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EHEC-Epidemie

Was bleibt, sind Nieren- und Hirnschäden

14.06.2011  16:05 Uhr

Von Daniela Biermann / Die EHEC-Epidemie ebbt langsam ab. Vielen schwer erkrankten Patienten geht es mittlerweile besser. Einige werden jedoch bleibende Schäden an Nieren und Gehirn davontragen. Die PZ sprach mit behandelnden Nephrologen und Neurologen.

Das Robert-Koch-Institut hat in den vergangenen Tagen deutlich weniger Neuerkrankungen an enterohämorrhagischen Escherichia-coli-Infektionen (EHEC) verzeichnet als Mitte bis Ende Mai. Seit Beginn der Epidemie vor sechs Wochen sind mehr als 3200 Menschen erkrankt (Stand: 13. Juni). Mehr als 780 von ihnen entwickelten ein hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS); 35 Menschen starben. Damit gilt die Epidemie als eine der größten bislang.

Noch unklar ist, wie viele Patienten bleibende Schäden davongetragen haben. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sprach in der »Bild am Sonntag« von etwa 100 stark Nierengeschädigten, die auf ein Spenderorgan oder lebenslange Dialyse angewiesen seien. Für seriöse Einschätzungen ist es jedoch noch zu früh, sagte der Nephrologe und Privatdozent von der Medizinischen Hochschule Hannover Dr. Jan T. Kielstein der PZ. »Aus früheren Epidemien wissen wir, dass es Patienten mit bleibenden Nierenschäden geben wird.« Bei vielen Patienten verbessere sich jedoch die Nierenfunktion wieder. Seit drei Wochen führen die Kliniken ein EHEC-Register, in dem laut Kielstein bislang rund 300 Patienten mit Nierenproblemen verzeichnet sind. Die Patienten sollen über einen längeren Zeitraum weiter beobachtet werden.

 

Während Nierenschäden eine bekannte Folge von EHEC-Infektionen sind, sind jetzt erstmals in größerem Ausmaß auch Neurologen gefordert. Rund die Hälfte der HUS-Patienten entwickelt neurologische Symptome, teilte Professor Dr. Christian Gerloff vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf der PZ mit. Dazu zählen anfangs Verwirrtheit, erhöhte Erregbarkeit und eine verminderte Vigilanz. Ganze Hirn­areale können ausfallen, zum Beispiel wenn Sprachstörungen (Aphasie) und Störungen bei der Ausführung willkürlicher Bewegungen (Apraxie) auftreten. Falls der Hirnstamm betroffen ist, fallen Schluck- und sogar Atemreflex aus. Die Patienten müssen dann künstlich beatmet werden. Auch reversible Schlaganfälle, sogenannte transistorische ischämische Attacken (TIA), beobachten die Neurologen. Besonders häufig treten Epilepsien auf, die sich zum Teil nur schwer mit Antiepileptika therapieren lassen.

»Wir haben den Eindruck, dass sich bei uns und auch in anderen Kliniken der Zustand bei schweren Verläufen langsam verbessert«, sagte Professor Dr. Joachim Röther vom Asklepios-Klinikum Hamburg-Altona der PZ. »Ein Großteil der Patienten, die wir wegen Anfällen ins künstliche Koma legen mussten, atmen mittlerweile spontan. Ihr Zustand wird kontinuierlich besser«, berichtet auch UKE-Chefneurologe Gerloff. Das sei aber nicht bei allen so. Neurologe Röther sprach jedoch von »verhaltenem Optimismus«.

 

Wie es genau zu den Hirnschäden kommt, ist noch unklar. Sie treten nicht nur infolge, sondern auch gleichzeitig mit den gastroenterologischen und nephrologischen Symptomen auf. Das von den Bakterien freigesetzte Shigatoxin führt zu einer Schwellung der Innenseite der Blutgefäße. Dies könnte auch im Gehirn passieren. Das Toxin begünstigt zudem die Bildung von Thromben. Greifswalder und Bonner Forscher vertreten die Theorie, dass sich bei den Patienten Autoantikörper bilden. Diese richten sich gegen Enzyme, die für das Gleichgewicht der Blutgerinnung wichtig sind. Eine experimentelle Blutwäsche mit einer Immunabsorption der Autoantikörper habe immerhin bei vier Patienten in Hannover gut angeschlagen, berichtete der Nierenarzt Kielstein. Sie wachten aus dem künstlichen Koma auf. Ein wissenschaftlicher Beleg sei dies jedoch noch nicht, gab Kielstein zu bedenken. Auch zum Erfolg der experimentellen Therapie mit Eculizumab gibt es noch keine seriöse Einschätzung.

 

Wie viele Patienten letztlich Folgeschäden davontragen und wie schwer diese sein werden, darüber wollten die behandelnden Ärzte nicht spekulieren. Bei einer früheren Erkrankungsserie mit 52 Kindern trugen laut Gerloff 13 Patienten erhebliche bleibende neurologische Defizite davon. /

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