EHEC reißt Löcher ins Budget |
14.06.2011 16:17 Uhr |
PZ/dpa / Die Kliniken fordern Finanzhilfen, weil die Versorgung schwerkranker EHEC-Patienten ihnen hohe Kosten verursacht. Bund und Länder signalisieren Unterstützung.
Die EHEC-Epidemie belastet die Budgets der Krankenhäuser, vor allem die der Unikliniken. Der Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) fordert, dass sämtliche EHEC-Fälle außerhalb der vereinbarten Budgets mit den Krankenkassen zum vollen Preis abgerechnet werden. Die Unversitätsklinika kümmern sich derzeit um Hunderte von schwerkranken Patienten, die mit dem Darmkeim EHEC (enterohämorrhagische Escherichia coli) erkrankt sind und an der Folgeerkrankung HUS (hämolytisch-urämisches Syndrom) leiden.
Kosten noch unklar
Die Krankenhäuser handeln mit den Krankenkassen Budgets für eine bestimmte Anzahl von Patienten aus. Wird diese vereinbarte Patientenzahl überschritten, tragen die Kassen nur noch 35 Prozent der Kosten. »Vor allem die Kliniken in Norddeutschland arbeiten am Limit und erwarten, dass sie sich in dieser Situation nicht zusätzlich Sorgen um ihre finanziellen Probleme machen müssen«, sagte Rüdiger Strehl, Generalsekretär des VUD, in Berlin. Der Vizepräsident der Medizinischen Hochschule Hannover und Vorstandsmitglied des VUD, Dr. Andreas Tecklenburg, ergänzte: »Wir Krankenhäuser mit Maximalversorgung können nicht das gesellschaftliche Risiko für Epidemien und Seuchen tragen.« Die Kosten für die Behandlung der EHEC-Patienten seien noch nicht abzusehen, sagte der Klinik-Manager der Deutschen Presse-Agentur dpa. Pfleger und Ärzte auf den betroffenen Stationen arbeiteten rund um die Uhr, andere Operationen müssten verschoben werden. »Drei Viertel einer Intensivstation ist durch EHEC blockiert«, sagte Tecklenburg.
Im Universitätsklinikum Schleswig-Holstein mit seinen Standorten Kiel und Lübeck wird damit gerechnet, »dass uns diese Krise Millionen kosten wird«, sagte Pressesprecher Oliver Grieve der Nachrichtenagentur dpa. Die Vergütung der vielen Überstunden, die Verschiebung von Operationen, die Umwandlung von Privat- in Isolationsstationen, extrem teure Medikamente, der Zukauf von Blutplasma und andere Faktoren kosten das zweitgrößte Uniklinikum Deutschlands viel Geld
Bund und Länder signalisierten, dass sie die Kliniken nicht im Regen stehen lassen. »Wenn Kliniken Mehrkosten haben, sollen sie nicht darauf sitzen bleiben«, sagte Niedersachsens Gesundheitsministerin Aygül Özkan (CDU) gegenüber dpa. »Wir haben einen internen Beschluss gefasst, dass diese Mehrkosten inventarisiert und erstattet werden müssen«, teilte sie nach einem Krisentreffen der Gesundheits- und Verbraucherminister von Bund und Ländern vorige Woche in Berlin mit.
Die Kliniken in Niedersachsen und den anderen von der Epidemie besonders betroffenen Regionen hätten schnell und unbürokratisch gehandelt, um Engpässe zu vermeiden und die Patienten optimal zu versorgen, sagte Özkan. Wenn dabei Mehrkosten entstanden seien, die nicht über die Budgetierung gedeckt seien, müsse ein Ausgleich für die Krankenhäuser hergestellt werden. Damit solle ein Zeichen auch für künftige Krisensituationen gesetzt werden, dass die beste Versorgung für die Patienten an erster Stelle stehe.
Minister Bahr verspricht Hilfe
Auch Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) versicherte nach dpa-Angaben in Berlin, die Krankenhäuser würden nicht mit Mehrkosten für die Behandlung zahlreicher EHEC-Patienten alleingelassen. Die bestehenden Regelungen böten stark belasteten Kliniken die Möglichkeit, zusätzliche Vergütungen zu beantragen. Allerdings hält der VUD die Regelungen für unbrauchbar. »Bei einer Epidemie wie durch EHEC sind die betroffenen Krankenhäuser völlig vom guten Willen der Krankenkassen abhängig. Sie können die Kosten übernehmen, müssen das aber nicht. Damit tragen letztlich die behandelnden Kliniken das finanzielle Risiko. Das ist nicht akzeptabel«, erklärte VUD-Generalsekretär Strehl.
Der Verband der Universitätsklinika Deutschlands sieht Kosten nicht nur im stationären, sondern auch im ambulanten Bereich auf die Krankenhäuser zukommen. Bereits heute sei allen Medizinern klar, dass die EHEC-Patienten monatelang ambulant nachbehandelt werden müssen.
Das sei nicht nur erforderlich, um den medizinischen Erfolg zu sichern. Nur so können »Daten und Einsichten gewonnen werden, ob und wie die zum Teil völlig neuartigen Therapieansätze sich im Verlauf darstellen und welche Folgeschäden bei den Patienten bleiben«, heißt es in einer Mitteilung des VUD. Auch hier fehle es an gesetzlichen und vertraglichen Voraussetzungen, um diese Leistungen mit einer angemessenen Vergütung zu erbringen. /