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Antithrombotische Therapie

Neue Arzneistoffe mit Vorteilen

12.06.2012  17:16 Uhr

Prasugrel und Ticagrelor bieten in der antithrombotischen Therapie einige Vorteile gegenüber der Standard-Kombination Clopidogrel und Acetylsalicylsäure. Bislang ist ihr Einsatz jedoch auf eine Indikation begrenzt.

Welchen Limitationen das häufig eingesetzte Clopidogrel unterliegt und welche Vorteile neue Thrombozyten-Aggregationshemmer bieten, erläuterte der Pharmakologe Professor Dr. Dietmar Trenk vom Herz-Zentrum Bad Krozingen. So bindet Clopidogrel irreversibel an den P2Y12-Rezeptor und inhibiert dadurch die ADP-induzierte Thrombozytenaktivierung und -aggregation. Es ist allerdings ein Prodrug, das zunächst in einem zweistufigen Prozess in seinen aktiven Metaboliten umgewandelt werden muss. Hauptsächlich verantwortlich für den ersten Prozess ist das Enzym CYP2C19. Bis zu 30 Prozent der Bevölkerung bilden das Enzym jedoch entweder gar nicht oder nur in verminderter Aktivität. Bei Patienten mit diesem Loss-of-Function-Polymorphismus kann Clopidogrel nicht ausreichend wirken. Auch bei voll funktionsfähigem Enzym setzt der Körper nur 5 bis 10 Prozent der verabreichten Dosis um. Einen Großteil der Dosis hydrolysieren Esterasen zu unwirksamen Abbauprodukten.

Mit dem 2009 zugelassenen Prasugrel, das zu derselben Substanzgruppe gehört, sollten die Nachteile des Vorgängers beseitigt werden, erläuterte Trenk. Die Aktivierung zum wirksamen Metaboliten benötigt bei Prasugrel nach Hydrolyse der Seitenkette nur noch einen Oxidationsschritt durch Cytochrom-P450-Enzyme. Die Bioaktivierung unterliegt nach bisherigen Erkenntnissen keinen genetischen Einflüssen. Mit niedrigeren Dosierungen lässt sich im Vergleich zu Clopidogrel mit der Prasugrel-Therapie eine stärkere und interindividuell stabilere Wirkung erzielen. Das Risiko für Wechselwirkungen ist geringer.

 

Die Zulassungsstudie TRITON TIMI-38 zeigt, dass die Therapie mit Prasugrel die Häufigkeit von kardiovaskulärem Tod, nicht-tödlichem Myokard­infarkt und Schlaganfall gegenüber der Clopidogrel-Behandlung signifikant um 2,2 Prozent senkt. Allerdings war die Inzidenz schwerer Blutungen in der Prasugrel-Gruppe gegenüber der Clopidogrel-Gruppe deutlich erhöht. Patienten mit Schlaganfall oder transitorisch ischämischer Attacke in der Vorgeschichte sollten daher nicht mit der Substanz behandelt werden. Kontra­indiziert ist Prasugrel außerdem bei Patienten über 75 Jahren oder mit einem Körpergewicht unter 60 Kilogramm. In diesen Patientenkollektiven hatte der Wirkstoff keinen zusätzlichen Nutzen gegenüber der Standardtherapie.

 

Das 2011 zugelassene Ticagrelor ist der neueste P2Y12-Rezeptorantagonist. Die Substanz gehört nicht zu den Thienopyridinen. Sie unterscheidet sich von ihren Vorgängern durch ihre reversible Wirkung und die direkte Hemmung des P2Y12-Rezeptors. Da keine Bioaktivierung erfolgen muss, wirkt Ticagrelor am schnellsten. Nach Absetzen ist die Thrombozytenfunktion vergleichsweise schnell wiederhergestellt. Zu beachten ist jedoch, dass etwa 30 bis 50 Prozent der Dosis über CYP3A4/A5 in einen ebenfalls aktiven Metaboliten mit vergleichbarer Wirksamkeit umgewandelt werden. Das birgt ein Interaktionspotenzial mit anderen Arzneistoffen, die ebenfalls über das Enzym verstoffwechselt werden.

 

In der PLATO-Studie an mehr als 18 000 Patienten zeigte Ticagrelor eine signifikante Reduktion ischämischer Ereignisse. Die Häufigkeit war im Vergleich zu Clopidogrel um 1,9 Prozent verringert. Auch die kardiovaskuläre Mortalität und die Gesamtmortalität waren in der Ticagrelor-Gruppe reduziert. Im Gegensatz zu Prasugrel konnten jedoch im Gesamtkollektiv bei Ticagrelor nicht mehr Blutungskomplikationen im Vergleich zu Clopidogrel festgestellt werden.

 

Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie hat die Studienergebnisse bereits in ihren aktuellen Leitlinien umgesetzt. Sie empfiehlt den Einsatz der neuen Substanzen Prasugrel und Ticagrelor (bei gleichzeitiger Einnahme von ASS) zur Prävention atherothrombotischer Ereignisse bei erwachsenen Patienten mit akutem Koronarsyndrom. Da die Therapiekosten der neueren TAH jedoch deutlich höher sind, werden Ärzte auch in Zukunft weiterhin Clopidogrel verordnen. Eine zukünftige Optimierung der Therapie könnte auch darin bestehen, die genetische Variabilität der Patienten zu überprüfen und so das Ansprechen auf Clopidogrel vorauszusagen, so Trenk.

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