daten über den zulassungsüberschreitenden Einsatz von Arzneimitteln würden an keiner Stelle zentral erfasst, so Ludwig.

 

Die Kosten für den Off-Label- Gebrauch übernehmen die Krankenkassen nur in Einzelfällen. Einige Arzneimittel dürfen Ärzte regulär in einer bislang nicht zugelassenen Indikation verordnen. Welche Präparate dies sind, entscheidet der GBA. Er beauftragt Expertengruppen beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) damit, den Wissensstand zum Einsatz von Wirkstoffen in nicht zugelassenen Indikationen zu bewerten.

 

Für den Off-Label-Use von Medikamenten hat das Bundessozialgericht 2002 äußerst enge Grenzen festgelegt. Er kommt grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn es um die Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung geht, die lebensbedrohlich ist oder aber die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt. Darüber hinaus darf es keine andere Therapie­option geben und es muss die begründete Aussicht auf einen Behandlungserfolg bestehen. Voraussetzung dafür ist eine entsprechende Datenlage. So müssen Forschungsergebnisse vorliegen, »die erwarten lassen, dass das Arzneimittel für die betreffende Indikation zugelassen werden kann«, so das Gericht.

 

Gibt die entsprechende Expertengruppe am BfArM eine positive Empfehlung, muss der GBA noch die Zustimmung des Herstellers einholen. Dieser muss den Off-Label-Use als sogenannten bestimmungsgemäßen Gebrauch anerkennen und übernimmt damit die arzneimittelrechtliche Haftung. Pharmafirmen können dies jedoch auch ablehnen. So kommt es vor, dass ein Wirkstoff, der von verschiedenen Unternehmen hergestellt wird, nur aus der Produktion bestimmter Hersteller off-label verordnet werden darf.

 

Zwei verschiedene Listen

 

Alle Arzneimittel, über deren Off- Label-Use der GBA entschieden hat, werden in Anlage VI der Arzneimittel-Richtlinie aufgenommen. Sie enthält zwei unterschiedliche Listen: In Teil A werden alle Wirkstoffe aufgeführt, für die der GBA eine positive Bewertung getroffen hat, die also auch in bestimmten nicht zugelassenen Indikationen verordnungsfähig sind. Teil B listet entsprechend die Arzneimittel auf, die nicht zulassungsüberschreitend verordnet werden dürfen. /

Verapamil

Ärzte können den Calciumanta­gonisten Verapamil künftig zur Prophylaxe des Clusterkopfschmerzes verschreiben. Das hat der Gemein­same Bundesausschuss entschieden und will die Anlage VI der Arznei­mittel-Richtlinie in Teil A entsprechend ergänzen. Die Off-Label-­Indikation umfasst die Prophylaxe des episodischen und chronischen Clusterkopfschmerzes von Erwachsenen ab 18 Jahren. Dem Beschluss muss noch das Bundesministerium für Gesundheit zustimmen. Die Änderung tritt damit nach ihrer Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

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