Neue Daten belegen Nutzen |
25.06.2014 09:37 Uhr |
Von Annette Mende / Kann das Mammografie-Screening Leben retten oder überwiegen aufgrund falsch-positiver Befunde die Risiken den Nutzen der Früherkennungsuntersuchung? Nach zuletzt negativen Studienergebnissen aus Kanada haben jetzt norwegische Epidemiologen Daten vorgelegt, die klar für das Screening sprechen.
Werden Frauen im Alter zwischen 50 und 69 alle zwei Jahre zur Mammografie eingeladen, senkt das die Brustkrebssterblichkeit gegenüber keinem Screening um 28 Prozent. Das haben Forscher um Dr. Harald Weedon-Fekjær von der Universität Trondheim errechnet und im »British Medical Journal« publiziert (doi: 10.1136/bmj.g3701). 368 Frauen müssen demnach eingeladen werden, um einen Todesfall durch Brustkrebs zu verhindern. Bei denen, die der Einladung folgen, ist der Effekt noch deutlicher: 37 Prozent Reduktion in der Brustkrebsmortalität und eine Number needed to screen von 280 untermauern den Nutzen des Screenings.
Grundlage der Arbeit bildeten die Daten aller Frauen Norwegens, die zwischen 1986 und 2009 im entsprechenden Alter waren. In dem Land wurde ab 1995 sukzessive ein Mammografie-Screening-Programm implementiert, Flächendeckung war 2005 erreicht. Die Forscher konnten also Daten aus der Zeit vor Einführung des Screenings mit denen aus der Zeit danach vergleichen. In Norwegen ist jeder Einwohner über eine individuelle Personennummer eindeutig identifizierbar, und alle Krebserkrankungen werden in einem nationalen Register erfasst. Diese Umstände erlaubten eine nahezu lückenlose Nachverfolgung. Insgesamt gingen mehr als 15 Millionen Personenjahre in die Analyse ein.
Ziel jedes Krebsscreenings ist es, Tumoren in einem möglichst frühen Stadium zu entdecken, um die Heilungschancen der Patienten zu erhöhen. Kritiker des Screenings bemängeln allerdings, dass sich die Behandlungsmöglichkeiten bei Brustkrebs in den vergangenen Jahren so stark verbessert haben, dass dieser Vorteil gegenüber dem Nachteil falsch-positiver Befunde in den Hintergrund gerät. Um diesem Einwand zu begegnen, berücksichtigten Weedon-Fekjær und Kollegen in ihrer Berechnung unter anderem die nationale Entwicklung der Brustkrebsmortalität im Beobachtungszeitraum.
Die Diskussion um Nutzen oder Schaden des Mammografie-Screenings wird mit dieser Untersuchung sicher nicht beendet sein. Doch liefert sie Befürwortern wieder gute Argumente, nachdem kürzlich die Autoren einer kanadischen Studie keinen Nutzen der Früherkennungsuntersuchung fanden (lesen Sie dazu PZ 15/2014, Seite 37). 2001 schätzte die Weltgesundheitsorganisation, dass bevölkerungsweite Mammografie-Screenings die Brustkrebsmortalität um 25 Prozent senken können. Diese Schätzung beruhte allerdings auf Ergebnissen randomisierter Studien aus den 1970er- und 1980er-Jahren; seitdem erbrachten diverse Beobachtungsstudien teilweise widersprüchliche Resultate. Eine Stärke der jetzt vorgelegten Studie ist daher neben der hohen Teilnehmerzahl vor allem, dass sie auch die Weiterentwicklung der therapeutischen Möglichkeiten berücksichtigt.
Hohe Teilnahmequote
In Norwegen liegt die Teilnahmequote am Brustkrebs-Screening seit dessen Einführung relativ konstant bei fast 76 Prozent. Verglichen mit Deutschland, wo nur etwa 54 Prozent der Frauen der Einladung folgen, ist das ein sehr hoher Wert. Ein Grund für die mangelnde Bereitschaft vieler Frauen hierzulande, an dem Screening teilzunehmen, ist höchstwahrscheinlich eine mediale Berichterstattung, die immer wieder das Risiko von Überdiagnosen in den Vordergrund stellt.
Dass das womöglich nicht im Sinne der Betroffenen ist, deuten die Ergebnisse einer Studie an, die jetzt im Fachjournal »JAMA Internal Medicine« erschienen ist (doi: 10.1001/jamainternmed.2014. 981). Die Autoren um Professor Dr. Anna Tosteson von der Geisel School of Medicine in Dartmouth, New Hampshire, befragten mehr als 1000 Frauen nach einer falsch-positiven Brustkrebsdiagnose und anschließender weitergehender Diagnostik per Telefoninterview zu Ängsten und Lebensqualität. Es stellte sich heraus, dass die Betroffenen zwar unmittelbar nach der vorläufigen Diagnose von großen Ängsten geplagt waren, diese aber nach der Entwarnung durch die Folgeuntersuchungen verloren. Insgesamt erhöhte ein falsch-positiver Befund die Bereitschaft, an dem Screening erneut teilzunehmen. /