Jeder dritte Klinikpatient ist mangelernährt |
12.06.2006 12:19 Uhr |
<typohead type="3">Jeder dritte Klinikpatient ist mangelernährt
von Conny Becker, Berlin
Eine Erhebung zur Ernährung und Ehrnährungssituation von Patienten im Krankenhaus ergab, dass Liegedauer und Sterblichkeit deutlich mit einer Mangelernährung korrelieren.
Mangelernährte Patienten müssen deutlich länger in der Klinik liegen und haben eine erhöhte Mortalität im Vergleich zu normalgewichtigen Personen. Dies ergab die Untersuchung »Nutrition day 2006«, deren Ergebnisse auf der Tagung »Ernährung 2006« vergangene Woche erstmals vorgestellt wurden. An der europaweiten Erhebung am 19. Januar diesen Jahres hatten sich mehr als 700 Zentren in 26 Ländern beteiligt, die Daten von mehr als 15.000 Patienten aufnahmen. »Der Nutrition day ist ein Schnappschuss«, sagte Projektleiter Professor Dr. Michael Hiesmayr aus Wien auf einer Pressekonferenz in Berlin. Ziel sei es gewesen, alle am Erhebungstag auf den jeweiligen Stationen anwesenden Patienten zu ihrer Ernährung zu befragen. Um das Outcome des Patienten zu beurteilen, schlossen sich zudem Fragen bei der Entlassung sowie nach einem Monat an. In Deutschland wurden auf diese Weise Daten von rund 2100 Patienten auf 105 Stationen in 44 Krankenhäusern gewonnen.
Das Projekt sollte zeigen, wie häufig Mangelernährung in den verschiedenen Ländern Europas vorkommt und inwiefern die Nahrungsaufnahme im Krankenhaus unzureichend ist. Dazu mussten sowohl Patienten als auch das Klinikpersonal Fragebögen ausfüllen. Schließlich sollte hiermit das Bewusstsein über die Bedeutung der Ernährung in Krankenhäusern für die Genesung bei Patienten, aber auch bei Krankenhauspersonal und -verwaltung gestärkt werden.
In Deutschland gab ein Drittel der Patienten an, vor der Krankenhausaufnahme einen Gewichtsverlust von vier bis fünf Kilogramm registriert zu haben, jeweils ein weiteres Drittel hatte keinen Gewichtsverlust festgestellt oder wusste nicht, wie sich sein Gewicht verändert hatte. Nach einem Monat waren 72 Prozent wieder nach Hause entlassen worden, 3 Prozent bereits gestorben. Dabei wiesen diejenigen, die als mangelernährt galten, eine um 50 Prozent verlängerte Liegedauer sowie ein erhöhtes Mortalitätsrisiko gegenüber denjenigen auf, die kein Gewicht verloren hatten (3,1 versus 1,3 Prozent). Noch höher lag das Risiko, innerhalb des Folgemonats zu versterben, bei den Patienten, die keine Angaben zur Gewichtsabnahme machen konnten (5,7 Prozent).
Auch das Essverhalten im Krankenhaus korreliere mit der Sterblichkeit, sagte Hiesmayr. »Weniger als 40 Prozent der Patienten essen alles.« In der Gruppe, die das gesamte Mittagessen verzehrte, betrug das Mortalitätsrisiko 0,7 Prozent. Dieses wuchs auf 2,3 Prozent, wenn die Patienten nur die Hälfte der Malzeit aßen, und auf 4,9 beziehungsweise 7 Prozent, wenn nur ein Viertel der Portion oder gar nichts verzehrt wurde. Der Untersuchung zufolge hat somit sowohl der Ernährungszustand bei der Krankenhausaufnahme als auch die Ernährung während des Aufenthalts Einfluss auf das Mortalitätsrisiko. Dabei decken sich die für Deutschland ausgewerteten Zahlen mit denen für Europa allgemein.