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Antimykotika

Waffenwahl im Reich der Pilze

16.06.2009  14:46 Uhr

Pharmacon Meran 2009

<typohead type="3">Antimykotika: Waffenwahl im Reich der Pilze

Ob Fuß-, Nagel- oder Vaginalpilz: Mykosen sind ein wichtiges Beratungsthema in der Apotheke. Dabei gilt es auch, die Grenzen der Selbstmedikation zu kennen, das richtige Präparat auszuwählen und die Anwendung zu erklären. Patienten sind zudem für nicht-medikamentöse Ratschläge dankbar, die das pharmazeutische Personal kennen und geben sollte.

 

Schätzungsweise 100.000 Pilze sind bekannt, einige Hundert davon können eine Mykose verursachen. Die medizinische Einteilung der Erreger folgt nicht der biologischen Einteilung, sondern ordnet die Erreger nach klinisch-therapeutischen Aspekten den drei Gruppen Dermatophyten, Hefen und Schimmel zu, was als DHS-Schema bezeichnet wird. Vertreter dieser Gruppen sind in der Lage, Infektionen beim Menschen hervorzurufen. »Dermatophyten sind Spezialisten für Keratin«, erklärte Professor Dr. Peter Mayser vom Zentrum für Dermatologie und Andrologie der Universität Gießen. Daher verursachen sie überwiegend oberflächliche Mykosen im Stratum corneum sowie in den keratinisierten Anhangsgebilden wie Haaren und Nägeln. Zu den häufigsten Erregern zählen in Deutschland die Pilze Trichophyton (T.) rubrum und T. interdigitale.

 

»Typische klinische Merkmale einer Dermatomykose sind Rötung, Schuppung, scharfe Begrenzung und die Ausdehnung nach außen«, so Mayser. Der Arzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten betonte, dass vor einer erfolgreichen Therapie immer die extakte Diagnose steht. Er fügte hinzu, dass man selbst eine vermeintlich harmlose Fußpilzerkrankung nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte. Die Erreger können sich zum Beispiel auf die Nägel ausbreiten. Zudem ist die Haut an betroffenen Stellen stark mazeriert und kann damit sogar Eintrittspforte für ein massives Erysipel (Wundrose) sein.

 

Für die Behandlung einer Dermatophytose steht heute eine Vielzahl moderner Antimykotika zur Verfügung. Die meisten von ihnen greifen in die Ergosterol-Biosynthese ein. So etwa die Azole, die Allylamine und Amorolfin. Ergosterol ist ein essenzieller Bestandteil der zytoplasmatischen Pilzmembran. Durch die Hemmung der Ergosterol-Biosynthese wird die Membran erheblich in ihrer Funktion gestört. Mayser informierte, dass Antimykotika, die außerhalb der Ergosterol-Biosynthese angreifen wie Griseofulvin und Ciclopiroxolamin synergistische Effekte zu Ergosterolsynthesehemmern entfalten und sich somit als Kombinationspartner eignen. Zudem machte der Referent darauf aufmerksam, dass Polyene bei Dermatophytosen nicht wirksam sind.

 

Werden Azole systemisch gegeben, kann es zu relevanten Wechselwirkungen kommen. Der Grund dafür ist die Affinität zu Cytochrom P450, insbesondere die Hemmung des Isoenzyms CYP3A4. Das kann zum Beispiel den Plasmaspiegel von Sulfonylharnstoffen steigern und damit das Unterzuckerungsrisiko erhöhen. Auch bei anderen Arzneistoffen, etwa Digoxin, oralen Antikoagulanzien und Benzodiazepinen, gelte es, diese Interaktion zu berücksichtigen. In Schwangerschaft und Stillzeit sollte der Arzt eine systemische Antimykotika-Therapie nur in zwingenden Fällen verordnen. Für die Lokaltherapie bei Schwangeren eignen sich Mayser zufolge Clotrimazol und Nystatin.

 

Haut- und Nagelmykosen treten häufig zusammen auf. »Der Pilz wandert in den Nagel hinein«, so Mayser. Alle Fälle der sogenannten Onychomykose seien behandlungsbedürftig. Sind weniger als 50 Prozent der Nagelfläche befallen, kann meistens lokal therapiert werden. Ist jedoch mehr als die Hälfte des Nagels betroffen, müsse sowohl lokal als auch systemisch behandelt werden. Der Patient muss sich dazu in ärztliche Behandlung begeben.

 

Für die Lokaltherapie stehen nicht-verschreibungspflichtige Nagellacke und Salben zur Verfügung. Enthaltene Wirkstoffe sind Ciclopiroxolamin, Amorolfin und Bifonazol, bislang aber kein Terbinafin. »Das wird sich hoffentlich bald ändern«, äußerte Mayser einen Wunsch. Die Heilungsrate bei Nagelpilz kann durch atraumatische Entfernung erkrankter Nagelanteile mit 20- bis 40-prozentiger Urea-Salbe oder hochtourigem Fräsen deutlich erhöht werden. Die chirurgische Nagelextraktion sei dagegen heute obsolet. »Empfehlen Sie eine Glasfeile und nicht die den Präparaten beiliegenden Feilen«, gab Mayser einen Beratungstipp. Empfehlenswert sei auch, den Patienten ein Mittel zur Wäsche- und Schuhdesinfektion anzubieten. Dazu eignen sich dem Mediziner zufolge quaternäre Ammoniumverbindungen wie Benzalkoniumchlorid. Zu beachten sei jedoch die benötigte Einwirkzeit, um die Erreger abzutöten. Die betrage bei T. rubrum 30 Minuten, bei Candida albicans reiche dagegen eine Inkubationszeit von fünf Minuten.

 

Apropos Candida: Sie sind die Erreger von Hefepilzinfektionen. Hefen sind opportunistische Pilze, die eine feuchtwarme Umgebung bevorzugen. Betroffen sind vor allem abwehrgeschwächte Menschen, etwa sehr junge, sehr alte oder sehr kranke Menschen. Die akute Vaginalcandidose wird meistens durch Candida albicans hervorgerufen und kann laut Mayser gut lokal behandelt werden. Etwa 5 Prozent der Frauen leiden an einer chronisch-rezidivierenden Hefepilzinfektion. Problematisch dabei sei der Anstieg sogenannter Non-albicans-Erreger wie Candida glabrata und Candida krusei. Eine Ursache dafür könnte laut Mayser der häufige Einsatz der azolhaltigen OTC-Präparate sein. Gewisse Erreger würden auf diese Weise herausselektiert. »Schicken Sie Frauen mit rezidivierenden Verläufen zum Facharzt, da in diesen Fällen Candida-Hefen mit einer Resistenzproblematik ursächlich sein können«, appellierte Mayser an die Teilnehmer. Der Arzt müsse dann den Erreger genau bestimmen und anschließend gezielt behandeln.

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