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Neue Arzneistoffe

Drei Mal Sprung, fünf Mal Schritt

04.06.2013  17:31 Uhr

Drei Sprung- und fünf Schrittinnovationen, die in den vergangenen Monaten auf den deutschen Markt kamen, stellte Professor Dr. Hartmut Morck, Wiesbaden, vor. Seine Bewertung aus pharmazeutischer und pharmakologischer Sicht ging dabei in einigen Fällen nicht konform mit der Nutzen­bewertung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).

So zum Beispiel im Fall des Dapagliflozin, dem ersten Vertreter der SGLT-2-Inhibitoren zur Behandlung von erwachsenen Typ-2-Diabetikern. Morck stufte den Arzneistoff als Sprunginnovation ein, das IQWiG sah keinen Zusatznutzen.

Der »Sodium dependent glucose transporter« (SGLT) vom Typ 2 ist der Haupttransporter für die Resorption von Glucose in der Niere. Wird er gehemmt, wird vermehrt Glucose ausgeschieden. Die Folge sind eine erhöhte Harnausscheidung und Gewichtsreduktion. Bei einer Hemmung des SGLT-1, der vor allem im Dünndarm für die Glucoseaufnahme sorgt, könne es zu Durchfällen kommen, erklärte Morck.

 

Das neue Wirkprinzip senkt die Blutglucose um bis zu 30 mg/dl und löst keine Hypoglykämien aus. Der Langzeitblutzucker HbA1C sinkt ähnlich wie unter Metformin. Es gab vermehrt Genital- und Harnwegsinfekte aufgrund der Glucosurie. Vor allem bei älteren Menschen müsse man auf eine Dehydratation achten. Derzeit wird ein erhöhtes Risiko von Blasen-, Prostata- und Brustkrebs diskutiert, informierte Morck. Daher habe die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA Dapagliflozin die Zulassung versagt. In den USA ist Canagliflozin zugelassen.

 

Eine weitere Sprunginnovation ist laut Morck das Orphan Drug Ivacaftor, das erstmals eine ursächliche Therapie der Mukoviszidose ermöglicht. Allerdings nur für Patienten mit der Mutation G551D im CFTR-Gen. Diese tritt bei etwa 4 Prozent der Patienten, in Deutschland etwa 400 Patienten auf. Bei ihnen kann Ivacaftor die Öffnung des defekten Chloridionenkanals und damit den Ionentransport erleichtern. Der genaue Wirkmechanismus sei unbekannt. Die perorale Therapie verbesserte das forcierte Einsekunden-Aus­atemvolumen um rund 10 Prozent. Die Jahrestherapiekosten bezifferte Morck mit etwa 300 000 Euro pro Patient.

 

Als dritte Sprunginnovation stellte der Referent das Orphan Drug Brentuxi­mabvedotin vor, das für stark vorbehandelte Patienten mit CD30-positivem Hodgkin-Lymphom oder einer speziellen Form des großzelligen Lymphoms (sALCL) zugelassen ist. Es ist ein Konjugat aus einem Anti-CD30-Antikörper, der über einen Linker mit dem hoch toxischen Zytostatikum Auristatin E verbunden ist. Aufgabe des Antikörpers ist es, Auristatin E zielgenau an die Tumorzelle zu bringen. Intrazellulär wird das Konjugat gespalten. Nachteil: Beim Zelltod gelangt das Zytostatikum in den Intrazellulärraum, was die schweren Nebenwirkungen erklärt. Da das Medikament in Studien aber gut wirksam war – 75 Prozent der Patienten sprachen komplett oder teilweise an und ein Drittel erreichte eine komplette Remission –, erteilte die EMA eine Zulassung unter Auflagen. Morck lobte das Konzept, ein Zytostatikum mit einem Antikörper zu koppeln, wie es jetzt auch mit Trastuzumab gelungen ist. Dieses wurde kürzlich in der Schweiz für Frauen mit metastasiertem Brustkrebs zugelassen.

 

Direkte Vergleichsstudien wünschenswert

 

Als Schrittinnovation, aber ebenfalls zukunftsweisend bezeichnete Morck Pertuzumab. Der Antikörper ist bei Frauen mit HER2-positivem Brustkrebs kombiniert mit Trastuzumab und Docetaxel als Erstlinientherapie zugelassen. Die beiden Antikörper greifen an verschiedenen Stellen am HER2-Rezeptor an und ergänzen sich somit in ihrer Wirkung. In Studien führte die Dreierkombination zu einem längeren Über­leben. Dies war so überzeugend, dass die Medikation in die Leitlinie Mamma­karzinom aufgenommen wurde.

 

Als weitere Schrittinnovation stellte Morck das makrozyklische Antibiotikum Fidaxomicin vor, das bei Clostri­dium-difficile-Infektion zugelassen ist. In Bezug auf die klinische Heilungsrate zog es mit Vancomycin in Studien gleich, die Rezidivrate nach 30 Tagen war aber deutlich niedriger. Fidaxo­micin wird nur an Kliniken geliefert.

 

Auch das Antiepileptikum Perampanel stufte Morck als Schrittinnovation ein. Anders als Topiramat greife es hoch selektiv und spezifisch an AMPA-Rezeptoren an und unterscheide sich auch strukturell deutlich. Es gebe aber keine direkte Vergleichsstudie, ob Perampanel als Add-on-Therapie besser wirkt als Topiramat. Dies gilt in ähnlicher Weise für den makrozyklischen Triterpenester Ingenolmebutat, der zur topischen Behandlung bei aktinischen Keratosen zugelassen ist. Für die Patienten stehen bislang Topika mit Diclofenac, 5-Fluoro­uracil oder Imiquimod zur Verfügung.

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