Pharmazeutische Zeitung online
EPSA-Jahreskongress

Spezialisierung für Pharmazeuten?

26.07.2013  10:38 Uhr

Von Daniela Kolberg, Catania / Der 36. EPSA Jahreskongress fand im April auf Sizilien statt. Fast 500 Studenten aus ganz Europa reisten an, um eine Woche gemeinsam über den Tellerrand zu schauen, sich weiterzubilden und Erfahrungen auszutauschen. Neben der Delegiertenversammlung der einzelnen Ländervertretungen stand das Symposium im Mittelpunkt des Interesses. Thematisch drehte sich in diesem alles um Spezialisierung und Ausbildungschancen für Apotheker.

Mit dem Apothekerberuf sei man im Prinzip schon ziemlich spezialisiert, nämlich auf Medikamente, so Professor Dr. Lilian Azzopardi, Generalsekretärin der European Association of Faculties of Pharmacy, zu Beginn des Symposiums. Trotzdem habe man mit der Ausbildung keine europaweit harmonisierten Kompetenzen erlangt. In Frankreich, Italien, Spanien und Großbritannien sei zum Beispiel eine Spezialisierung schon verpflichtend im Studium verankert. Dies könne einerseits vielleicht zuträglich für die Entwicklung des nationalen Gesundheitssystem sein, bedeute auf der anderen Seite aber auch, dass Approbierte von außerhalb hier nicht (sofort) arbeiten könnten, also eine Mobilität innerhalb Europas erschwert würde.

»Spezialisierung sei generell abhängig von dem Fortschritt in Technologie und Wissenschaft, den Vorlieben und Ausrichtungen des Berufsstandes sowie ökonomischen Überlegungen«, leitete Jurate Svarcaite, Pharmaceutical & Professional Affairs der Pharmaceutical Group of the EU, ihr Statement ein. Dies seien die Voraussetzungen, dass sich Räume für Intensivierung überhaupt entwickeln könnten. Als Nachteile von Spezialisierung sah sie unter anderem die Länge und die entstehenden Unkosten einer solchen Weiterbildung. Zu befürchten sei zudem eine Fragmentierung der pharmazeutischen Betreuung. In diesem Zuge könne auch die Qualität der Betreuung darunter leiden und im schlimmsten Fall die Sicherheit des Patienten. Ferner seien gewisse Monopole immer noch an den »generalisierten« Apothekerberuf gekoppelt, die durch eine ausgereifte Spezialisierung eventuell verloren gehen könnten. In Einzelfällen käme es sogar vor, dass Spezialisten nach einer Weiterbildung oftmals nicht unbedingt mehr wüssten als Generalisten.

 

Spezialisierung im Krankenhaus

 

Von »generellen Spezialisten« sprach auch Dr. Roberto Frontini, Präsident der European Association of Hospital Pharmacists. Als Generalist, spezialisiert auf Arzneimittel, sieht er im Bereich der Krankenhauspharmazie die vertiefende Spezialisierung als Notwendigkeit an. Apotheker müssten Patienten oftmals in ernsten Situationen behandeln und eine riskante und komplexe Medikation überwachen. Hier würden dringend spezifische Kompetenzen für das Krankenhaus gebraucht, zum Beispiel in der pharmazeutischen Betreuung, der Arzneimittelinformation, in diversen Management-Fähigkeiten, in Therapie und adäquater Versorgung seltener Krankheiten, in der intensivmedizinischen Betreuung und nicht zuletzt in Forschung und Entwicklung. Spezialisierung sei nötig, um die Sicherheit des Patienten während des Krankenhausaufenthalts gewährleisten zu können. Eine Entwicklung in diese Richtung solle EU-weit dringend harmonisiert ablaufen.

 

Spezialisierung in der öffentlichen Apotheke

 

In der Offizinpharmazie könnten Spezialisierungen auch Wege ebnen, so Svarcaite. Fortschritte in der pharmazeutischen Betreuung seien möglich. Ebenso könnte die Implementierung von neuen Leistungen in den Apothekenalltag vorangetrieben und neue Verantwortlichkeiten in der öffentlichen Apotheke etabliert werden, damit neue Aufgaben und Rollen übernommen werden könnten. Durch Differenzierung und Spezialisierung solle zudem das Vertrauen der Patienten in den Apotheker erhöht werden.

 

In welche Richtung geht es?

 

»Im Studium sei es möglich, die eigene Neugier zu entdecken«, so Andreia Bruno, EdProject Coordinator der Fédération Internationale Pharmaceutique. Im Berufsleben ginge es dann darum, diese Neugier ein Leben lang zu bewahren. Die Pharmazie sei nur ein Startpunkt, pflichtete Professor Dr. Clive Wilson, Past-President der European Federation of Pharmaceutical Sciences, bei. In Zukunft würden zunehmend Unternehmer- und Management-Fähigkeiten im Berufsbild gebraucht. Die stärkste Entwicklung in der Pharmazie gehe aber in eine andere Richtung: Die Alterung der Bevölkerung stellt auch unseren Berufsstand vor viele alte und neue Aufgaben. Co-Morbidität und chronische Krankheiten gelte es fachgerecht zu betreuen und den damit verbundenen Anforderungen gerecht zu bleiben. Viele Leitlinien müssten um- oder gar neugeschrieben und auf den geriatrischen Kontext übertragen werden, so Frontini. Auch gebe es laut Wolf See, European Medicines Research Trainning Network, eine starke Tendenz in Richtung der Pharmakogenetik, der Erforschung und Berücksichtigung der metabolischen Unterschiede der Patienten. Für den Berufsstand seien zudem Vertrauen und Kommunikationsfähigkeit die stärksten Eigenschafen, mit denen wir uns von anderen Berufsfeldern abheben könnten.

 

Spezialisierung wie und wann?

 

Normalerweise bieten Universitäten, professionelle Organisationen oder eine Verbindung aus beiden Spezialisierungen an. Diese Zusatzausbildungen können zwei bis sechs Jahre dauern. Man solle sich vorher genau überlegen, warum man sich spezialisieren möchte und Informationen über die Lage am Arbeitsmarkt einholen, rät Svarcaite. Generell solle man jedoch seiner (fachlichen) Leidenschaft nachgehen und die eigenen Träume realisieren. Es sollten so wenige Titel wie möglich angestrebt werden, einfach damit ersichtlich bleibt, wohin die eigene Spezialisierung geht. Insgesamt sei es für Apotheker aber wichtig, dass das Basiswissen über Naturwissenschaft und pharmazeutische Betreuung erhalten bliebe.

 

Meist sind Aufbaukurse und Masterstudiengänge mit nicht unerheblichen Kosten verbunden. Man solle sich ernsthaft fragen, ob man diese Weiterbildung möchte. »If yes, go for it!«, ermutigte Azzopardi. Weiterhin solle man das Gesundheitssystem und die darin sich entwickelnden Veränderungen beobachten, rät Frontini. Eine Spezialisierung solle erst spät in der Karriere erfolgen, wenn man schon ein paar Jahre Jobroutine hinter sich hat und sich ein wenig in dem Berufsfeld ausprobieren konnte, sagt auch der Jungapprobierte João Duarte. Der dem Portfolio entsprechende Markt müsse genau untersucht werden, und eine Überqualifikation sorgsam vermeiden. »Follow your dream, but be realistic.«, lautet der zusammenfassende Hinweis von Svarcaite.

 

Spezialisierung bereits im Studium?

 

Wenn Spezialisierung in so vielen Bereichen der Pharmazie eine große Rolle spiele, warum sei sie dann im Curriculum nicht bereits vorgeschrieben? Das war eine studentische Frage aus dem Publikum. Wilson sagte, dass die Flexibilität erhalten bleiben müsse. Es könne auch gefährlich sein, sich festzulegen. Die Entscheidung, eine Spezialisierung während des Studiums anzubieten oder einzugliedern, liege bei den einzelnen Ländern. So eine Entscheidung müsse immer zum Wohle und zur Sicherheit des Patienten getroffen werden, mahnte Frontini. Für Spezialisierungen bräuchte es erst eine deutliche Evidenz, dass dadurch ein Zusatznutzen für die Gesellschaft besteht, so auch Duarte. Der angehende Apotheker müsse »fit« gehalten werden, damit er nachher flexibel im Berufsleben stehen könne, sagte auch Svarcaite. /

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