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Versorgungsgesetz

Referentenentwurf liegt vor

14.06.2011  17:58 Uhr

Von Stephanie Schersch / Das Bundesministerium für Gesundheit hat den Referentenentwurf für das geplante Versorgungsgesetz vorgelegt. Mit dem Gesetz will die Koalition den Ärztemangel in unterversorgten Gebieten abbauen. Im Gemeinsamen Bundesausschuss sollen die Länder künftig mehr mitreden können.

Dem Referentenentwurf waren monatlange und zum Teil zähe Verhandlungen von Bund und Ländern vorausgegangen. Das Versorgungsgesetz soll die medizinische Versorgung der Menschen insgesamt verbessern und den Ärztemangel bekämpfen. In Deutschland gibt es zwar eine Rekordzahl an Medizinern, das Problem ist aber die Verteilung. So fehlen Ärzte in ländlichen Regionen und in sozial schwachen Stadtvierteln. Um mehr Ärzte für Mangelregionen zu gewinnen, setzt die Regierung auf Anreize. Landärzte sollen künftig etwa keine Honorarkürzungen mehr fürchten müssen, wenn sie besonders viele Patienten behandeln. Diese Abstaffelung bei Überschreitung einer Patientenobergrenze soll für sie nicht mehr gelten.

 

Regresse werden seltener

 

Um die Attraktivität des Arztberufes insgesamt zu erhöhen, will die Bundesregierung die Gefahr vor Regressen deutlich entschärfen. Überschreitet ein Arzt sein Budget um 25 Prozent, soll es für ihn zunächst eine Beratung geben. Erst danach kann er bei wiederholtem Übersteigen des Richtgrößenvolumens in Regress genommen werden. Daneben soll die Versorgung in Kliniken und Praxen besser aufeinander abgestimmt werden. Krankenhäuser dürfen sich bei Bedarf stärker in die vertragsärztliche Versorgung einbringen. So können auch ärztliche Notdienste etwa auf dem Land in Kooperation mit Kliniken organisiert werden. Um die Ärzte weiter zu entlasten, sollen sie künftig verschiedene Tätigkeiten an andere Personen abgeben können. Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband sollen nun eine entsprechende Liste mit delegationsfähigen Leistungen in der ambulanten Versorgung ausarbeiten.

Die Koalition will zudem die Versorgungssituation nach einem Krankenhausaufenthalt verbessern. Im Referentenent­wurf wird daher der Anspruch des Patienten auf ein Entlass­manage­ment betont. Eine entsprechende Vorschrift gibt es zwar bereits seit 2007, sie wird nach Ansicht des Bundes­ministeriums für Gesund­heit (BMG) aber nicht ausreichend gut umgesetzt. Beim Übergang vom stationären in den ambu­lan­ten Bereich kommt es häufig zu Problemen, auch im Arznei­mittel­bereich. Künftig soll die Kommunikation zwischen beiden Bereichen besser funktionieren.

 

Das Versorgungsgesetz soll auch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) reformieren. In der Vergangenheit standen immer wieder Legitimation und Akzeptanz des Gremiums infrage. Zur Berufung der unparteiischen Mitglieder im Ausschuss muss nun künftig der Gesundheitsausschuss im Bundestag sein Okay geben. Hat er Zweifel an der Neutralität einer Person, kann er die Benennung ablehnen.

 

Im GBA sitzen derzeit drei Verbände der Leistungserbringer: KBV, Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV). In Zukunft können die Organisationen ihre Stimmen untereinander austauschen, wenn ein Beschluss beispielsweise nur einen der Verbände betrifft. Wird etwa über eine Leistung beraten, die nur die Zahnärzte angeht, können KBV und DKG ihre Stimmen auf die KZBV übertragen. Das BMG regiert damit auf einen Änderungswunsch der Leistungserbringer. Sie hatten kritisiert, dass ihre Stimmen im Gegensatz zu den Stimmen des GKV-Spitzenverbands bei vielen Entscheidungen zersplitterten.

 

Länder werden am GBA beteiligt

 

Für den Aussch-uss einer Leistung aus dem GKV-Katalog sind künftig 9 der insgesamt 13 Stimmen im GBA notwendig. Bei Beschlüssen zur Bedarfsplanung bei den Ärzten erhalten zudem die Bundesländer ein Mitberatungsrecht, hierfür werden dem GBA in Zukunft zwei Ländervertreter angehören. Damit wird eine zentrale Forderung der Bundesländer umgesetzt. Sie hatten lange für mehr Einfluss auf die Verteilung der Arztsitze gekämpft und zwischenzeitlich sogar gedroht, das Versorgungsgesetz zu blockieren.

 

Die Krankenkassen bekommen mit dem Versorgungsgesetz ein neues Wettbewerbsinstrument. Sie dürfen in ihren Leistungskatalog künftig auch nicht-verschreibungspflichtige Arzneimittel aufnehmen, ebenso Heil- und Hilfsmittel, Vorsorgemaßnahmen sowie Leistungen von nicht zugelassenen Leistungserbringern. Voraussetzung ist, dass der Gemeinsame Bundesausschuss diese Leistungen zuvor nicht ausgeschlossen hat. Die Koalition will damit erreichen, dass Patienten »künftig auf breiterer Basis Angebote nutzen können, die ihrem individuellen Bedarf entsprechen«, heißt es in der Begründung zum Gesetzentwurf.

 

Noch keinen Einzug in das Gesetz gefunden hat das gemeinsame Modell von ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände und KBV, nach dem sich Ärzte und Apotheker die Verantwortung für eine sichere Arzneimittelversorgung teilen. Das Bundesgesundheitsministerium und die Regierungsparteien sind an dem Versorgungskonzept zwar interessiert, wollen es aber zunächst in Modellregionen testen, bevor über eine gesetzliche Regelung nachgedacht wird.

Streit gab es gleich nach Bekanntwerden des Referentenentwurfs um die Kosten für das Versorgungsgesetz. Der GKV-Spitzenverband kritisierte, das Gesetz beschere den Ärzten mehr Honorar und koste die Beitragszahler im Gegenzug zusätzliche Milliarden. Auch SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sprach von einer »Verteuerungspolitik, die automatisch zu höheren Zusatzbeiträgen führt«. Verlierer seien die Versicherten, »wo sie doch eigentlich von einer verbesserten Versorgung profitieren sollten«, so Nahles.

 

Ähnlich äußerten sich Biggi Bender und Harald Terpe von den Grünen. Der neue gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Heinz Lanfermann, bezeichnete die Berechnung des GKV-Spitzenverbands hingegen als nicht nachvollziehbar. »Es ist nicht Aufgabe der Kassen, durch Spekulationen Unsicherheit über die künftige Kostenentwicklung zu erzeugen«, so Lanfermann. Auch die Ärzte setzten sich zur Wehr. »Wer von Geschenken für Ärzte spricht, wenn notwendig erbrachte Leistungen honoriert werden sollen, der offenbart sein nachhaltig gestörtes Verhältnis von Leistungsgerechtigkeit«, sagte Kuno Winn, Vorsitzender des Hartmannbundes.

 

Der Referentenentwurf wird nun zunächst in der Bundesregierung beraten. Noch in diesem Jahr soll das Versorgungsgesetz Bundestag und Bundesrat passieren, damit es zum 1. Januar 2012 in Kraft treten kann. /

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