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Tumortherapie

Den programmierten Zelltod anregen

Datum 15.07.2008  11:24 Uhr

Tumortherapie

<typohead type="3">Den programmierten Zelltod anregen

Von Brigitte M. Gensthaler, München

 

»Wir verstehen heute, was Krebs ist.« Im Tumor herrsche ein Nebeneinander von Tod und Leben, sagt Onkologieprofessor Dr. Klaus-Michael Debatin aus Ulm. Jedoch ist der Ablauf des natürlichen Zelltodprogramms häufig gestört. Ein moderner Ansatz in der Krebstherapie zielt darauf ab, die Apoptose wieder in Gang zu setzen.

 

Nach neuen Erkenntnissen wird Krebs als eine Erkrankung von Genen verstanden, die Wachstum, Differenzierung und Zelltod regulieren, sagte der Kinderonkologe und Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm bei einer Veranstaltung des Komitee Forschung Naturmedizin (KFN) in München. Die Genmutationen führen zu Fehlern in der Produktion der Proteine, die zelluläre Vorgänge regulieren. Dadurch komme es zur Entartung. Ziel sei es, diese genetischen Veränderungen beim Patienten zu identifizieren, um mögliche Zielstrukturen für Therapeutika festgelegen zu können. Er sei sehr hoffnungsvoll bezüglich einer künftigen personalisierten Krebstherapie, sagte Debatin.

 

Damit ein biologisches System im Gleichgewicht bleibt, müssen Zellen nicht nur wachsen und sich differenzieren, sondern auch sterben können. Zellen gehen entweder durch Nekrose oder »natürlichen Zelltod« (Apoptose) zugrunde. Da die Apoptose-Signalwege für ein geregeltes Leben essenziell sind, sind sie in der Evolution in allen Spezies höchst konserviert, erklärte der Arzt. Vor allem auf zwei Wegen kann das Apoptose-Programm angeschaltet werden: durch Bindung von Liganden an sogenannte Todesrezeptoren auf der Zelloberfläche und/oder durch intrazelluläre Signale, die von Mitochondrien ausgehen. Letztlich werden intrazellulär proteolytische Enzyme (Caspasen) aktiviert, die zelluläre Substrate spalten und somit den Zelltod einleiten.

 

In diesem komplexen Prozess wirken viele Substanzen modulierend mit. Beispielsweise bremsen Moleküle aus der IAP-Familie (inhibitors of apoptosis proteins) die Caspasen, während SMAC-Moleküle wiederum die Inhibitoren blocken und damit den Zelltod wieder ermöglichen. Der Todesligand TRAIL (TNF-related apoptosis-inducing ligand) wirkt synergistisch mit SMAC-Peptiden und stößt Apoptose-Prozesse an. Sind IAP überexprimiert, kann SMAC aber nicht wirken: Das Zelltodprogramm bleibt abgeschaltet. In Tumorzellen seien die Aktivierungsmechanismen der Apoptose oft soweit gestört, dass die Zellen kaum noch absterben, erklärte Debatin. So sind IAP-Proteine bei Pankreaskarzinom stark überexprimiert.

 

Man weiß heute, dass die etablierte Chemo- und Strahlentherapie nicht nur als »Hammer« funktioniert, der die Zellen einfach zerstört, berichtete Debatin. Vielmehr lösen die zytotoxischen Therapien zahlreiche zelluläre Vorgänge aus, unter anderem die Aktivierung von Apoptose-Signalwegen. Die Forscher suchen nach neuen Wirkstoffen, die ebenfalls hier eingreifen und die Tumorzelle wieder empfindlicher für Zelltodsignale machen. So werden XIAP-Inhibitoren (XIAP: X-linked inhibitor of apoptosis protein) und der Apoptose-Induktor TRAIL bald in der Klinik erprobt werden, prognostizierte der Onkologe.

 

Einen sensibilisierenden und modulierenden Effekt haben auch manche Naturstoffe. So greife Resveratrol aus den Schalen roter Trauben in einige Zellzykluskaskaden ein und wirke wie ein IAP-Blocker. »Resveratrol hat einen deutlichen Sensitivierungseffekt auf die Zelle«, stellte Debatin fest. Betulinsäure aus Birkenrinde induziere die Apoptose durch direkte Einwirkung auf Mitochondrien, die daraufhin Cytochrom C und reaktive Sauerstoffspezies freisetzen. Diese wiederum aktivieren den nukleären Transkriptionsfaktor NF-κ der die Betulinsäure-induzierte Apoptose unterstützt.

Moderne Arzneistoffentwicklung: Zufallstreffer sind passé

Von Brigitte M. Gensthaler

 

Die ungezielte Einzelsynthese mit »Zufallstreffern« gehört der Vergangenheit an, erklärte Apotheker Professor Dr. Hartmut Morck beim KFN-Pressegespräch. Auch die kombinatorische Chemie, die zu riesigen Stoffbibliotheken führt, sei schon wieder passé.

 

Heute suchten Forscher nach möglichen Zielstrukturen wie Enzymen und Rezeptoren, deren gezielte Modulation den gewünschten Effekt ergeben soll. Anhand der Zielmoleküle entwickeln sie nach dem Prinzip des Molecular Modeling passgenaue Liganden, die dann synthetisiert und klinisch getestet werden, erläuterte der Arzneimittelexperte. Auf diese Weise sei der Output an neuen chemischen Strukturen zwar geringer geworden, die Trefferquote aber deutlich gestiegen. Als Beispiele für »maßgeschneiderte« Arzneistoffe stellte Morck die neuen Antidiabetika Sitagliptin und Vildagliptin sowie den Renin-Inhibitor Aliskiren vor. 

 

Dagegen verfolgt die Ethnobotanik einen anderen Ansatz. Ethnobotaniker fahnden nach Pflanzen, die in der Volksmedizin bestimmter Länder eingesetzt werden, und deren Inhaltsstoffen, erklärte Professor Dr. Michael Heinrich von der School of Pharmacy, Universität London. Ein Paradebeispiel ist Galanthamin aus Schneeglöckchen (Galanthus nivalis). In den 1950er-Jahren begann die Erfolgsstory mit der Suche nach einer Arznei gegen Poliomyelitis. Erst später wurde die Acetylcholin-esterase-inhibierende Aktivität des Naturstoffs entdeckt, der heute bei Alzheimer-Patienten eingesetzt wird.

 

In klinischen Studien befindet sich Peplin (Ingenol-3-angelat), ein ungewöhnlicher Diterpenester aus der gewöhnlichen Gartenwolfsmilch (Euphorbia peplus L.). In der Volksmedizin wurde der Milchsaft auf Keratosen, Warzen und Hautwucherungen aufgetupft. Heute wird Peplin in Phase-II-Studien untersucht, berichtete Heinrich.

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