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Lokalanästhetika

Mehr als Natriumkanal-Blocker

Datum 08.06.2009  14:23 Uhr

Lokalanästhetika:

Lokalanästhetika kommen zur reversiblen und örtlich begrenzten Betäubung zum Einsatz. Unterschieden werden Oberflächen-, Infiltrations- und Leitungsanästhesie sowie intravenöse Regionalanästhesie. Chemisch betrachtet sind sich die meisten lokalanästhetisch wirkenden Substanzen ähnlich. Gemäß dem Löfgrenschen Schema besteht ihre Struktur aus einem lipophilen Rest, einer Zwischenkette und einem hydrophilen Rest. Zu den Lokalanästhetika vom Ester-Typ zählen Substanzen wie Procain, Tetracain und Benzocain. Wirkstoffe wie Lidocain, Prilocain, Mepivacain und Bupivacain gehören zum Amid-Typ, der heutzutage am meisten verwendeten Lokalanästhetika-Gruppe. Lokalanästhetika blockieren spannungsabhängige Natriumkanäle und verhindern so den Einstrom von Natrium-Ionen in die Zelle und damit die Bildung von Aktionspotenzialen, also die Fortleitung von Nervenimpulsen. In höheren Konzentrationen können sie auch andere Ionenkanäle hemmen, zum Beispiel Kaliumkanäle. Gelangt zu viel Wirkstoff in den Blutkreislauf, zum Beispiel bei versehentlicher intravenöser Injektion, kann es zu gefährlichen Komplikationen kommen. Denn Lokalanästhetika blockieren nicht nur die Bildung von Aktionspotenzialen in peripheren Nerven, sondern auch in anderen Bereichen, etwa im Gehirn oder im Herzen. Folge davon können Funktionsstörungen des zentralen Nervensystems und Herzrhythmusstörungen sein. Wissenschaftler fanden heraus, dass die Bindungsstelle der Lokalanästhetika bei allen zehn Isoformen spannungsabhängiger Natriumkanäle beinahe identisch ist. Daher werden alle Isoformen mit ähnlicher Potenz blockiert, was eine Erklärung für die zerebrale und kardiale Toxizität bei systemischer Gabe ist. Weniger bekannt ist das gewebetoxische Potenzial von Lokalanästhetika, das bei regionalanästhetischen Verfahren relevante Nebenwirkungen verursachen kann. Vor allem die heute nur noch selten eingesetzten Wirkstoffe des Ester-Typs können zudem allergische Reaktionen hervorrufen.

Herröder erklärte, dass Lokalanästhetika einer Entzündungsreaktion im Körper entgegenwirken können, indem sie die Leukozytenadhäsion und die gerichtete Leukozytenmigration hemmen. Möglich sei das zum Beispiel durch die verminderte Expression von Adhäsionsmolekülen sowie durch direkte Effekte am Zytoskelett. Zudem sind Lokalanästhetika offenbar in der Lage, das sogenannte Neutrophilen-Priming zu hemmen. Das ist ein Prozess, bei dem es zu einer potenzierten Antwort von neutrophilen Granulozyten auf einen zweiten aktivierenden Stimulus kommt, nachdem die Zellen zuvor mit einer Priming-Substanz wie dem plättchenaktivierenden Faktor (PAF) oder Interleukin-8 (IL-8) inkubiert wurden. »Es ist sehr wahrscheinlich, dass Lokalanästhetika diesen Effekt durch die Modulation G-Protein-gekoppelter Rezeptoren ermöglichen«, erklärte Herröder.

 

In vitro und in vivo positiv getestet

 

Im Folgenden informierte die Medizinerin, dass die immunmodulierende Wirkung der Lokalanästhetika bereits im Tiermodell untersucht wurde. So reduzierten Lokalanästhetika säure-, endotoxin- oder hyperoxieinduzierte Lungenschäden durch die verminderte Entzündgungsreaktion. Zudem schützte diese Arzneistoffgruppe im Tiermodell vor septischer Peridontitis.

 

Die Effekte von Lidocain und Co. blieben jedoch nicht nur auf In-vitro-Tests und Tierversuche beschränkt. In klinischen Untersuchungen reduzierte der Referentin zufolge die perioperative intravenöse Gabe von Lidocain die chirurgisch induzierte Stress-Antwort und verbesserte die gastrointestinale Motilität, ohne dabei die postoperative Komplikationsrate zu erhöhen. Wie Herröder und Kollegen in »Annals of Surgery« (2007, Band 246, Seiten 192 bis 200) berichten, profitierten in der randomisierten Doppelblindstudie Lidocain-behandelte Patienten, die sich einer Kolorektal-Operation unterziehen lassen mussten, zudem von einer signifikant verkürzten Aufenthaltsdauer im Krankenhaus.

 

Wenn Lokalanästhetika eine Wirkung auf das Immunsystem haben, ist die Frage berechtigt, ob die immunmodulierenden Effekte die Immunabwehr schwächen und sich das Infektionsrisiko erhöht. Herröder zufolge gibt es dafür keine Hinweise. »Negative Effekte sind kein Problem.« Laut der Medizinerin bleibt abzuwarten, ob die beschriebenen, aber weniger bekannten immunmodulierenden Effekte der Lokalanästhetika das perioperative Outcome von Patienten nachhaltig verbessern können.

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