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Pharmaweekend

Schmerz lass nach

Datum 25.07.2011  12:42 Uhr

Von Mareike Zuck, Halle / Ob Kopfschmerzen, Rückenschmerzen oder Zahnschmerzen: Jeder kennt Schmerzen und hat schon mal unter ihnen gelitten. Da Schmerz ein wichtiges Thema in unserer Gesellschaft und im Apothekenalltag ist, war es Thema des diesjährigen Pharmaweekends, dem Fortbildungsseminar des BPhD.

Das diesjährige Pharmaweekend fand in Halle an der Saale statt. Los ging es freitags mit einem Eröffnungsvortrag von Professor Dr. Reinhard Neubert aus Halle über die Martin-Luther-Universität. Nach einem kleinen Sektempfang klang der Abend dann bei einer gemeinsamen Cocktail-Runde im Enchilada aus.

Am Samstag wurde das Pharmaweekend von der BPhD-Präsidentin Maria-Christina Scherzberg eröffnet. Erstmals gab es zum Einstieg zwei Vorträge parallel. Ziel dieser Maßnahme war, das Grundstudium und das Hauptstudium besser berücksichtigen zu können.

 

Was ist Schmerz?

 

Für das Grundstudium referierte Professor Dr. Ulrich Mußhoff aus Münster zum Thema »Was ist Schmerz?«. Er berichtete über die Problematik, Schmerz zu beschreiben, da häufig neben »es tut weh« die Begrifflich­keiten zur genaueren Beschreibung fehlen. Hier führte er zuerst den Begriff der Nociception ein, der Begriff der messbaren Schmerzen – und den »Schmerz«, der tatsächlich im Gehirn wahrgenommen wird. Erläutert wurden auch zwei Beispiele zur angeborenen Analgesie, sprich der angeborenen Schmerzunempfindlichkeit. Grund ist hier bereits die genetische Grundlage – das Aktionspotenzial wird aufgrund eines genetischen Defekts nicht mehr ausgebildet und somit kommt das Signal »Schmerz« nicht im Gehirn an. Doch worin besteht überhaupt der Sinn von Schmerzen? Hier führte der Referent zum Beispiel den Sinn an, Schädigungen des Körpers zu verhindern. Eine weitere interessante Tatsache ist, dass das Schmerzverhalten erlernt und kulturell geprägt ist, es kann also in der Kindheit erlernt werden. Deutlich wird dies am Beispiel von Hunden: bei »in Watte gepackten« Welpen reagieren diese im Erwachsenenalter auf Schmerz überempfindlich.

 

Insgesamt war es ein rundherum gelungener Vortrag, dem auch die Studierenden im Grundstudium gut folgen konnten. Es wurden viele Fragen gestellt und so eine Grundlage für die weiteren Vorträge des Pharmaweekends geschaffen.

 

Schmerzfrei durch Hasch und Chili?

 

Für das Hauptstudium referierte Professor Dr. Peter Imming von der Universität Halle. Nach Schilderung einer kleinen klinischen Studie zum Thema Gewöhnung an Chilipaste im China-Restaurant, die von Imming persönlich konzipiert und durchgeführt wurde, stieg er tiefer ins Thema ein.

 

Capsaicin, die scharfe Substanz des Chilis, ist als hochpotenter Wirkstoff auch für die Arzneimittelforschung interessant. Die Substanz bindet an TRPV-1 (Transient Receptor Potential Vanilloid), einem für Calcium und Magnesium selektiven Ionenkanal. Dieser wird natürlich bei Temperaturen über 43 °C aktiviert und verhindert beispielsweise, dass es beim Genuss von zu heißen Speisen zu Verbrennungen kommt. Capsaicin verringert diese Schwellentemperatur. Durch die Bindung von Capsaicin an TRPV-1 steigt die Offenwahrscheinlichkeit, die Nervenzelle depolarisiert und Substanz P wird freigesetzt. Dieses wirkt proinflammatorisch und schmerzvermittelnd. Bei andauernder Stimulation des Kanals kommt es zur vollständigen Entleerung der Speicher von Substanz P und die Schmerzempfindlichkeit nimmt ab.

 

Die Wirkstoffe des Haschs greifen dagegen im Endocannabinoid-System an, welches erst seit 1990 bekannt ist. Die Besonderheit an diesem System ist, dass niedermolekulare Lipide als Signalstoffe fungieren. Es sind bereits Arzneistoffe auf dem Markt, die in dieses System eingreifen. Nachteilig ist, dass alle Substanzen auch eine Wirkung auf die Psyche haben. Aus diesem Grund musste der CB1-Antagonist Rimonabant wieder vom Markt genommen werden.

Imming schloss den Vortrag mit einem Rezept für Chili-Schokoladen-Pralinen. Bleibt abzuwarten, wann diese Einzug in die Schmerztherapie finden. Ein toller Vortrag, der auch im Anschluss noch für viel Gesprächsstoff unter den Studierenden sorgte.

 

Weihrauch in der Schmerztherapie

 

Anschließend erläuterte Eva Griewel aus Hamburg, ehemaliges Mitglied im BPhD-Vorstand sowie Apothekerin und Doktorandin an der Universität Hamburg, den Begriff Placebo vom Ursprung bis heute. Die Referentin erläuterte, dass es auch in der tatsächlichen Therapie Placebo-Arzneimittel und auch die Placebo-Chirurgie gibt. Die Placebowirkung ist eine spannende, noch weit unerforschte Wirkung, die belegt ist, aber noch nicht ganz begründet. Hier wird es sicher noch viel Forschungsbedarf geben. Auch Einflussfaktoren auf Placebo sind nicht zu verachten, begonnen bei der Farbe über Form, Größe, Name und Preis.

 

Johannes Ertelt, Apotheker und geschäftsführender Gesellschafter der AureliaSan GmbH, referierte über die Weihrauch-Therapie. Er eröffnete hierbei eine für viele Studierende noch unbekannte Therapiemöglichkeit, die interessiert verfolgt und hinterfragt wurde. So sind dermale als auch orale Weihrauchzubereitungen in pharmazeutischer Qualität zur Behandlung von (chronisch-)entzündlichen Erkrankungen wie Arthritis, Asthma, Darmerkrankungen und Psoriasis gerade in der Apotheke von hohem Interesse. Sie könnten in Zukunft eine phytotherapeutische Alternative zu synthetischen Wirkstoffen darstellen. Die aus verschiedenen Kulturkreisen unabhängig voneinander berichteten und zum Teil auch sehr gut dokumentierten Anwendungserfolge bezüglich der entzündungshemmenden Wirkung des Weihrauchs werden durch jüngere Ergebnisse aus klinischen Studien bestätigt.

 

Caroline Dietrich aus Jena erörterte die Thematik »Phantomschmerz«. 50 bis 89 Prozent aller Extremitätenamputierten leiden mindestens an sporadischen Phantomschmerzen. Sie erläuterte die verschiedenen, individuellen Schmerzempfindungen und Symptome. Eine Heilung dieser Symptome ist meist nicht möglich, was dazu führt, dass Phantomschmerz weiterhin ein Problem ist. Die Mechanismen, die hier zugrunde liegen, sind immer noch nicht ganz geklärt, was die Therapie erschwert.

 

Kopfschmerz und Migräne«

 

Den Abschluss bildete Petra Dietlmeier, Fachapothekerin aus Reutlingen mit dem Thema »Beratungspraxis: Kopfschmerz und Migräne«. Hier ging es um das Thema der Beratungskompetenz – selbst wenn der Kunde »nur« mit Kopfschmerzen kommt und seine regulären Schmerztabletten will. Beratung beginnt hier bei der Dosierungsangabe über die Dauer der Anwendung bis hin zu Nebenwirkungen.

 

Dietlmeier beseitigte einen viel verbreiteten Irrglauben »Kopfschmerz ist Kopfschmerz« – in der Tat gibt es mehr als 220 verschiedene Kopfschmerzvarianten, erörtert durch die IHS (International Headache Society). Nach IHS-Klassifikation werden diese in primäre, sekundäre und neutrale Kopfschmerzen eingeordnet. Zur Diagnose, welche Kopfschmerzen vorliegen, gibt es neben der ärztlichen Diagnose zum Beispiel noch den »Kieler Kopfschmerzfragebogen« oder den Kopfschmerz-Kalender. Die Leitlinien der DMKG (Deutsche Migräne/Kopfschmerz Gesellschaft) geben an, welche Arzneimittel hier angebracht sind. Unterstützend zu den Schmerzmitteln wirken zum Beispiel Entspannung, Wärmetherapie und lokale Hautreizung. Der weitverbreitete Spruch »One apple a day – keeps the doctor away!« beinhaltet hierbei viel Wahres – so befindet sich unter der Schale des Apfels Salicylsäure! Kaffee wiederum kann ebenfalls beginnende Kopfschmerzen bekämpfen, solang er nicht regelmäßig konsumiert wird.

 

Migräne gliedert sich in vier Phasen: die Ankündigung, die Aura, die Kopfschmerzphase und die Erholungsphase. Hierbei rentiert es sich nicht, die Kopfschmerzmittel bereits am Anfang zu nehmen, sondern erst bei Beginn der Kopfschmerzen. Dietlmeier erläuterte die diversen Akuttherapien mit Verweis zu näheren Informationen unter www.dmkg.de.

 

Zu Clusterkopfschmerzen war nur zu sagen, dass diese in die ärztliche Behandlung gehören und die üblichen Kopfschmerzmittel hier überhaupt nicht helfen.

 

Erst die Arbeit, dann das Vergnügen

 

Nach den Vorträgen fand am Folgetag das Kulturprogramm statt. Die Teilnehmer konnten zwischen einer kleinen Stadtführung und einem Sportprogramm auf der Peißnitz wählen. Nach dem Mittagessen hieß es dann für alle wieder, Abschied zu nehmen und sich auf den Heimweg zu begeben. Wir danken an dieser Stelle der Fachschaft Halle für die tolle Organisation und den Dozenten für die sehr interessanten Vorträge. Weiterhin danken wir unseren Sponsoren, ohne die diese Veranstaltung in dieser Form nicht möglich gewesen wäre: Noweda, Stada Arzneimittel, Deutsche Ärzte Finanz, Deutscher Apotheker Verlag, Adexa, Boehringer Ingelheim, Deutsche Apotheker- und Ärztebank, Merck, Gewohl, Bombastus, Dr. Theiss, Schröder Desingverpackung, Dr. Soldan (Emeukal), Apothekerkammer Sachsen-Anhalt. Besonderer Dank auch an die unterstützenden Apotheken aus Halle an der Saale: Apotheke an der Vogelweide, Apotheke am Rathenauplatz, Luther-Apotheke, Riebeck-Apotheke, St. Georg Apotheke, Waisenhaus-Apotheke. / 

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