Teilnahmekosten für Pharmacon Meran sind abzugsfähig |
27.07.2007 13:43 Uhr |
Finanzgericht München, Urteil vom 6. Dezember 2006, 10 K 5528/04 (nicht rechtskräftig)
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Die Teilnahmekosten für den Pharmacon-Kongress in Meran sind als Werbungskosten abzugsfähig.
Die Teilnahme an einer botanisch-wissenschaftlichen Exkursion steht einem Werbungskostenabzug nicht entgegen, wenn sie einen beruflichen Bezug hat.
Aus den Gründen
I. Der Kläger bezog in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Wie in den Vorjahren nahm der Kläger auch in den Streitjahren am Fortbildungskongress für praktische und wissenschaftliche Pharmazie der Bundesapothekerkammer in Meran teil. Kosten wurden dem Kläger nicht ersetzt. Streitig ist, ob die Aufwendungen als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.
Im Jahr 2001 fand der Kongress vom Sonntag, dem 20. Mai, bis Freitag, den 25. Mai, statt. Der Kläger reiste am Samstag zuvor an und am Samstag danach ab.
Im Jahr 2002 fand der Kongress vom Sonntag, dem 26. Mai, bis Freitag, den
31. Mai, statt. Der Kläger reiste wiederum am Samstag zuvor an und am Samstag danach ab.
Zum Nachweis, dass er an den täglichen Veranstaltungen am Vor- und Nachmittag, für die keine besonderen Kosten anfielen, teilgenommen hat, legte der Kläger die Teilnehmerverzeichnisse 2001 und 2002 und Testatkarten vor. Auf den Testatkarten 2001 und 2002 wurde dem Kläger jeweils durch einen Tagesstempel »Vormittagsveranstaltung« und »Nachmittagsveranstaltung« bestätigt, dass er an allen Tagen an einer Veranstaltung von Montag- bis Freitagnachmittag ab 13 Uhr teilnahm. Für Donnerstag, den 24. Mai 2001, wurde mit den Stempeln die Teilnahme an einer ganztägigen botanisch-wissenschaftlichen Exkursion bestätigt. Dabei handelte es sich um die Exkursion »Monte Baldo: Von San Michele/Malcesine nach Navene«. Die Wanderung wurde von Herrn Professor X geführt.
Auf der Testatkarte 2002 fehlen die beiden Stempel am Donnerstag, dem
30. Mai 2002. Der Kläger legte aber eine nummerierte Teilnehmerkarte für die Teilnahme an der botanischwissenschaftlichen Exkursion im Gebiet der Seiser Alpe vor. Ferner legte er eine Quittung über Exkursionskosten in Höhe von 60 Euro vor.
Folgende vom Kläger geltend gemachte Kurskosten ließ das FA nicht zum Werbungskostenabzug zu:
Jahr 2001
[...]
Jahr 2002
[...]
Die Einsprüche des Klägers gegen den Einkommensteuerbescheid 2001 vom ... und den Einkommensteuerbescheid 2002 vom ... wies das FA mit der Einspruchsentscheidung vom ... zurück. Hiergegen richtet sich die Klage.
Die Klage ist begründet.
II. 1. Werbungskosten sind alle Aufwendungen, die durch eine Einkunftsart veranlasst sind. Dies ist bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit der Fall, wenn die Aufwendungen objektiv mit dem Beruf zusammenhängen und subjektiv zu dessen Förderung getätigt werden. Hiernach sind auch Aufwendungen für Reisen als Werbungskosten abziehbar, wenn sie durch den Beruf veranlasst sind.
Der Abzug von Reisekosten setzt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) voraus, dass die Reise ausschließlich oder nahezu ausschließlich der beruflichen Sphäre zuzuordnen ist. Das ist zum einen der Fall, wenn der Reise ein unmittelbarer beruflicher Anlass (zum Beispiel das Aufsuchen eines Geschäftsfreundes, das Halten eines wissenschaftlichen Vortrags auf einem Fachkongress) zugrunde liegt und die Verfolgung privater Reiseinteressen nicht den Schwerpunkt der Reise bildet. Ist wie im Streitfall ein solcher unmittelbarer Anlass der Reise nicht gegeben, liegen Werbungskosten nur dann vor, wenn die berufliche Veranlassung bei Weitem überwiegt und die Befriedigung privater Interessen, wie zum Beispiel Erholung, Bildung und Erweiterung des allgemeinen Gesichtskreises, nach dem Anlass der Reise, dem vorgesehenen Programm und der tatsächlichen Durchführung nicht ins Gewicht fällt und nur von untergeordneter Bedeutung ist. So liegen die Verhältnisse im Streitfall.
a) Der Kläger hat ausreichend nachgewiesen, dass er an den Vormittags- und Nachmittagsveranstaltungen teilgenommen hat. Dabei ist unerheblich, dass die Testatkarten an den Nachmittagen pauschal die Teilnahme ab 13 Uhr bestätigen, während der Kläger selbst vorträgt, die ab 14 Uhr laufenden Veranstaltungen besucht zu haben. Aufgrund der vorgelegten handschriftlichen Anmerkungen des Klägers in den Pharmazeutischen Zeitschriften 2001 und 2002 hält der Senat es für ausreichend belegt, dass der Kläger die Veranstaltungen tatsächlich besucht hat. Diese Anmerkungen wären ohne Kenntnis von den Vorträgen nicht möglich. Da der Kläger an den Veranstaltungen teilgenommen hat, waren seine Arbeitstage weitgehend wie ein üblicher Arbeitstag mit beruflichen Veranstaltungen ausgefüllt. Insbesondere war die Mittagspause zu kurz, um gewichtige private Freizeitunternehmungen durchführen zu können. Das abendliche Freizeitprogramm ist unschädlich, sodass es nicht darauf ankommt, wie weit es der Kläger ausgenutzt hat.
b) Die botanisch-wissenschaftlichen Exkursionen stehen dem Werbungskostenabzug nicht entgegen, da sie nur zu einer untergeordneten privaten Mitveranlassung führen.
Der Kläger hat die Teilnahme an den Exkursionen ausreichend belegt. Es sind keine Umstände erkennbar, die dafür sprechen, dass er die nachgewiesenen Exkursionskosten grundlos getätigt hat.
Bei sechs Kurstagen (ohne An- und Abreise) entspricht ein Exkursionstag
16,67 Prozent der gesamten Kongresszeit. Nach überwiegender Ansicht liegt eine untergeordnete private Mitveranlassung nicht mehr vor, wenn die private Veranlassung mindestens 10 Prozent beträgt. Jedenfalls bei einer privaten Veranlassung von 15 Prozent hat der BFH Werbungskosten verneint. Würde man somit annehmen, die Exkursionen seien ausschließlich privat veranlasst, läge eine erhebliche private Mitveranlassung der Teilnahme am gesamten Kongress vor. Indes hat der Kläger überzeugend vorgetragen, dass die jeweiligen Wanderungen einen beruflichen Bezug haben. Die Exkursionen wurden von qualifiziertem Personal geführt. Die Bestimmung von Pflanzen ist auch für die konkrete berufliche Betätigung des Klägers von Bedeutung, da er für die Überwachung von kräuterverarbeitenden Betrieben zuständig ist. Zudem geht der Senat davon aus, dass die Exkursionen der Kontaktpflege dienten. Allerdings ist nicht zu übersehen, dass Wanderungen in den ausgewählten Urlaubsgebieten im großen Umfang auch aus rein touristischen Motiven durchgeführt werden. Damit steht der beruflichen Veranlassung auch ein privates Interesse gegenüber, das sich allerdings einer exakten zahlenmäßigen Quantifizierung entzieht. Aufgrund der gesamten Verhältnisse des Streitfalles bewertet der Senat das private Interesse des Klägers an den Wanderungen im Verhältnis zur beruflichen Veranlassung der Teilnahme am gesamten Kongress als geringfügig.