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TCM

Bedrohte Tiere auf Rezept

01.08.2008  10:32 Uhr

TCM

<typohead type="3">Bedrohte Tiere auf Rezept

Von Sven Siebenand

 

Nashornmehl, Seepferdchenpulver und Tigerhoden: Rund 1500 Tierarten sind Bestandteil der Traditionellen Chinesischen Medizin. Viele stehen vor der Ausrottung, weil in China und anderen asiatischen Ländern Körperteile oder gleich das ganze Tier in Pulver, Salben und Tinkturen verwandelt werden.

 

Wer Jingjing noch nicht kennt, wird ihn im Laufe der Olympischen Spiele in Peking vermutlich kennenlernen: China hat die Figur des niedlichen Pandas nämlich zu einem der offiziellen Olympiamaskottchen gemacht. Mit echten Bären wird in der Volksrepublik anders umgegangen. Schätzungen der Welttierschutzgemeinschaft WSPA zufolge werden dort mehrere tausend Tiere auf sogenannten Bärenfarmen gehalten - in Käfigen, die kaum größer sind als die Tiere selbst. Wozu? Um ihnen bei lebendigem Leib Gallensaft abzusaugen. Das geschieht ein- bis zweimal pro Tag. Ein Plastikschlauch wird durch die Bauchdecke in die Gallenblase gespießt, um die Flüssigkeit abzuzapfen. Alternativ tropft der Saft aus einer Bauchöffnung, die operativ direkt mit der Gallenblase verbunden wird. In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) wird Bärengalle zum Beispiel gegen Leber- und Gallebeschwerden, Hämorrhoiden, Augenbeschwerden oder Fieber eingesetzt. Dass der Bärengalle-Wirkstoff, Ursodeoxycholsäure, seit Langem auch künstlich herstellbar ist, interessiert dabei kaum. Denn laut dem Glauben Jinbou übertragen sich die Eigenschaften eines Lebewesens auf seinen Konsumenten, sodass auf chinesischen Märkten Wirkstoffe aus Tieren stärker nachgefragt sind als synthetisch hergestellte.

 

Blühender Schwarzmarkt

 

Die TCM-Gesellschaften in Deutschland sprechen sich ausnahmslos gegen die Verwendung geschützter Arten des Tier- und Pflanzenreichs aus. Auch viele TCM-Berufsverbände in China haben sich selbst verpflichtet, keine Rezepturen oder Medikamente zu verordnen, die Teile davon enthalten. In den meisten Fällen ist es ohne Weiteres möglich, Substanzen von bedrohten Tieren zum Beispiel durch Pflanzeninhaltsstoffe zu ersetzen. Hinzu kommt, dass auch die Qualitätskontrolle bei tierischen Produkten problematisch ist, vor allem wenn sie aus der freien Wildbahn und nicht aus Zuchtbetrieben stammen. Nichtsdestotrotz greifen sämtliche Formen der Selbstverpflichtung nur im offiziellen Sektor. Und der Schwarzmarkt, den es neben dem durch die Gesundheitsbehörden regulierten TCM-Markt gibt, blüht. Viele tierische Inhaltsstoffe, die offiziell verboten sind, spielen auf diesem eine umso größere Rolle, zum Beispiel Tiger- und Nashornpräparate.

 

Restlos ausgeschlachtet

 

Seit dem nationalen Handelsverbot für Tigerprodukte im Jahr 1993 sind diese in China tabu - theoretisch. Der illegale Handel besteht weiterhin. Fast allen Körperteilen des Tigers werden besondere Heilkräfte zugeschrieben. So kommen Zähne, Hoden, Augäpfel und Barthaare in unterschiedlichsten Darreichungsformen und bei einer Vielzahl von Indikationen zum Einsatz. Selbst Tigerkot findet Verwendung, unter anderem zur Bekämpfung der Alkoholsucht. Mit Abstand am meisten begehrt sind die Knochen des Tigers. Sie zählen in der Traditionellen Chinesischen Medizin zu den »warmen« Arzneien, die gegen »kalte« Krankheiten wie Rheuma helfen. Die große Nachfrage macht das Wildern auch entgegen allen nationalen Gesetzen und internationalen Übereinkommen zu einem lukrativen Geschäft.

 

Die chinesische Heilsalbe Tigerbalsam, international auch Tiger Balm genannt, enthält übrigens keine Tigerbestandteile, sondern basiert ausschließlich auf pflanzlichen Wirkstoffen. Der ungewöhnliche Name beruht allein darauf, dass der Balsam nach einem der beiden Brüder benannt ist, die vor mehr als 100 Jahren begannen, die Salbe serienmäßig herzustellen. Sein Vorname Haw lautet übersetzt Tiger. Ebenso begehrt wie Tigerknochen ist in der Traditionellen Chinesischen Medizin der Hornkegel des Nashorns. Dem Hornmehl wird eine fiebersenkende Wirkung zugesprochen. Wissenschaftler bescheinigen dem Mehl allerdings eine weitaus geringere Wirkung als beispielsweise dem Wirkstoff ASS. Um die restlichen Nashorn-Bestände zu schützen und den Wilderern den Anreiz zur Tat zu nehmen, sägen Wildhüter den Tieren den begehrten Hornkegel ab. Ein anderer Hornmehl-Lieferant war jedoch schnell gefunden: Saiga-Antilopen. Den männlichen Tieren wurden ihre 20 bis 50 Zentimeter langen Hörner zum Verhängnis, sodass unkontrollierte und illegale Jagd den Bestand dieser Antilopen-Art innerhalb von 20 Jahren auf ein Zwanzigstel der ursprünglichen Größe dezimierte.

 

Lukrativer als Gold

 

Vor der Ausrottung steht auch das hirschartige Moschustier, das in den Bergwäldern Ostasiens lebt. Um an die männlichen Duftdrüsen zu kommen, tötet man zu allem Übermaß oft irrtümlich auch Weibchen und Jungtiere. Mehr als 90 Prozent des weltweit verbrauchten Moschus werden in der asiatischen Medizin genutzt. Das Spektrum der Anwendung reicht von Herz-Kreislauf-Mitteln bis zu Nervenpräparaten. Auch hier ein lukratives Geschäft für Wilderer: Für ein Kilogramm Moschus wurden 2004 mehr als 30.000 Euro gezahlt, deutlich mehr als fürs Kilo Gold, das heute rund 19.000 Euro bringt. Nicht nur die Populationen vieler an Land lebender Tiere sind in Gefahr: So steht zum Beispiel auch den Seepferdchen inzwischen das Wasser bis zum Hals. Jährlich werden Schätzungen zufolge 24 Millionen von ihnen aus den Weltmeeren gefischt. Ein Großteil der Tiere wird zu Heilzwecken in der Traditionellen Chinesischen Medizin eingesetzt, etwa bei Asthma oder Nierenerkrankungen. Zerrieben eingenommen gelten sie, ähnlich wie Robbenpenisse, auch als Mittel zur Potenzsteigerung.

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