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Gesundheitsreform

Die ruhige Hand ist wieder da

22.08.2006  17:44 Uhr

Gesundheitsreform

<typohead type="3">Die ruhige Hand ist wieder da

Von Thomas Bellartz

 

Gerhard Schröders Anfänge als Kanzler sind immer noch verbunden mit dicken Zigarren, Brioni-Anzügen und einer Politik der »ruhigen Hand«. Angela Merkel hat Schröders Lässigkeit kopiert, ignoriert das Rumoren der Partei, macht auch ein bisschen »Basta«-Politik und gibt sich tatendurstig. In der Gesundheitspolitik stockt es jedoch.

 

Eigentlich sollten die Eckpunkte zur Gesundheitsreform längst in einen Formulierungsentwurf eingeflossen sein. Dieser Entwurf sollte bereits auf den Tischen von Parteien und Fraktionen, Gesundheitsexperten und natürlich auch Verbänden und Lobbygruppen in Berlin liegen. Pustekuchen, es gibt keinen Entwurf und wahrscheinlich wird es auch in den nächsten Wochen keinen geben. Am 17. September sind Landtagswahlen und angesichts dramatischer Umfragewerte will die große Koalition nicht ins Wahldebakel marschieren. Deshalb nimmt sie nun doch Abschied vom sicher geglaubten Zeitplan. Allerdings nur in diesem Punkt. Denn der Plan steht weiterhin, auch wenn es eng werden wird für die Koalition. Der Enwurf soll erst nach der Wahl vorgelegt werden, die erste Lesung des Reformwerkes im Deutschen Bundestag ist aber bereits auf den 20. September terminiert. Der enge Zeitplan ist Ausdruck der Verzweiflung über die Umfragen sowie der Furcht vor den Kampagnen von Krankenkassen und Krankenhausgesellschaft. Sorgen bereiten der Bundesregierung auch mögliche Kampagnen von Ärzten oder Apothekern.

 

Ganz verheimlichen lassen sich die Pläne allerdings nicht. Die Regierung wird nicht umhin kommen, die eigenen Fraktionen und Parteien über die Reformpläne zu informieren. Aus den Fraktionen werden dann Informationen in die Öffentlichkeit sickern. Womöglich erreicht die Regierung noch so viel Diskretion, dass die Reform den Wahlkampf nicht entscheidet.

 

Nach außen gibt sich Merkel trotz des Drucks jedoch ruhig. Auch bei ihrem Start in die zweite Jahreshäfte gab sich die Kanzlerin zuversichtlich, die Reformziele zu erreichen. Schwerpunkt ihrer Ausführung zur Gesundheit war dabei der Fonds. Merkel zeigte sich über die Diskussion der vergangenen Wochen überrascht. Keinen Zweifel ließ sie daran, dass der Gesundheitsfonds kommen wird. Vorher müssten aber alle Kassen schuldenfrei sein.

 

Bereits in der vergangenen Woche war es teils zu heftiger Kritik aus dem Gesundheitsministerium an der schleppenden Entschuldung der Kassen gekommen. Nach den Vorgaben des Gesetzgebers müssten die Krankenkassen bis Ende 2007 schuldenfrei sein. Das werden nicht alle schaffen. Deshalb wird der Gesundheitsfonds nicht Anfang, sondern frühestens Mitte 2008 starten können, sagte Merkel. Die Kanzlerin wollte aber auch nicht ausschließen, dass der Startschusss erst 2009 fällt. Der AOK-Bundesverband hatte angekündigt, der Schuldenabbau sei im AOK-Bereich nicht bis 2008 möglich.

 

Merkel verteidigte das Fondsmodell auch gegen die Kassenkritik. Ohne eine Fixierung der Beiträge sei eine Entkoppelung der Gesundheits- von den Arbeitskosten nicht möglich, sagte Merkel. Anhand des Fonds werde auch besser darüber zu reden sein, welche Kasse gut und rationell mit den Beiträgen umgehe. Die angekündigte Beitragssatzerhöhung um 0,5 Prozentpunkte 2007 sei ein Durchschnittswert, erläuterte Merkel.

 

Schon zum Start des Gesundheitsfonds sollen Kassen, die mit dem Einheitsbeitrag pro Kopf nicht auskommen, nach Merkels Vorstellung Zuschläge erheben dürfen. Im Gegenzug könnten besonders wirtschaftliche Kassen ihren Versicherten Preisnachlässe offerieren. Merkel bekräftigte auch, die Gesundheitsreform werde am 1. Januar 2007 starten.

 

Details zum Arzneimittel- oder Apothekenbereich fielen bei der mehr als eineinhalbstündigen Pressekonferenz nicht. Und auch in den vergangenen Tagen war das Thema »Apotheke« keines mehr. Zumindest nicht offen ausgesprochen.

 

Die Koalition muss sich gesundheits- wie sozialpolitisch mit einer ganzen Palette von Themen auseinandersetzen. Arzneimittel stehen angesichts der Erfolge des Arzneimittelverordnungs-Wirtschaftlichkeitsgesetzes (AVWG) nicht mehr ganz oben auf der Agenda. Zu den publikumswirksamen Themen, denen sich die Koalition verschrieben hat, zählt die steuerfinanzierte Versicherung von Kindern. Die Bundeskanzlerin ließ offen, wie die beschlossenen 1,5 Milliarden Euro für 2008 und die 3 Milliarden für 2009 über Steuern aufgebracht werden sollen. Dies müsse mit dem jährlichen Haushalt festgelegt werden, wobei konjunkturelle Steuermehreinnahmen erleichternd wirken könnten.

 

Zweifel an Steuerfinanzierung

 

Ebenso wenig konkret war Merkels Einschätzung, ob die bislang für die Zeit nach dieser Legislaturperiode geplante weitere Steigerung der Steuerfinanzierung beschleunigt werde. Sie zweifelte aber daran, dass es dafür Haushaltsmittel gebe. Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) hatte gesagt: »Wir werden im Jahr 2008, spätestens aber 2009 zeigen müssen, wo wir diese 11, 12 oder 14 Milliarden Euro in den Folgejahren hernehmen.« Wie sich die Parteien in dieser Frage nach 2009 positionieren, wollte Merkel nicht vorwegnehmen.

 

Die Regierungschefin warnte die Bürger und die Beteiligten im System erneut davor, die Entwicklung der kommenden Jahre falsch einzuschätzen: Längerfristig würden die »Aufwendungen des Einzelnen« für die Gesundheit steigen, sagte Merkel. Sie erwarte »breite gesellschaftliche Diskussionen« über die Zukunft des Gesundheitswesens. Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn kritisierte: »Die Gesundheitsreform ist und bleibt Murks.« Sie führe zu Beitragserhöhungen. Linksfraktions-Chef Gregor Gysi sagte, mit ihrem Druck zum Schuldenabbau fordere die Regierung die Kassen auf, die Beiträge zu erhöhen.

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