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Blutzucker

Die süße Spur

28.07.2008  13:50 Uhr

Blutzucker

<typohead type="3">Die süße Spur

Von Christina Hohmann

 

Millionen von Diabetikern messen ihn täglich: den Blutzuckerwert. Aber auch bei anderen Erkrankungen kann die Glucosekonzentration im Blut aus dem Ruder laufen.

 

Glucose ist der wichtigste Energielieferant im Körper. Über den Blutkreislauf wird der Zucker unter anderem zu den Muskeln, zum Gehirn oder zu den roten Blutkörperchen transportiert. Zu hohe Konzentrationen im Blut sind auf Dauer aber schädlich. Entsprechend seiner Bedeutung wird der Glucosegehalt im Blut streng reguliert. Das in der Bauchspeicheldrüse produzierte Hormon Insulin bewirkt, dass Glucose in die Zellen aufgenommen wird, und senkt somit den Blutzuckerspiegel. Gerade nach Mahlzeiten wird verstärkt Insulin ausgeschüttet. Gegenspieler des Insulins sind Hormone wie Cortison, Adrenalin oder Glucagon, die vor allem in Belastungssituationen freigesetzt werden. Sie heben den Glucosespiegel an, indem sie den Abbau von Glykogen zu Glucose anregen. Im Tagesverlauf schwankt der Blutzuckerwert je nach Nährstoffversorgung, Stress sowie körperlicher Belastung zwischen 60 und 140 mg/dl.

 

Wann wird gemessen?

 

Bestimmt wird der Blutzuckergehalt bei Verdacht auf Über- oder Unterzuckerung sowie als Therapiekontrolle bei diagnostiziertem Diabetes mellitus. Zudem ist eine Bestimmung bei Neugeborenen, bei Menschen mit Fehl- und Mangelernährungszuständen oder bekannten Stoffwechselstörungen, zum Beispiel durch einen Enzymmangel, notwendig.

 

Für die Messung wird Kapillarblut verwendet, das gewöhnlich aus der Fingerbeere oder dem Ohrläppchen gewonnen wird. Bei der Bestimmung des Nüchternblutzuckerwertes sollte vor der Blutabnahme eine mindestens zehn- bis zwölfstündige Nahrungspause liegen, da zuckerhaltige Nahrungsmittel das Ergebnis verfälschen können. Nüchtern sollte der Blutzuckerwert laut Leitlinie der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) unter 98 mg/dl (5,4 mmol/l) liegen (siehe Tabelle). Werte von 98 bis 110 mg/dl (5,4 bis 6,1 mmol/l) liefern einen Hinweis auf einen möglicherweise bestehenden Diabetes. Werte über 110 mg/dl (über 6,1 mmol/l) sprechen für eine manifeste Erkrankung. Bei Gelegenheitsmessungen in der Apotheke sind die Patienten aber in der Regel nicht nüchtern. Bei solchen Messungen weisen Werte von über 200 mg/dl (11,1 mmol/l) auf eine Diabetes-Erkrankung hin. Die Leitlinie »Definition, Klassifikation und Diagnostik des Diabetes mellitus« sowie weitere Praxis- und Patientenleitlinien sind auf der Website der Gesellschaft unter www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/[...] herunterzuladen.

Tabelle: Referenzbereiche für die Glucosekonzentration im Blut

Normbereich Verdacht Diabetes mellitus
nüchtern unter 98 mg/dl
unter 5,4 mmol/l
98 bis 110 mg/dl
5,4 bis 6,1 mmol/l
über 110 mg/dl
über 6,1 mmol/l
2 Stunden nach Mahlzeit
(Blut aus Fingerbeere)
unter 140 mg/dl
unter 7,8 mmol/l
140 bis 200 mg/dl
7,8 bis 11,1 mmol/l
über 200 mg/dl
über 11,1 mmol/l

Die Blutzuckerkonzentration wird in den meisten Ländern in der Einheit Millimol pro Liter (mmol/l) angegeben. In den westlichen Bundesländern hat sich aber die alte Einheit Milligramm pro Deziliter (mg/dl) gehalten, während im Osten die neue SI-konforme Einheit (Internationales Einheitensystem) üblich ist. Dies kann zu Verwirrungen führen. Umrechnen lassen sich die Einheiten nach folgender Formel: 1 mmol/l = 18,0182 mg/dl oder andersherum 1 mg/dl = 0,0555 mmol/l.

 

Liegt ein Verdacht auf eine gestörte Glucosetoleranz, einen Diabetes mellitus oder einen Gestationsdiabetes vor, kann ein oraler Glucosetoleranztest weiterhelfen. Hierfür muss der Patient mindestens zwölf Stunden nüchtern sein. Ihm wird zuerst Blut zur Bestimmung des Ausgangswertes abgenommen. Dann erhält er eine standardisierte Glucoselösung von 75 g in 300 ml Wasser, die innerhalb von fünf Minuten getrunken werden muss. Nach zwei Stunden wird erneut der Blutzuckerwert gemessen. Bei Gesunden liegt er unter 140 mg/dl (7,8 mmol/l). Ein Wert zwischen 140 und 200 mg/dl (7,8 bis 11,1 mmol/l) weist auf eine gestörte Glucosetoleranz hin. Durch einen Wert über 200 mg/dl (über 11,1 mmol/l) ist ein Diabetes mellitus belegt. Der orale Glucosetoleranztest ist kontraindiziert bei diagnostiziertem Diabetes, einem erhöhten Nüchternglucosewert von mehr als 126 mg/dl, einem Blutzuckerwert von über 200 mg/dl zu einem beliebigen Tageszeitpunkt oder bei gastrointestinalen Erkrankungen.

 

Andere Ursachen

 

Diabetes mellitus ist aber nicht die einzige Ursache von erhöhten Blutzuckerwerten. Der Glucosespiegel kann auch bei Entzündungen oder Tumoren der Bauchspeicheldrüse sowie bei einer Schilddrüsenüberfunktion über der Norm liegen. Auch das Cushing-Syndrom, bei dem der Cortisolspiegel stark erhöht ist, kann zu einer diabetischen Stoffwechsellage führen.

 

Blutzuckerwerte können aber auch unter der Norm liegen. Zu niedrige Werte können auf eine Überdosierung des Insulins bei der Diabetestherapie, bei Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse, die mit einer gesteigerten Insulinproduktion einhergehen, oder bei Störungen des Hormonhaushalts durch Unterfunktion der Hypophyse oder Schilddrüse zurückgehen. Auch eine Funktionsstörung der Leber, wie sie bei Zirrhose oder Hepatitis vorliegt, oder eine primäre Nebennierenrindeninsuffizienz (Morbus Addison) und die damit verbundene gestörte Cortisol-, Adrenalin- und Noradrenalinproduktion, können Ursache der zu niedrigen Glucosewerte sein. Zudem lässt körperliche Arbeit ohne ausreichende Nährstoffzufuhr, Mangelernährung zum Beispiel bei Alkoholikern oder bei übermäßigem Fasten und Alkoholgenuss auf nüchternen Magen den Blutzuckerwert nach unten sacken. Eine ausgeprägte Hypoglykämie ist ein lebensbedrohlicher Zustand, der sofortiger Maßnahmen wie Glucose- oder Glucagongabe bedarf.

 

HbA1c: das Blutzuckergedächtnis

 

Der Blutzuckerwert ist eine Momentanaufnahme der Stoffwechsellage. Um den Zuckerstoffwechsel über einen längeren Zeitraum verfolgen zu können, eignet sich der HbA1c-Wert, das sogenannte Blutzuckergedächtnis, besser. Wenn zu viel Glucose im Blut zirkuliert, bindet der Zucker irreversibel an verschiedene Moleküle wie zum Beispiel an den Blutfarbstoff Hämoglobin in den Erythrozyten. Dieser glykolisierte Anteil des Hämoglobins wird auch als Glykohämoglobin (GHb) oder HbA1c bezeichnet. Je höher der Blutzuckerwert über einen längeren Zeitraum ist, desto höher fällt auch der HbA1c-Wert aus. Er bleibt dann solange erhöht, wie die Erythrozyten überleben. Dies sind im Schnitt 120 Tage. Kurzfristige Schwankungen beeinflussen den Wert dagegen nicht, weshalb er sich für die Kontrolle der langfristigen Therapietreue eignet. Der Wert wird bei Diabetikern in der Regel einmal pro Quartal bestimmt und sollte nach derzeitigen Empfehlungen unter 6,5 Prozent betragen. An dieser Empfehlung könnte sich in der nächsten Zeit etwas ändern. Eine aktuelle Studie ergab, dass eine drastische Reduktion des HbA1c-Wertes die Mortalität erhöht, statt sie wie gehofft zu senken (siehe dazu Riskante HbA1c-Wert-Senkung, PZ 25/2008). Die ACCORD-Studie wurde bereits im Februar 2008 wegen einer erhöhten Sterblichkeit in dem Versuchsarm mit dem Zielwert 6 Prozent abgebrochen. Warum eine drastische Senkung des Wertes (erreicht wurde ein durchschnittlicher HbA1c-Wert von 6,4 Prozent) die Mortalität erhöht, ist bislang unklar. Experten vermuten, dass die Polymedikation, die für eine starke Senkung nötig ist, ein Grund sein könnte.

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