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Gesundheitspolitik

Piratenpartei auf Kurssuche

04.06.2012  20:06 Uhr

Von Sarah Lena Grahn, Berlin / Seit einem halben Jahr arbeiten Mitglieder des Berliner Landesverbandes der Piraten an einem gesundheitspolitischen Grundsatzprogramm. Ende des Jahres wollen sie ihre Positionen auf dem Bundesparteitag in Bochum zur Abstimmung stellen. Noch herrscht jedoch Chaos. Ein Besuch in Berlin-Wilmersdorf.

Knappe zwei Stunden haben sie diskutiert, dann zieht Olav das Fazit: »Kein greifbares Ergebnis. Wir werden alle Argumente noch einmal im Pad ausarbeiten und zu einem späteren Zeitpunkt abstimmen.« Im Pad, das bedeutet im Internet, auf einer gemeinsamen Diskussionsplattform. Nicht im wirklichen Leben, wie an diesem Abend Ende Mai in einem American Diner in Berlin-Wilmersdorf. 14 Piraten sind gekommen, 13 Männer und eine Frau, um das gesundheitspolitische Grundsatzprogramm ihres Landesverbandes voranzubringen. Ziel war es, den Begriff der Grundversorgung »piratisch« zu definieren.

Über Steuern finanzieren

 

Die Arbeit gestaltet sich zunächst jedoch deshalb schwierig, weil eine politische Debatte und die Lautstärke in einem Burger-Restaurant nicht so recht zusammenpassen wollen. Im Laden selbst macht die Musik ein konstruktives Gespräch unmöglich, draußen stören grölende Jugendliche an den Nebentischen. Also zieht die Gruppe ein weiteres Mal an einen anderen Tisch, weg von den Teenagern. Wirklich besser wird es hier jedoch auch nicht.

 

Medizinische Leistungen sollen nach dem Willen der Gruppe künftig über Steuern finanziert werden. So steht es bereits in ihrem Grundsatzprogramm. Welche Leistungen das sind, soll die Definition des Begriffs Grundversorgung klären. Das Problem dabei: Die Bezeichnung gefällt einem Großteil der Anwesenden nicht. Grundversorgung klinge nach Minimalversorgung, nach Rationierung und Priorisierung, nach englischem Modell, protestiert Markus, der als Krankenpfleger arbeitet.

 

Was wäre mit »Vollversorgung«? Diese Bezeichnung impliziere aber doch auch Schönheitsoperationen wie Brustvergrößerungen, sagt Olav, Zahnarzt und Koordinator des sogenannten Squads. Wäre da nicht die Missbrauchsgefahr zu groß? Hermann, von Beruf Krankenpfleger, ist empört: Es müsse ein Umdenken her, weg von der »Kriminalisierung der Patienten«, die der »Kriminalisierung der User im Netz« sehr ähnlich sei, fordert er. Würden erst die Strukturen des Gesundheitssystems verändert, sei »genug Geld vorhanden, um ein paar ›Missbräuche‹ zu verkraften«, sagt Hermann.

 

Bei der anschließenden Abstimmung schafft es die Vollversorgung nicht ins Programm. Der Begriff impliziere doch, dass es auch weniger als ein Voll gebe, erklärt Markus sein Nein. Macht aber nichts, die Diskussion geht weiter. In den Mittelpunkt rückt die Rolle des Allgemeinmediziners, der aus Sicht von Hermann zu oft und zu schnell zu jedem Wehwehchen befragt wird. Viele »Krankheiten« könnten doch durch ausgebildete Pfleger therapiert werden, sagt er. Der Arzt solle nur dann ins Spiel kommen, wenn der Patient ernsthaft erkrankt sei.

 

Welche Leistungen aber soll nun ein Arzt anbieten? Vielleicht, so der Tenor in der Runde, ist diese Entscheidung gar nicht Sache der Politik? Könnte diese Aufgabe nicht ein spezieller Kompetenzrat aus Ärzten, Pharmazeuten und Patienten übernehmen? Eine Kommission also, die festlegt, welche »Behandlungen evidenzbasiert sind und daher vom System übernommen werden«, fasst Olav zusammen. Die Piraten müssten die Definition einer Grund- oder auch Vollversorgung also gar nicht finden, sondern könnten den Job an eine Kommission delegieren.

 

Im Wolkenkuckucksheim

 

Zwei Neinstimmen machen schließlich auch diesen Vorschlag zunichte. Olav startet einen neuen Anlauf: »Wie wäre es, zunächst lebensrettende und -erhaltende Maßnahmen als einen Grundaspekt der Versorgung zu benennen?« Hermann schreit auf: »Wir sollten lernen, das Leben in seiner Endlichkeit anzuerkennen!« Nicht alles, was medizinisch machbar sei, könne und müsse auch finanziert werden. »Wir sind doch nicht im Wolkenkuckucksheim«, sagt er kopfschüttelnd. / 

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