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Bioethik

Die Stammzell-Streitschrift

17.07.2007  17:10 Uhr

Bioethik

<typohead type="3">Die Stammzellen-Streitschrift

Von Bettina Sauer, Berlin

 

Fünf Jahre nach der Einführung des Stammzellgesetzes veröffentlichte der Nationale Ethikrat dazu eine Stellungnahme ­ oder vielmehr zwei. Selbst intern konnten sich die Ethikexperten nicht einigen. Das Gesetz dürfte weiterhin für politische Debatten sorgen.

 

Mehrheitlich sprach sich der Rat dafür aus, das strikte Stammzellgesetz zu lockern. Doch das betrachten neun der 24 Mitglieder als »ethisch-moralische Aushöhlung«, sagte ihre Sprecherin Professor Dr. Regine Kollek, die an der Universität Hamburg eine Forschergruppe zur Folgenabschätzung der Biotechnologie in der Medizin leitet. Auf der Pressekonferenz am Montag plädierte sie dafür, das Stammzellgesetz nicht zu ändern.

 

Es bildet einen Kompromiss zwischen Forschungsfreiheit und dem Schutz des ungeborenen Lebens. Demnach dürfen embryonale Stammzellen nur dann zu Forschungszwecken nach Deutschland eingeführt werden, wenn sie vor dem 1. Januar 2002 gewonnen wurden. »Diese Stichtagsregelung soll verhindern, dass Embryonen deutschen Experimenten zum Opfer fallen«, sagte Kollek. Weder Embryonenschützer noch Stammzellforscher hielten den Spagat für gelungen. Als ethisch unbedenklichere Alternative führte die Expertin adulte Stammzellen an. Erst diesen Juni erschien im Fachjournal »Nature« eine Studie, wonach sich ausgereifte Bindegewebszellen durch das Einschleusen von vier Genen wieder in embryonale Stammzellen verwandeln. Doch gelang das zunächst nur mit fetalen Mäusezellen ­ von Embryonenschutz also noch keine Spur.

 

»Für eine Spitzenforschung benötigen wir nicht nur adulte, sondern auch nach dem Stichtag gewonnene embryonale  Stammzellen«, sagte Ratsmehrheits-Sprecher Dr. Horst Dreier, Professor für Rechtsphilosophie an der Universität Würzburg. »Ansonsten gerät sie international ins Abseits. Oder sie kommt ganz zum Erliegen.« Deshalb sollten Einzelfallprüfungen an die Stelle der Stichtagsregelung treten. »Sie sollen sicherstellen, dass die Zellen weltweit frei zugänglich sind und weder im deutschen Auftrag noch zu kommerziellen Zwecken erzeugt wurden.« Die Prüfungen könne das Robert-Koch-Institut durchführen. Außerdem möchte die Ratsmehrheit die Strafandrohung gegen deutsche Forscher abschaffen, die sich im Ausland an Stammzellversuchen beteiligen. Ferner will sie den Einsatz embryonaler Stammzellen für die Diagnose und Behandlung von Krankheiten erlauben.

 

»Diese Empfehlung degradiert Embryonen zum therapeutischen Rohstoff«, kritisierte Kollek. »Genau das soll doch das Stammzellgesetz verhindern.« Einzelprüfungen hält sie ­ wie auch Stichtagsverschiebungen ­ für »Scheinlösungen«: »Bevor man sich darauf einlässt, sollte man das Embryonenschutzgesetz selbst neu diskutieren.« Vielleicht sei dann sogar zu erwägen, Embryonen, die nicht mehr zur künstlichen Befruchtung benötigt werden, für die Forschung freizugeben. »Dann stünden wir auch nicht mehr unter dem Vorwurf der Doppelmoral«, sagte sie, »demzufolge wir von der weltweiten Wissenschaft profitieren, ohne uns selbst die Hände schmutzig zu machen.« 

 

»Unsere kontroversen Empfehlungen in dieser heiklen Frage spiegeln die unterschiedlichen ethischen Zugangsmöglichkeiten«, bilanzierte Kristiane Weber-Hassemer, Juristin, ehemalige Staatssekretärin und Ratsvorsitzende. »Wir hoffen, damit Widerhall in der politischen Diskussion zu finden.« Regierung und Bundestag sind nicht verpflichtet, Konsequenzen aus den Empfehlungen des Rates zu ziehen. Doch hat seine Streitschrift schon fraktionsübergreifende Diskussionen ausgelöst. Nach der Sommerpause dürfte das Stammzellgesetz und seine mögliche Reform den Bundestag beschäftigen.

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