Pharmazeutische Zeitung online
Duogynon-Klage

Bayer verliert gegen Bayer

10.07.2012  18:29 Uhr

Von Annette Mende / Ein Lehrer aus Bayern ist vor Gericht mit einer Klage gegen den Pharmahersteller Bayer gescheitert. Der körperbehinderte Mann hatte von der Firma Schadenersatz gefordert, weil er glaubt, dass sein Geburtsfehler durch ein Hormonpräparat ausgelöst wurde. Mit der Frage, ob Hormone teratogen wirken können, befasst sich zurzeit auch das Bundes­institut für Arzneimittel und Medizinprodukte.

Der im Jahr 1976 geborene André Sommer macht Bayer als Rechtsnachfolger der Firma Schering verantwortlich für seinen Geburtsfehler, den seiner Meinung nach das von Schering vermarktete Hormonpräparat Duogynon® verursacht hat. Duogynon war von 1950 bis 1980 als ölige Lösung mit 20 mg Progesteron und 2 mg Estradiolben­zoat pro ml sowie als Dragees mit 10 mg Norethisteronacetat und 0,02 mg Ethinylestradiol pro Stück auf dem Markt. Das Präparat war zugelassen zur Behandlung der sekundären Amenorrhö und als Schwangerschaftstest.

Die Mutter Sommers hatte Duogynon als Schwangerschaftstest eingenommen, während sie mit ihm schwanger war. Er leidet seit seiner Geburt unter einer sogenannten Blasenekstrophie. Aufgrund dieser Fehlbildung musste er sich zahlreichen Operationen unterziehen und ist dauerhaft auf eine künstliche Harnableitung (Stoma) angewiesen.

 

Das Landgericht Berlin wies am Freitag Sommers auf Zahlung von Schmerzensgeld und Feststellung einer weitergehenden Haftung gerichtete Klage ab. Bei der Urteilsverkündung wies der Richter darauf hin, dass mögliche Ansprüche des Klägers verjährt seien. Sowohl laut Arzneimittelgesetz in seiner alten Fassung als auch laut Bürgerlichem Gesetzbuch verjähren Schadenersatzansprüche in dreißig Jahren von dem schädigenden Ereignis an. Bereits im vergangenen Jahr hatte eine andere Kammer desselben Gerichts eine Auskunftsklage Sommers ebenfalls unter Hinweis auf Verjährung abgewiesen.

 

Abgesehen von der formalen Frage der Verjährung weist Bayer die Verantwortung für die Missbildungen auch inhaltlich zurück. In einer schriftlichen Stellungnahme, die der Pharmazeutischen Zeitung vorliegt, betont das Unternehmen, dass kein ursächlicher Zusammenhang zwischen Duogynon und den diskutierten Fehlbildungen bestehe. Nachdem Ende der 1960er-Jahre Bedenken gegen die Sicherheit von Duogynon geäußert worden waren, sei das Präparat erneut zahlreichen Prüfungen im In- und Ausland unterzogen worden.

 

Ermittlungen eingestellt

 

Ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren gegen Schering sei 1980 eingestellt worden, da sich der Verdacht fruchtschädigender Wirkungen von Duogynon nicht bestätigte. Es seien keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse bekannt, die die Gültigkeit der damaligen Bewertung infrage stellen würden. Weitere Auskünfte über das Präparat, etwa zum Wirkmechanismus als Schwangerschaftstest oder zu den Gründen für die Marktrücknahme, wollte Bayer der PZ auf Nachfrage nicht erteilen.

 

Der Prozess Sommers gegen das Pharmaunternehmen war im Vorfeld von einigen Publikumsmedien als »Kampf Davids gegen Goliath« inszeniert worden. Schnell wurden Vergleiche mit dem Arzneimittelskandal um das Schlafmittel Thalidomid (Contergan®) gezogen. Solche Schlagzeilen lassen zweifellos eine wissenschaftliche Grundlage vermissen. Dennoch stellt sich die Frage, wie das Hormonpräparat Duogynon die Missbildungen, für die es verantwortlich gemacht wird, hätte auslösen können.

 

Nach einer Antwort auf diese Frage sucht zurzeit das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Wie die PZ von einem Sprecher des Instituts erfuhr, erfasst und prüft das BfArM weiterhin Berichte über Verdachtsfälle von Nebenwirkungen im Zusammenhang mit der seinerzeitigen Anwendung von Duogynon. »Zusätzlich zu unseren Bewertungen haben wir eine externe fachliche Stellungnahme zu den uns bisher circa 350 vorliegenden Fallberichten und zum heutigen wissenschaftlichen Kenntnisstand über Schädigungen von Ungeborenen nach Anwendung von Estrogenen/Gestagenen in der Frühschwangerschaft angestoßen«, sagte der Sprecher. Diese Stellungnahme werde dem BfArM voraussichtlich in Kürze zur Verfügung stehen. /

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.
THEMEN
Bayern

Mehr von Avoxa