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Alkohol

Gesundheitsgefahren unterschätzt

03.08.2010  13:55 Uhr

Von Bettina Sauer, Berlin / Jede 30. Krebserkrankung weltweit ist auf chronischen Alkoholkonsum zurückzuführen. Das teilte die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen bei einer Pressekonferenz mit. Daneben birgt Alkohol viele andere Gesundheitsrisiken, die häufig unterschätzt werden.

Korn, Bier, Schnaps und Wein genießen einen viel zu guten Ruf, meint die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS). »Man muss sich in unserem Land fast schon rechtfertigen, wenn man keinen Alkohol trinkt«, sagte DHS-Geschäftsführer Dr. Raphael Gassmann bei einer Pressekonferenz in Berlin. Entsprechend hoch sei die Trinkfreudigkeit: »Der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch, alle Babys und Hochbetagten eingerechnet, liegt bei durchschnittlich 9,9 l reinem Alkohol.« Damit belege Deutschland im weltweiten Vergleich Platz 5. Das führte Gassmann unter anderem darauf zurück, dass die mit Alkohol verbundenen Gesundheitsgefahren gesellschaftlich viel zu stark verharmlost würden.

Dabei treibe die legale Droge viele Menschen in die Abhängigkeit oder in Rauschzustände mit möglicherweise schwerwiegenden bis tödlichen Folgen. »Außerdem ist Alkohol ein starkes Zellgift.« Bei einem übermäßigen Konsum könne er schwere Schäden im ganzen Organismus anrichten. »Eine akute Überdosierung wirkt vor allem störend auf das Herz-Kreislauf-System, was sich in Form von lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen oder Entgleisungen des Blutdrucks äußern kann«, sagte Professor Dr. Helmut Seitz, Ärztlicher Direktor vom Krankenhaus Salem in Heidelberg und Leiter des dortigen Zentrums für Alkoholforschung, bei der Veranstaltung.

 

Zu den bekanntesten Folgen einer chronischen Überdosierung zählten Veränderungen der Leber. »40 bis 50 Prozent aller Leberkrankungen in Deutschland sind alkoholbedingt.« Besonders gut belegt sei der Zusammenhang mit der Leberzirrhose, also dem Untergang von Zellen im Endstadium verschiedener Lebererkrankungen, die jährlich in Deutschland etwa 20 000 Menschenleben fordere. »Das Risiko für die Entwicklung einer Leberzirrhose steigt Studien zufolge linear mit der Höhe des täglichen Alkoholkonsums.«

 

Zudem zeigten epidemiologische Auswertungen, dass sich weltweit 3,6 Prozent der jährlichen Krebserkrankungen auf chronischen Alkoholkonsum zurückführen lassen. »Doch dieses Problem kommt in der öffentlichen Wahrnehmung viel zu kurz.« So sei Alkohol neben dem Rauchen der wichtigste Risikofaktor für die Entstehung von Tumoren im Mund-Rachen-Raum und der Speiseröhre. Daneben erhöhe er das Risiko für Leberkrebs. Alle drei Krebsarten treten in Deutschland relativ selten auf. »Doch auch bei zwei besonders häufigen, nämlich Brustkrebs und Darmkrebs, besteht ein Zusammenhang zur Höhe des täglichen Alkoholkonsums, wenn auch weniger ausgeprägt.«

 

Als Beleg zitierte Seitz eine Auswertung von 53 klinischen Studien, die 2002 im »British Journal of Cancer« erschienen ist (87(11):1234-45). Demnach erhöht jeder zusätzliche Drink am Tag (in der Studie entsprechend 10 g reinem Alkohol) bei Langzeitkonsumentinnen das Brustkrebsrisiko um 7,1 Prozent. Allerdings scheint Alkohol Seitz zufolge erst ab einer gewissen Dosis Tumorleiden und andere Krankheiten auszulösen und in geringen Mengen Herzinfarkten und Schlaganfällen eher vorzubeugen, wenn auch nur bei wenigen Menschen. »Richtig gesund ist Alkohol aus meiner Sicht nie.« Die Schwellenwerte für schädigende Wirkungen seien von Organ zu Organ unterschiedlich. »Um also den gesamten Organismus zu schützen, sollte man die Schwellendosis des empfindlichsten Organs einhalten.«

 

Schwellendosis beachten

 

»Aus diesen Überlegungen und der Begutachtung der entsprechenden Studien hat die DHS schon vor einigen Jahren ihre Empfehlungen für einen risikoarmen Alkoholkonsum abgeleitet«, sagte Gaßmann. Sie lautet: Frauen sollten pro Tag nicht mehr als 12 g reinen Alkohol trinken. Das entspricht etwa 0,3 Liter Bier, 0,15 Liter Wein/Sekt oder 0,4 cl einer Spirituose (Likör, Korn oder Ähnliches). Bei Männern liegt der Grenzwert doppelt so hoch. Allerdings sollten beide Geschlechter an zwei Tagen in der Woche eine Alkohol-Pause einlegen. Zudem gilt die Empfehlung nur für gesunde Erwachsene. Personen mit einem genetischen Risiko für alkoholassoziierte Erkrankungen (zum Beispiel Fälle von Brust- oder Darmkrebs in der Familie) sollten nur gelegentlich Alkohol zu sich nehmen. Dasselbe gilt für Patienten mit Krankheiten, die sich möglicherweise durch Alkohol verschlechtern, wie etwa Lebererkrankungen, Dickdarmpolypen, Speiseröhrenentzündungen, Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck, Gicht sowie neurologische und psychiatrische Probleme. »Mit unseren Empfehlungen wollen wir niemandem den Spaß verderben, sondern höchst belastende Krankheiten vermeiden helfen«, betonte Gaßmann. Zudem könne man auch mit wenig oder ganz ohne Alkohol Spaß haben – nur sei diese Sicht in Deutschland nicht stark genug verbreitet. /

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