Pharmazeutische Zeitung online
Krebstherapie

Bakterien töten Tumorzellen

26.07.2016  12:08 Uhr

Von Annette Mende / Tumoren mikrobiologisch zu bekämpfen, ist ein neuer, vielversprechender Ansatz in der Onkologie. Kurz nach der Zulassung des ersten Antikrebs-Virus Talimogen laherparepvec (Imlygic®) bringen nun US-amerikanische Forscher Bakterien im Kampf gegen den Krebs in Stellung.

Die Wissenschaftler um Omar Din von der University of California in San Diego und Dr. Tal Danino vom Massachusetts Institute of Technology haben einen Salmonellen-Stamm entwickelt, der gezielt Tumoren besiedelt und dort Substanzen freisetzt, die Krebszellen abtöten. Die Bakterien sind so programmiert, dass sie sich bis zu einer gewissen Grenze vermehren, dann mehrheitlich absterben und dabei die für die Tumorzellen schädlichen Substanzen freisetzen. 

 

Wenige verbliebene Bakterien starten dann einen neuen Vermehrungszyklus, bis es wieder zum kontrollierten Absterben und zur Wirkstoff-Freisetzung kommt. In Kombination mit einer klassischen Chemotherapie verlängerte die Behandlung mit diesen Bakterien die Über­lebenszeit von Mäusen mit Lebermeta­stasen eines Dickdarmkrebses deutlich. Darüber berichtet die Gruppe in einem Brief an das Fachjournal »Nature« (DOI: 10.1038/nature18930).

 

Salmonella Typhimurium ist ein bewegliches, gramnegatives Stäbchenbakterium und ein häufiger Erreger von Salmonellen-bedingten Durchfall­erkrankungen. Die Wissenschaftler veränderten das Erbgut eines Stamms dieser Bakterien so, dass er regelmäßige, etwa dreistündige Vermehrungszyklen vollführte, die von einem massenhaften Absterben gefolgt waren. Diese Eigenschaft bezeichneten sie als synchronisierten Lysekreislauf (SLC). Dem SLC-Stamm implantierten sie nun noch das Gen für Hämolysin E, ein porenbildendes Toxin, das auch gegen Krebszellen wirksam ist.

 

Dreifacher Angriff auf Krebszellen

 

Nachdem die Forscher die Antitumor-Wirkung der so ausgestatteten Bakterien an Zellkulturen gezeigt hatten, injizierten sie sie Mäusen direkt in Tumorgewebe, wo sie sich wie gewünscht regelmäßig vermehrten und abstarben. Anschließend programmierten die Wissenschaftler zwei weitere SLC-Stämme so, dass der eine die Immunantwort durch T-Zell-Aktivierung ankurbelte und der zweite Tumorzellen zur Apoptose anregte. Alle drei Stämme zusammen erzielten im Mausmodell nach intravenöser Injektion eine maximale Wirkung gegen Krebs. Auch nach oraler Gabe siedelten sich die Bakterien im Tumorgewebe an, wie die Forscher bei Mäusen mit Leber­metastasen eines Kolorektalkarzinoms zeigen konnten.

 

Anaerobe Bakterien können nekrotisierte Bereiche eines Tumors besiedeln, die von parenteral verabreichten Zyto­statika nicht erreicht werden. So kann sich ein synergistischer Effekt ergeben, wenn genmanipulierte Bakterien mit einer Chemotherapie kombiniert werden. Das zeigte sich, als die Wissenschaftler die Mäuse mit Lebermetastasen mit einer Mischung der drei SLC-Stämme fütterten und ihnen zusätzlich 5-Fluoro­uracil injizierten. Diese Kombination verlängerte die durchschnittliche Überlebenszeit der Tiere um 50 Prozent.

 

Weiterentwicklung geplant

 

Ob das Verfahren auch beim Menschen einsetzbar ist, müssen weitere Untersuchungen zeigen. Die Forscher sind zuversichtlich, mit den genmanipulierten Bakterien einen neuen Weg zur Krebsbekämpfung aufgetan zu haben. Andere Bakterienarten sowie weitere Wirkstoffe sollten ausprobiert werden, um letztlich die ideale Kombination zu ermitteln. Möglicherweise kann das Prinzip auch für andere Erkrankungen genutzt werden, bei denen eine regelmäßige Wirkstofffreisetzung gewünscht ist, zum Beispiel Bluthochdruck oder Diabetes.

 

Deutsche Forscher, die nicht an der Studie beteiligt waren, sind beeindruckt. Dr. Siegfried Weiß vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig findet das Konzept ausgesprochen innovativ. Es sei zwar nicht schwierig, Salmonellen dazu zu bringen, einen bestimmten Stoff zu produzieren, wohl aber, diesen Stoff auch freizusetzen. »Dieses Problem haben die Forscher sehr elegant gelöst«, sagte Weiß der Nachrichtenagentur dpa. Professor Dr. Mathias Heikenwälder vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg pflichtet ihm bei: »Das synchronisierte Auflösen einer Bakterienpopulation ist beeindruckend.« Die Bakterien seien wie Drohnen, denen man ein Programm eingibt, das sie dann ausführen, so Heikenwälder zu dpa. /

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa