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BDI

Industrie beklagt Regulierungswut

12.07.2011  15:27 Uhr

Von Werner Kurzlechner, Berlin / FDP-Politiker müssen sich arg winden, um einen Einklang ihrer gesundheitspolitischen Maßnahmen mit der Wettbewerbsdoktrin der Partei zu konstruieren. Der Vorwurf von Industrie und Kassen: Zuletzt herrschte mehr Regulierungswut denn je.

Ein Gefecht »mit gleich langen Spießen«, das hört sich nach offenem und fairem »Wettbewerb« an. Man stelle sich bildlich zwei Fechter auf der Planche vor – eine sportliche und spannende Angelegenheit. Ulrike Flach (FDP), Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, bemühte die gleich langen Spieße vergangene Woche in Berlin bei einer Veranstaltung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) wieder einmal als Bild für die Umsetzung des Wettbewerbsgedankens im Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) durch Preisverhandlungen zwischen Herstellern und Krankenkassen.

Wettbewerb – das ist bekanntlich liberales Credo, seine Realisierung auch im Gesundheitswesen die Erwartung so mancher FDP-Wähler. Während der Diskussion im Hotel Adlon, wo vergangenes Jahr noch FDP-Gesundheitsminister Philipp Rösler mit einer flotten Grundsatzrede die BDI-Mitglieder begeisterte und wohin sein Nachfolger Daniel Bahr (FDP) nun seine Staatssekretärin schickte, gewann man indes den Eindruck, dass dieser Begriff der FDP derzeit von allen Seiten um die Ohren fliegt.

 

Stichwort AMNOG und »gleich lange Spieße«. Industrievertreter wie Dr. Hagen Pfundner, Vorstandsmitglied bei Roche Pharma Deutschland, erinnerten daran, dass aus ihrer Sicht von gleichen Waffen nicht die Rede sein könne, da man als einzelner Hersteller dem GKV-Spitzenverband – ergo dem »Nachfragemonopol der Krankenkassen« – gegenübersitze. Ein Zugeständnis an den Koalitionspartner, hielt Flach entgegen, ehe sie konzedierte: Wenn die Spieße sich doch als nicht gleich lang entpuppen sollten, werde die Regierung handeln. Das werde man auch, wenn Informationsfluss und Kommunikation in den Verfahren zur frühen Nutzenbewertung nicht funktionierten.

 

Von BDI-Seite war zuvor fehlende Transparenz des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) und des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) moniert worden.

 

Hürden für Innovationen

 

Grundsätzlich kritisierte Dr. John C. Lechleiter, Vorstandschef von Eli Lilly & Company, die durch das AMNOG geschaffenen Hürden für Innovationen. So wäre das Neuroleptikum Zyprexa, einer der Hauptumsatzbringer seines Unternehmens, unter AMNOG-Bedingungen mutmaßlich als Nachahmerpräparat eingestuft worden und nicht auf den Markt gekommen. »In keinem Land der Welt bestehen vergleichbare Vorgaben«, schimpfte Lechleiter und äußerte Sorge um Deutschland als international drittgrößten Pharmamarkt. Gleichwohl werde auch Eli Lilly mit den Gegebenheiten leben und umgehen müssen, sagte Lechleiter. Sehr amerikanisch klang am Ende sein Plädoyer für mehr Vertrauen zwischen Politik und Wirtschaft, die doch die gemeinsamen Feinde Krankheit und Tod hätten, und für einen ständigen Dialog, wie es ihn in Ländern wie Australien oder Spanien gebe.

Pfundner ging ebenfalls ins Grundsätzliche: »Sie sprechen von Wettbewerb«, adressierte er die Staatssekretärin. »Aber die Regulierungswut der vergangenen Monate hat uns Wettbewerbselemente genommen.« Er nannte als Beispiele aus dem Jahr 2010 Preismoratorium und Zwangsrabatte. Im Arzneimittelmarkt reduziere sich der Wettbewerb inzwischen auf das Feld der Rabatte.

 

Beide Maßnahmen rechtfertigte Flach als Ausfluss akut gebotener Kostendämpfung: Altlasten, an denen schweren liberalen Herzens kein Weg vorbeiführte. Messen lassen wolle man sich als Hüterin des Wettbewerbs hingegen an den Strukturgesetzen wie dem AMNOG und dem geplanten Versorgungsstrukturgesetz. Auch hier ist der Gegenwind indes beträchtlich und kommt von allen Seiten.

 

»Mein Vorschlag ist, den Entwurf noch einmal grundsätzlich zu diskutieren«, sagte Dieter Schweer, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung. »Es darf kein weiterer Marsch in die Planwirtschaft stattfinden.« Flach entgegnete, dass das Versorgungsproblem im ländlichen Raum eben nicht ohne Planungselemente zu lösen sei.

 

Neben Anreizen – sprich Honorarerhöhungen – bei der vertragsärztlichen Vergütung setze man auf eine regionale und flexible Ausgestaltung bei der Bedarfsplanung. Die Staatssekretärin räumte eigene Skepsis ein angesichts der starken Rolle, die Bundesländer und Kommunen dabei spielen sollen. »Aber die Länder haben eben ihre Ansprüche«, so Flach. Für Professor Dr. Herbert Rebscher, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK), stellen die geplanten Kompetenzen für die Länder indes ein Musterbeispiel verunglückter Reformen dar. »Wir schreiben Wettbewerb über ganz plumpe Regulierung«, wetterte der DAK-Chef. »Der Begriff muss eigentlich vor politischer Verwendung geschützt werden.«

 

Verunglückt sei auch der Versuch, über Zusatzbeiträge den Wettbewerb der Kassen zu stimulieren. Aus Angst vor den Reaktionen der Versicherten würden Kassen lieber Beratungsleistungen einsparen als einen Zusatzbeitrag erheben. Das Instrument habe auch wegen Verschuldens der Politik einen »diskriminierenden Charakter« erhalten, so Rebscher. /

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