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Kommunikation

Gespräche in existenzieller Not

30.05.2011  17:20 Uhr

Von Brigitte M. Gensthaler, Rosenheim / Gelungene Kommunikation ist ein Hauptgrund für Patientenzufriedenheit. Dies gilt besonders für Menschen, die sich aufgrund einer schweren Krankheit existenziell bedroht fühlen und Angst haben. Aktiv zuhören und die richtigen Fragen stellen, ist jetzt besonders wichtig.

Ich habe solche Angst vor der nächsten Chemotherapie. Was machen wir, wenn auch diese Therapie nicht wirkt? Wie lange habe ich noch zu leben? Immer wieder kommen Patienten mit solch existenziellen Sorgen in die Apotheke oder zum Arzt. Viele Heilberufler reagieren mit einer schnellen sachlichen Antwort und beenden damit das Gespräch, bevor der Patient das für ihn Wichtige überhaupt sagen konnte. »Misslungene Kommunikation vergeben Patienten nie, gelungene Gespräche vergessen sie nie«, sagte Professor Dr. Matthias Volkenandt vom Dermatologikum Hamburg. Der Dermatologe und Theologe nannte beim Bayerischen Apothekertag in Rosenheim Grundregeln, wie Gespräche zu existenziellen Fragen gelingen können.

Gespräche zu führen, ist eine der wichtigsten Handlungen von Arzt und Apotheker. Wenn sie gelingen, trägt dies maßgeblich zum Wohlbefinden des Patienten, aber auch des Heilberuflers bei, sagte Volkenandt. Jedoch werden »soft skills« in der Ausbildung nicht gelehrt. Daher fühlen sich viele Heilberufler unsicher und weichen lebenswichtigen Fragen aus – oft aus Angst vor eigenen und fremden Emotionen.

 

Offen und wahrhaftig

 

»Gespräche über Ängste sind nur möglich, wenn wir offen und wahrhaftig sind«, sagte Volkenandt. Nur dann bleibe das Vertrauens­verhältnis zwischen Patient und Heilberufler erhalten, und die Selbstbestimmung des Patienten werde gewahrt. Schließlich gehe es für ihn auch darum, die verbleibende Lebenszeit zu nutzen, zum Beispiel um unerledigte zwischenmenschliche Angelegenheiten zu regeln. Oft spüre er bei schwer kranken Menschen große Traurigkeit, nicht oder nicht ernst genug gelebt zu haben. »Wenn Heilung nicht mehr gelingt, ist Kommunikation das Einzige, was uns bleibt.«

 

Gerade wenn die medizinischen Möglichkeiten ausgereizt sind und Medizin, Pharmazie und Pflege »nichts mehr tun können«, brauche der Patient die Hilfe am nötigsten. Gerade weil die Zeit der Heilberufler so knapp ist, müsse sie gut genutzt werden. Gute Gespräche dauern nicht länger als schlechte, sondern sparen sogar Zeit, so der Experte.

 

Ein gelungenes Gespräch helfe dem Menschen auf zwei Ebenen: der fachlichen, kognitiven Ebene und der emotionalen Beziehungsebene. Das Gefühl, gehört und verstanden zu werden, sei für den Patienten viel wichtiger als rein sachliche Informationen. Daher müsse man bei existenziellen Fragen des Patienten immer erst die Emotionen hören, erfragen und rückspiegeln, bevor man die sachlichen Erklärungen gibt. Sonst könne der Patient die Sachinformationen gar nicht aufnehmen. Volkenandts Erfahrung: »Fragen kann nie schaden.«

 

Die verfrühte fachliche Antwort, auch »distancing« genannt, trage dazu bei, dass Patienten missverstanden werden, Wichtiges ungesagt bleibt und eine Strukturierung der Angst unmöglich wird.

 

Zuerst die empathische Antwort

 

Vor – nicht anstelle – der sachlichen Antwort müsse die »empathische Antwort« kommen, betonte Volkenandt. Diese hat zwei Standbeine: aktives Zuhören und Fragen. Aktives Zuhören beginne mit Schweigen, mit langsamem Reden. »Tempo runter«, riet der Arzt. Dann könne der Heilberufler zurückfragen: Was meinen Sie damit? Wovor haben Sie denn am meisten Angst? Er könne auch bitten: Erzählen Sie mir mehr davon. Nur dann habe der Patient die Möglichkeit, seine persönlichen Empfindungen, Ängste und Sorgen ins Wort zu bringen. Als »Fensterfrage, die oft einen Ozean an Emotionen öffnet«, nannte Volkenandt: Wie kommt es, dass Sie dies gerade jetzt sagen? So könne man beispielsweise reagieren, wenn ein Patient nach seiner verbleibenden Lebenszeit fragt. Die Fragen eröffnen ein Gespräch, das am besten im Sitzen geführt wird.

 

Volkenandt riet den Apothekern, sich auch bei schwierigen Gesprächen in der Apotheke mit dem Kunden zu setzen. Bei Vorwürfen und Aggressionen sei es besser, selbst zuerst kommunikativ »zur Seite« und nicht in Konfrontation zu treten. Dies diene der Deeskalation.

 

Zuhören und Fragen ermöglichen eine empathische Antwort: »Wiederholen Sie, was der Patient gesagt hat. Erkennen und benennen Sie seine Antwort, aber bewerten Sie nicht. Ihr Ratschlag kommt anschließend als Frage.« Hat der Patient zum Beispiel Angst vor der nächsten Therapie, weil seine pflegebedürftigen Angehörigen dann allein sind, könnte der Berater zum Beispiel sagen: »Darf ich Ihnen die Vorteile eines häuslichen Pflegedienstes vorstellen?« anstelle von »Kümmern Sie sich um einen Pflegedienst«. Denn Fragen werden als Angebot wahrgenommen. Ratschläge, die als Anweisung formuliert sind, können dagegen wie Schläge verletzen.

 

Mit dieser Technik »Fragen – Rückspiegeln – Ratschlag als Frage« könne man schwierige Gespräche gelingend führen. Wenn es keine medizinische Hilfe mehr für einen Patienten gibt, bleibe das »Ja« zu seiner Angst, zu Zorn und Trauer. Dies signalisiere Verständnis und Nähe. »Ja, ich sehe, wie traurig Sie sind.« Das Ja stelle den Menschen in den Mittelpunkt. /

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