Cremen und Rotlicht helfen bei Hautkrebs |
04.07.2006 14:15 Uhr |
<typohead type="3">Cremen und Rotlicht helfen bei Hautkrebs
von Dietrich Abeck und Sabine G. Plötz, München
Bestimmte Krebsvorstufen wie die aktinische Keratose (AK) treten bevorzugt im Gesicht und an den Ohrmuscheln auf. Das Risiko, dass aus einer AK ein Karzinom entsteht, beträgt bis zu 16 Prozent innerhalb von zehn Jahren. Dies macht die Notwendigkeit einer adäquaten Behandlung deutlich.
Die aktinische Keratose ist eine durch chronische Lichtschädigung verursachte (»aktinisch«) Hautveränderung, die bösartig entarten und zu Hautkrebs führen kann. Sie tritt vor allem bei Menschen in der zweiten Lebenshälfte an Stellen auf, die besonders häufig dem Sonnenlicht ungeschützt ausgesetzt waren. Dazu zählen zum Beispiel Gesicht, Handrücken, Stirn, Glatze, Nase und Ohr. Die Behandlung der Erkrankung hängt jeweils vom klinischen Bild, der Lokalisation und der technischen Ausstattung ab. Prinzipiell sind die verschiedenen Therapieverfahren als gleichwertig einzustufen. Tabelle 1 stellt sinnvolle Behandlungsoptionen in Abhängigkeit vom Ausdehnungsgrad dar.
einzelne Läsionen (< 10) | multiple Läsionen (> 20) | |
---|---|---|
Exzision | + | - |
Kürrettage | + | (+) |
Kryotherapie | + | (+) |
Diclofenac-Natrium | + | - |
Podophyllin | + | - |
5-Fluorouracil | + | + |
Imiquimod | + | (+) |
Laser (CO2/Er:YAG) | + | + |
PDT | (+) | + |
Topische Therapie: effektiv, aber teuer
Zur lokalen Behandlung der Hyperkeratose werden verschiedene Wirkstoffe eingesetzt. Konsequent angewendet, führen sie meist zu guten Behandlungsergebnissen, sind aber teuer. Nicht alle Ansätze werden von den Kassen erstattet. Zur Lokalbehandlung ist zum Beispiel eine 3-prozentige Diclofenac-Natrium-Zubereitung in Gelfom (Solaraze® Gel) zugelassen. Das Gel erfüllt die international akzeptierten Effektivitätskriterien mit einer Abheilungsrate aller Läsionen von mehr als 75 Prozent. Es wird zweimal täglich appliziert. Eine aktuelle Metaanalyse ergab nach einer durchschnittlichen Behandlungszeit von 75 Tagen bei 42 von 106 Patienten (39,6 Prozent) eine vollständige Abheilung der Zielläsionen. Für einzelne, wenig infiltrierte Läsionen stellt diese Behandlungsform eine mögliche Therapieoption dar. Vorteil dieser Behandlung ist das sehr gute kosmetische Ergebnis. Typische Nebenwirkungen sind Irritationen im Applikationsgebiet, die jedoch in der Regel nicht zum Therapieabbruch führen. Für die Behandlung großflächiger Areale ist nicht zuletzt der hohe Preis limitierend. Zudem ist auf Grund der erforderlichen langen Behandlungsdauer eine hohe Patientencompliance wichtig.
Die AK ist eine Hautkrebs-Vorstufe und entsteht als Folge der Proliferation atypischer Keratinozyten in chronisch UV-geschädigter Haut. Initial tritt sie häufig als tastbare, kaum sichtbare Keratose mit leichter Rötung auf. Histologisch stellt die AK ein In-situ-Karzinom dar. In Deutschland sind etwa zehn Millionen Menschen betroffen.
Im Gegensatz zu Diclofenac-Natrium ist Imiquimod (Aldara®) für die Behandlung aktinischer Keratosen noch nicht zugelassen. Der Wirkstoff hat jedoch bereits eine Zulassung für die Therapie oberflächlicher Basaliome. Imiquimod löst eine antitumorale zelluläre Immunantwort aus; zudem induziert es die Apoptose. Beide Mechanismen wirken vermutlich synergistisch.
Doppelblindstudien belegen die Wirksamkeit von Imiquimod: 16 Wochen lang, jeweils dreimal wöchentlich über Nacht topisch appliziert, bewirkte der Immunmodulator eine vollständige, histopathologisch nachgewiesene Abheilung bei 57 Prozent der 286 Patienten. Die Behandlung kann ebenso wie die mit der Diclofenac-Zubereitung zu Hause durchgeführt werden. Das Entzündungspotenzial ist wesentlich höher als das von Diclofenac, das kosmetische Ergebnis vergleichbar gut. Für die Behandlung großflächiger Areale ist analog zu Diclofenac nicht zuletzt der hohe Preis eine limitierende Größe.
5-Fluorouracil gehört zum Standard
Neben der Kryotherapie (siehe Kasten) gehört die topische Applikation des Zytostatikums 5-Fluorouracil in einer 5-prozentigen Salbengrundlage (Efudix®) zu den etablierten Therapien. Die Wirkung beruht auf einer Blockade der Methylierungsreaktion von Desoxyuridinsäure zu Thymidinsäure und somit auf einer Beeinflussung der DNA-Synthese. Unter dem Einfluss von 5-Fluorouracil kommt es zu einer Thymindefizienz der Zelle; sie stirbt ab.
Bei der ablativen Behandlung aktinischer Keratosen werden die Hautveränderungen operativ durch Kürettage, Lasereinsatz oder Kryotherapie abgetragen.
Kürettage: Mittels einer Ringkürette ist die oberflächliche Abtragung einzelner aktinischer Keratosen in örtlicher Betäubung problemlos möglich. Ein Vorteil dieses Verfahrens ist die Möglichkeit, Gewebe für die feingewebliche Untersuchung zu gewinnen. Es resultiert eine Schürfwunde, die unter antiseptischer Behandlung in der Regel innerhalb von zwei bis drei Wochen abheilt.
CO2/Er:YAG-Laser: Es kommt zu einer oberflächlichen Hautabtragung, die aber im Gegensatz zur Kürettage kein Material zur Gewebeuntersuchung liefert. Vorteil beim Einsatz von Scannern ist die gleichmäßigere Abtragung. Der Heilungsverlauf entspricht dem der Kürettage.
Kryotherapie: Der Einsatz von flüssigem Stickstoff ist die häufigste ablative Therapieform. Die mehrfache Anwendung im Abstand von zwei bis vier Wochen zeigt gute Behandlungsergebnisse.
Die Substanz wird in der Regel über drei Wochen jeweils zweimal täglich eingesetzt. Auch die einmal tägliche Applikation über Nacht ist möglich. Zu beobachten ist eine sehr ausgeprägte Entzündungsreaktion, die auch exsudativ verlaufen kann. Sie scheint jedoch für die Effizienz der Behandlung entscheidend zu sein, was eine aktuelle Studie belegt: Die über drei Monate, jeweils einmal wöchentlich durchgeführte Applikation von 5-Fluorouracil führte im Gegensatz zur kontinuierlichen, zweimal täglich über drei Wochen durchgeführten Applikation zwar zu einer signifikanten Reduktion der Entzündung, jedoch auch zu signifikant geringeren Abheilungsraten. Nachteile dieses Therapieverfahrens sind die Schmerzhaftigkeit und bei großflächiger Applikation das lange Zeitintervall, in dem die Patienten allenfalls eingeschränkt einsatzfähig sind.
Phytopharmaka fast obsolet
Als Phytopharmakon zur Behandlung aktinischer Keratosen ist der Extrakt aus Podophyllum peltatum (Nordamerika) oder Podophyllum emodi (Indien) bekannt. Podophyllin wurde lange in 10- bis 25-prozentigeriger Konzentration (gelöst in absolutem Alkohol oder Tinctura benzoes) eingesetzt. Die Läsionen wurden betupft und die Substanz nach rund sechs Stunden abgewaschen. In der Regel waren drei bis vier Behandlungen im Abstand von zwei bis vier Wochen notwendig.
Auf Grund negativer Bewertung, vor allem durch das Auftreten toxischer Reaktionen und wirksamerer, nebenwirkungsärmerer Alternativen, wird diese Substanz heute nur noch selten eingesetzt. Für die photodynamische Therapie zur Behandlung nicht-hyperkeratotischer aktinischer Keratosen steht in Deutschland ein topisch applizierbarer Methylester (Methyl-5-amino-4-oxo-pentanoat) der 5-Aminolävulinsäure zur Verfügung (Metvix®). In den Tumorzellen kommt es zu einer Anreicherung des Esters, der in einen starken Photosensibilisator umgewandelt wird. Unter Lichtexposition entwickelt dieser eine zytotoxisch wirksame photodynamische Reaktion, die eine starke Entzündung auslöst. Das kosmetische Langzeitergebnis ist sehr gut. Die Wirksamkeit der photodynamischen Therapie ist mit den anderen Therapieverfahren vergleichbar.
Durch regelmäßige Applikation von Sonnenschutzmitteln mit ausreichendem UV-Schutz ist eine Abheilung bestehender aktinischer Keratosen möglich. Zudem wird ihre Neubildung verzögert. Zu diesem Ergebnis kommt eine placebokontrollierte Studie mit mehr als 500 Über-40-Jährigen. Bei ihnen wurde ein Sonnenschutz mit Lichtschutzfaktor (LSF) 17 eingesetzt.
In den Monaten März bis Oktober sollten Patienten mit aktinischen Keratosen daher, unabhängig von der durchgeführten Behandlung, im Bereich der lichtexponierten Areale regelmäßig Lichtschutzpräparate mit mindestens LSF 15 anwenden.
Nach Kürettage (oberflächliche Abtragung mit Hilfe einer Kürette) von hyperkeratotischen Anteilen wird der Ester appliziert und anschließend das betroffene Areal mit Alufolie lichtdicht abgedeckt. Nach dreistündiger Einwirkzeit erfolgt die Bestrahlung mit Licht im Bereich der Soret-Bande des Porphyrins (405 nm). Eine Tube Metvix mit 2 g Inhalt reicht bei einer erwünschten Schichtdicke von circa einem Millimeter für eine Fläche von rund 20 cm2. Die Bestrahlung ist zum Teil sehr schmerzhaft. Daher ist während der Behandlung eine permanente Kühlung über Ventilatoren und mittels Kryogeräten unerlässlich. Die photodynamische Therapie eignet sich sehr gut für die Behandlung großflächig veränderter Areale. Im Vergleich zur Behandlung mit 5-Fluorouracil wird von vielen Patienten die Verkürzung der Schmerzperiode und der Therapiedauer positiv bewertet.
Die photodynamische Therapie gehört derzeit nicht zum Leistungskatalog der Krankenkassen und muss von den Patienten selbst bezahlt werden. Tabelle 2 zeigt vergleichend für die einzelnen Therapieverfahren die Faktoren Schmerzhaftigkeit, Zeit- und Kostenintensität.
Schmerzhaftigkeit | Zeitlicher Aufwand in der Praxis | Kosten | |
---|---|---|---|
Exzision | gering | 30 min | ++ |
Currettage | gering | 15 min | + |
Kryotherapie | gering | 5 min | + |
Diclofenac-Natrium | gering | - | + |
5-Fluorouracil | stark | - | + |
Imiquimod | stark | - | ++ |
Laser (CO2/Er:YAG) | gering | 15 min | ++ |
PDT | stark | 4 h | +++ |
... bei den Verfassern
Für die Verfasser:
Professor Dr. Dietrich Abeck
Dermatologisches Zentrum München-Harlaching
Telefon (0 89) 64 65 99, Fax (0 89) 64 65 01