Zulassungskrimi ohne Sieger |
01.06.2016 09:45 Uhr |
Eteplirsen versus Drisapersen – zwei Wirkstoffe zur Behandlung von Patienten mit Morbus Duchenne lieferten sich zuletzt ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Zulassung. Jetzt ist klar: Keiner von beiden ist ausreichend wirksam, um den Sprung in den Markt zu schaffen. »Es war ein Zulassungskrimi – leider mit einem ernüchternden Ergebnis«, sagte Professor Dr. Manfred Schubert-Zsilavecz von der Goethe-Universität in Frankfurt am Main.
Morbus Duchenne ist eine Muskelerkrankung, bei der durch die Mutation eines Gens das Protein Dystrophin nicht in ausreichender Menge und Qualität gebildet werden kann. In der Folge kommt es zu Muskelschwäche, Gehbehinderung und letztlich zum Tod durch Versagen der Atemmuskulatur. Das Dystrophin-Gen befindet sich auf dem X-Chromosom, daher sind fast ausschließlich Männer betroffen. In Deutschland leiden rund 3500 Jungen an Morbus Duchenne. Eine kausale Therapie ist bislang nicht verfügbar.
Zwei Arzneistoff-Kandidaten gegen die Muskelerkrankung Morbus Duchenne lieferten sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Zulassung. Das Ziel erreichte letztlich keiner der beiden.
Foto: Fotolia/Rebai Silvano
Die Erwartungen an die neuen Wirkstoffe waren groß, so Schubert-Zsilavecz. Sie sollten das fehlerhafte Übersetzen der genetischen Information in das entsprechende Protein verhindern, indem sie selektiv das Exon 51 blockieren. Dadurch entsteht zwar ein verkürztes Dystrophin-Protein, von dem sich die Hersteller jedoch erhofften, dass es zumindest den vollständigen Funktionsverlust aufhebe. Diese Theorie scheiterte jedoch im Praxistest: »In den Zulassungsstudien zeigte sich kein klinisch relevanter Effekt. Die Forscher fanden nur 0,3 Prozent mehr des funktionstüchtigen Dystrophins.« Sowohl die US-amerikanische als auch die europäische Arzneimittelbehörde lehnten vor wenigen Wochen angesichts der mangelnden Wirksamkeit die Zulassung ab. »Das ist eine schwere Niederlage im Kampf gegen Morbus Duchenne«, fasste Schubert-Zsilavecz zusammen.
Birke zur Wundheilung
Doch aus London kommen auch gute Nachrichten: Mit Episalvan® hat die europäische Arzneimittelbehörde EMA im Januar erstmals ein pflanzliches Arzneimittel EU-weit zugelassen. »Das ist ein absolutes Novum«, betonte Schubert-Zsilavecz. Bei dem Präparat handelt es sich um ein steriles Gel, das als wirksamen Bestandteil einen Trockenextrakt aus Birkenrinde enthält. Es kommt bei Verbrennungen zweiten Grades sowie bei Hauttransplantationen zum Einsatz. »Präklinische und klinische Studien konnten zeigen, dass der enthaltene Trockenextrakt die Wundheilung und Hautregenerationsprozesse fördert«, so Schubert-Zsilavecz. Als hauptverantwortlich für die Wirkung gelte das pentazyklische Triterpen Betulin, der genaue Mechanismus sei jedoch bislang unklar.
Neues Prinzip bei Gicht
Für die Behandlung von Patienten mit Gicht dürfte in Zukunft ebenfalls eine neue Option verfügbar werden. Der URAT1-Inhibitor Lesinurad (Zurampic®) erhielt kürzlich ein positives Votum der EMA, in den USA ist er bereits zugelassen. Das Mittel hemmt in der Niere die Wiederaufnahme der Harnsäure aus dem Primärharn und senkt in Kombination mit einem Xanthinoxidase-Inhibitor wie Allopurinol den Harnsäurespiegel effektiv auf weniger als 6 mg/dl. »Bei einer Monotherapie mit Allopurinol wird dieser Zielwert häufig nicht erreicht«, erklärte Schubert-Zsilavecz. Kontraindiziert ist das Mittel bei einer renalen Clearance von weniger als 45 ml pro Minute sowie bei Vorliegen eines Tumorlyse-Syndroms. Interaktionen sind vor allem mit solchen Arzneistoffen zu erwarten, die das Leberenzym CYP2C9 hemmen oder induzieren.