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500 Millionen Euro und weitere Grausamkeiten für Apotheker

04.07.2006  09:48 Uhr

Hintergrund

<typohead type="3">500 Millionen Euro und weitere Grausamkeiten für Apotheker

von Daniel Rücker, Eschborn

 

Die Regierung zeigt sich zufrieden mit ihrem Reformversuch. Die meisten Apotheker sehen dies anders. Erneut hat der Staat massiv in die Arzneimittelversorgung eingegriffen und den Apothekern die Haftung für erhoffte Einsparungen aufgezwungen.

 

Eine Bewertung der Reform ist aktuell kaum möglich. Zu vage, zum Teil widersprüchlich oder mit bereits bestehenden Gesetzen nicht in Einklang zu bringen sind viele Regelungen. Vor allem das vor zwei Monaten mit dem AVWG in Kraft getretene Rabattverbot macht es Apothekern schwer, die von der Regierung geforderten Rabatte bei der Industrie zu erzielen. Sicher ist nur eines: Die Eckpunte machen den Apothekern das Arbeiten nicht einfacher.

 

Höchstpreisvereinbarung: Gravierend ist sicherlich die Umstellung der Arzneimittelpreisverordnung auf eine Höchstpreisverordnung. Apotheker sollen danach mit der Pharmaindustrie Preise aushandeln. Die entsprechenden Verträge müssen gegenüber den Krankenkassen offen gelegt und die Preisvorteile an die Kassen weitergegeben werden. Auf diese Weise müssen im nächsten Jahr 500 Millionen Euro eingespart werden. Gelingt dies nicht, wird der Zwangsrabatt der Apotheken an die Krankenkassen um den Differenzbetrag erhöht.

 

Unklar ist, wie das Gesetz mit dem im AVWG enthaltenen Rabattverbot in Einklang gebracht werden kann. In einer Klarstellung des Ministeriums wurde das Naturalrabattverbot auf den Bereich der Arzneimittelpreisverordnung beschränkt.

 

Sonderregelungen: Außerdem dürfen Krankenkassen für die Belieferung von Arztpraxen mit Arzneimitteln und bei Rezepturen Sonderregelungen abweichend von den Arzneimittellieferverträgen vereinbaren. Das dürfte vor allem bei Zytostatika-Zubereitungen eine Rolle spielen.

 

Ausschreibungen: Weitere Einsparungen erhofft sich die Regierung durch die Regelung, dass Kassen mit der Industrie über Ausschreibungen Sonderpreise bei einzelnen Wirkstoffen oder Präparaten vereinbaren dürfen. Verträge über das gesamte Sortiment eines Herstellers sind nicht erlaubt.

 

Auseinzeln: Die Verschreibung von einzelnen Tabletten soll erleichtert werden. Pharmaunternehmen sollen Großpackungen oder Bulkware in die Apotheken liefern. Wird Bulkware in die Apotheke geliefert, muss diese nach AMG zugelassen sein.Die Ärzte sollen Anreize für die Verordnung von kleinen Mengen erhalten. Die Vergütung der Apotheken für die Abgabe von Kleinstmengen soll noch geregelt werden. Ergänzend plant die Bundesregierung eine arzneimittelrechtliche Regelung für die Gebrauchsinformation für das ausgeeinzelte Medikament.

 

Innovative Arzneimittel: Das Institut für Wirtschaftlichkeit und Qualität im Gesundheitswesen (IQWiG) darf in Zukunft auch Kosten-Nutzen-Bewertungen von Arzneimitteln vornehmen. Damit soll der therapeutische Nutzen einer Therapie ermittelt werden. Verglichen werden dabei nicht nur medikamentöse Therapien, sondern auch Arzneimittel mit anderen Behandlungsformen. Die Entscheidung über eine Erstattung trifft weiterhin der Gemeinsame Bundesausschuss. Innovative Arzneimittel bleiben weiterhin von Festbeträgen verschont. Allerdings sollen für sie »angemessene Erstattungshöhen in der GKV« ermittelt werden. Grundsätzlich bleibt es dabei, dass ein in den Markt eingeführtes, zugelassenes Arzneimittel auch zu Lasten der GKV verordnet werden darf.

 

Allerdings darf dies in Zukunft nicht mehr jeder Arzt. Die Bundesregierung hat sich nämlich darauf geeinigt, dass neue und besonders teure Arzneimittel nur noch in Abstimmung mit einem Spezialisten verordnet werden dürfen. Wie sich Hausarzt, Spezialist und Krankenkasse einigen, hat die Regierung offen gelassen. Das soll die Selbstverwaltung klären.

 

Pharmaberater: Die rund 15.000 Außendienstler in der pharmazeutischen Industrie müssen sich wieder auf ihre eigentliche Aufgabe beschränken und Ärzte über die Medikamente des Unternehmens informieren. Sie dürfen nicht mehr mit Hilfe aufbereiteter Apotheken- und Großhandelsumsatzdaten steuernd in das Verordnungsverhalten der Ärzte einzugreifen.

 

Angebrochene Arzneipackungen: Nach dem Willen von Union und SPD sollen angebrochene Arzneimittelpackungen von verstorbenen Heimbewohnern an andere Patienten weitergegeben werden dürfen. Voraussetzung ist, dass Abgeber und Empfänger der angebrochenen Packungen in einer Gemeinschaftseinrichtung mit zentraler Arzneimittelbevorratung untergebracht sind, beziehungsweise waren.

 

Weitere Regelungen

 

Kassenfusionen: Neben den für die Arzneimittelversorgung unmittelbar relevanten Vorschlägen hat die Bundesregierung in ihren Eckpunkten auch die generelle Öffnung aller Krankenkassen für alle Versicherten beschossen. Zudem können Kassen jeder Art miteinander Fusionieren. Wettbewerbsschützer und Aufsichtsbehörden müssen die Fusionen genehmigen.

 

Gesundheitsfonds: Ebenfalls beschlossen wurde der Gesundheitsfonds, mit dem die Finanzierung der Krankenkassen neu geregelt wird. Er soll 2008 eingeführt werden. In einem zentralen Geldpool werden die Beiträge der Mitglieder und Arbeitgeber sowie Steuermittel eingesammelt. Die Verteilung bleibt wie bisher. Die Kassen erhalten für jeden Versicherten einen Einheitsbetrag. Hat eine Kasse besonders viele ältere und/oder kranke Versicherte, kann sie einen Zusatzbetrag bekommen. Kommt eine Kasse mit dem Geld nicht aus, muss sie einen zusätzlichen Beitrag von ihren Mitgliedern erheben. Ab 2008 sollen kontinuierlich steigende Steuerzuschüsse in den Fonds fließen: Im ersten Jahr 1,5 Milliarden Euro, 2009 dann 3 Milliarden. Dies soll mit Einsparungen aus dem Bundeshaushalt und ohne Steuererhöhungen gegenfinanziert werden. Langfristig soll der Steuerzuschuss die gesamten Kosten der Kinderversicherung decken. Unklart ist, ob auch die privatversicherten Kinder über Steuermittel finanziert werden. Aus den Eckpunkten geht dies nicht eindeutig hervor. Wahrscheinlich bleiben diese Kinder außen vor, weshalb die PKV bereits Klagen angekündigt haben.

 

Private Krankenversicherung: Die privaten Krankenversicherungen sollen erhalten, aber in die Reform einbezogen werden. Künftig müssen sie alle Versicherungswilligen aufnehmen. Per Gesetz soll garantiert werden, dass Versicherte bei einem Wechsel ihre Altersrückstellungen mitnehmen können. Direkt in den Fonds einzahlen sollen die privaten Krankenversicherungen nicht. Sie werden sich aber über den steigenden Steuerzuschuss an der Finanzierung der GKV beteiligt.

 

Ärztliche Vergütung: Die Ärzte werden in Zukunft wieder in Euro statt mit Punkten bezahlt. Vorgesehen sind für Fachärzte und Hausärzte unterschiedlich ausgestaltete Pauschalen, die mit wenigen Einzelvergütungen kombiniert werden. So soll dem Arzt mehr Planungssicherheit gegeben und Anreize zur Erbringung unnötiger Leistungen genommen werden. Genommen wird den Ärzten auch das Morbiditätsrisiko. Es geht an die Krankenkassen.

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