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Chronische Schmerzen

Multimodal und intensiv therapieren

01.06.2016  09:45 Uhr

Chronischer Schmerz ist eine eigenständige Erkrankung mit biopsychosozialen Ursachen. Die Patienten sollten frühzeitig multimodal behandelt werden, sagte Professor Dr. Heike Rittner vom Zentrum für interdisziplinäre Schmerzmedizin der Uniklinik Würzburg.

Chronischer Schmerz habe keine Warnfunktion mehr, sondern beruhe auf einer Fehlfunktion der Schmerzverarbeitung, erklärte die Anästhesiologin. Nach dem biopsychosozialen Modell tragen neben biologischen Faktoren viele weitere Komponenten zur Chronifizierung bei, zum Beispiel Stimmung, Angst, Erwartungen und bestimmte Denkstrukturen. »Es müssen immer mehrere Funktionen zusammenkommen, damit Schmerzen chronifizieren«, sagte Rittner.

Tatsächlich löst chronischer Schmerz, der per Definition länger als sechs Monate besteht, strukturelle Veränderungen im Cortex aus. Die veränderte Plastizität werde oft als Schmerzgedächtnis bezeichnet. Dieser Begriff sei wenig geeignet, da viele Patienten meinen, der Schmerz sei unveränderbar eingebrannt. »Man kann chronischen Schmerz aber wieder verlernen.«

 

Die Ärztin nannte zahlreiche »weiche« Faktoren (yellow flags) für die Chronifizierung. Neben Kognition und Emotionen könnten auch Familie, zum Beispiel ein überprotektiver Partner, Schon- und Vermeidungsverhalten, Arbeitsplatzprobleme oder die Behandlung dazu beitragen. Die ärztliche Anweisung zu Schonung und Bettruhe, Überdiagnostik, unkritische Medika­tion und Fehler in der Kommunikation gehörten ebenfalls dazu. Man geht heute davon aus, dass genetische Faktoren, Umwelteinflüsse, Persönlichkeitsmerkmale und psychologische Faktoren das Risiko für eine Chronifizierung von Schmerzen bestimmen.

 

Interdisziplinäre Therapie

 

Die multimodale Therapie greift die biopsychosoziale Ätiologie von Schmerzen auf. Definitionsgemäß handelt es sich um die »gleichzeitige Anwendung unterschiedlicher übender Therapieverfahren in gemeinsamer Absprache der Therapeuten«. Dabei arbeiten Ärzte, Psychotherapeuten sowie Physio- und Ergotherapeuten zusammen. Geeignet sei diese Therapieform für Patienten mit schwerer Schmerzerkrankung mit biopsychosozialen Komponenten, mit deutlicher Beeinträchtigung der Lebensqualität und Arbeitsfähigkeit sowie bei Vorliegen von yellow flags. Sie helfe unter anderem bei chronischen Rückenschmerzen, chronisch-rheumatischen und neuropathischen Schmerzen.

 

Am Anfang stehe ein interdisziplinäres Assessment, an dem mindestens zwei Disziplinen beteiligt sind, berichtete Rittner. Nach einer strukturierten Anamnese erarbeite das Team mit dem Patienten realistische Therapieziele. Häufig sei zunächst ein Medikamentenentzug, zum Beispiel von Opioiden und Nicht-Opioiden, nötig. In der Physiotherapie werden vorrangig aktivierende Verfahren eingesetzt mit dem Ziel, dass der Patient mehr körperliche Fitness erreicht und seine Selbstwirksamkeit entdeckt.

 

Die multimodale Therapie ist individuell und intensiv, meist über vier Wochen an fünf Tagen pro Woche. Großen Anteil haben Schulung und Training, Gruppen- und Einzelpsychotherapien. Inzwischen gebe es auch ein Programm für Senioren mit individuellem Training an zwei bis drei Tagen pro Woche.

 

Messbarer Erfolg

 

In vielen Studien, die aber kaum vergleichbar sind, wurde eine Verbesserung der Beschwerden nachgewiesen. Es sei aber schwierig, Erfolg und Outcome zu messen, da es verschiedene Erwartungen gibt, sagte Rittner. Nach Ergebnissen des Forschungsverbunds VAPAIN sollten Studien die körperliche, seelische und soziale Gesundheit als Zielfaktoren berücksichtigen.

 

Laut Rittner sind noch viele Fragen offen: Welche Maßnahmen sind bei bestimmten Syndromen besonders günstig? Wann sind interventionelle Maßnahmen, zum Beispiel Injektionen, angebracht? Und schließlich müsse geklärt werden, wie die Nachhaltigkeit verbessert und ambulante Programme gestaltet werden können.

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