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α-Strahler

Kurzstreckenwaffe gegen Krebs

26.06.2018  17:39 Uhr

Von Annette Mende, Berlin / Radioaktive α-Strahlung ist hoch­wirksam gegen Krebszellen, hat aber nur eine sehr kurze Reichweite. Eine Möglichkeit, sie an ihr Ziel zu lotsen, ist die Kopplung an ­Antikörper. Daran arbeitet zurzeit die Firma Bayer, die mit ­Radium-223 (Xofigo®) seit fünf Jahren einen α-Strahler im Markt hat.

Der Unterschied zwischen α- und β-Strahlern ähnelt dem zwischen Sprintern und Marathonläufern: α-Strahler sind deutlich kräftiger, dafür geht ihnen auf längeren Distanzen die Puste aus. »α-Strahlung induziert Doppelstrangbrüche, wenn sie auf DNA trifft. Durch β-Strahlung kommt es dagegen häufiger zu Einzel- als zu Doppelstrangbrüchen«, sagte Dr. Arne Scholz von der Firma Bayer bei einer von seinem Arbeitgeber organisierten Pressekonferenz in Berlin.

 

Effektive DNA-Schädigung

 

Doppelstrangbrüche seien teilweise ­direkt letal, in jedem Fall aber für die Zelle viel schwieriger zu reparieren als Einzelstrangbrüche. α-Strahler brauchten daher im Schnitt nur einen bis fünf DNA-Treffer, um den Zelltod zu induzieren, β-Strahler 100 bis 3000. Die Reichweite von α-Strahlern liege dagegen mit 50 bis 80 µm (zwei bis zehn Zelldurchmesser) deutlich unter der von β-Strahlern mit 0,5 bis 12 mm (50 bis 3000 Zelldurchmesser). Ihre zerstörerische Kraft entfalten α-Strahler außerdem nur gegenüber biologischen Geweben; schon durch ein Blatt Papier lassen sie sich abschirmen.

 

Diese Eigenschaften machen α-Strahler zur idealen Waffe gegen Krebs, wenn es gelingt, sie nah genug an die ­Krebszellen heranzuführen. Beim Radium-223 ist die Lotsenfunktion durch die strukturelle Ähnlichkeit mit Calcium – beides sind Erdalkalimetalle – quasi von Natur aus eingebaut. Calcium steht in der zweiten Hauptgruppe des Periodensystems drei Elemente über ­Radium. Im menschlichen Körper wird Radium daher wie Calcium verwendet, nämlich vor allem zum Aufbau von Knochen.

 

Bei Prostatakrebs sind Metastasen sehr häufig in den Knochen zu finden. Die betroffenen Areale zeichnen sich durch einen besonders hohen Knochenstoffwechsel aus, weshalb Radium-223 bevorzugt in Metastasen eingebaut wird. »Die α-Strahlen treffen daher vor allem Tumorzellen und Tumor-fördernde Osteoblasten«, sagte Scholz. Folgerichtig ist Xofigo zur Behandlung von Prostatakrebs-Patienten mit Knochenmetastasen ohne bekannte viszerale Metastasen zugelassen.

 

Radium-223 hat eine Halbwertszeit von 11,4 Tagen. Damit es im Patienten noch ausreichend lange wirken kann, muss es spätestens drei Tage nach der Herstellung verabreicht werden. Die Produktion erfolgt laut Scholz weltweit an zwei Standorten in Norwegen und den USA. Radium-223 wird dabei über die Zwischenstufe Thorium-227 aus Actinium-227 gewonnen.

 

α-Strahler plus Antikörper

 

Die Zwischenstufe ist interessant, denn auch sie könnte sich therapeutisch nutzen lassen. »Thorium-227 ist ein α-Strahler, den man an Antikörper koppeln kann«, informierte Scholz. Bayer verfolge derzeit diesen Ansatz mit dem Anti-CD22-Antikörper Epratuzumab, dem Anti-MSLN-Antikörper Anetumab, einem noch namenlosen Anti-PSMA-Antikörper und dem Anti-HER2-Antikörper Trastuzumab, jeweils gebunden an Thorium-227. Alle diese Konjugate befinden sich aber noch in relativ frühen Entwicklungsstadien.

 

Relativ viel Erfahrung besteht dagegen mit Radium-223, denn es ist mittlerweile seit fünf Jahren verfügbar. Sein positiver Effekt auf das Gesamtüberleben habe sich in der Praxis ebenso bestätigt wie die Sicherheit, sagte Professor Dr. Thomas Steuber, Leitender Arzt der Martini-Klinik in Hamburg. Mit einer Ausnahme: In einer klinischen Studie traten unter Radium-223 in Kombination mit Abirateronacetat und Prednison/Prednisolon vermehrt Knochenbrüche und Todesfälle auf, sodass die Studie entblindet und eine entsprechende Kontraindikation in die Fach­information aufgenommen wurden.

 

Nach den Gründen für diesen unerwünschten Effekt werde derzeit gesucht, so Steuber. In der zugelassenen Indikation sei Xofigo aber sicher. Er riet dazu, mit der Therapie nicht zu lange zu warten, da Patienten sie in weit fort­geschrittenen Krankheitsstadien meistens nicht mehr so gut vertragen und weniger stark profitieren. »Der Therapieeffekt geht verloren, wenn man zu spät startet«, sagte der Urologe. /

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