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Krebs-Immuntherapie

Männer im Vorteil

23.05.2018  10:18 Uhr

Von Annette Mende / Trotz insgesamt beeindruckender Erfolge hat die Immuntherapie bei Krebs ein entscheidendes Manko: Bei manchen Patienten wirkt sie nicht. Wovon es abhängt, ob ein ­Patient gut oder schlecht anspricht, ist noch weitgehend unbekannt. Das Geschlecht könnte eine Rolle spielen.

Antikörper, die Immun-Checkpoints blockieren, stellen einen der wichtigsten Fortschritte der Krebstherapie in den vergangenen Jahren dar. Angriffspunkte sind vor allem das Cytotoxic T-Lymphocyte Protein 4 (CTLA-4) und der Programmed Death Receptor-1 ­(PD-1). Manche Patienten, etwa mit malignem Melanom oder nicht kleinzelligem Lungenkrebs (NSCLC), überleben unter Checkpoint-Inhibitoren sehr viel länger als unter herkömmlichen Therapien. 

 

Doch nicht alle Patienten profitieren gleichermaßen von den Arzneistoffen. Ein wichtiges Forschungsanliegen ist es deshalb, Patienten­charakteristika zu identifizieren, die ein gutes beziehungsweise schlechtes Ansprechen auf Immuntherapeutika vorhersagen.

 

Unterschiede bei der Immunantwort

 

Das Geschlecht komme als Merkmal hierfür aus mehreren Gründen infrage, schreibt nun ein Autorenteam um Dr. Fabio Conforti vom European Institute of Oncology in Mailand im Fachjournal »The Lancet Oncology« (DOI: 10.1016/S1470-2045(18)30261-4). Zum einen bestünden immunologische Unterschiede zwischen Mann und Frau, was bei Wirkstoffen, die die Immun­antwort auf eine Krebserkrankung modulieren, prinzipiell relevant ist. So fielen sowohl die angeborene als auch die erworbene Immunantwort bei Frauen heftiger aus als bei Männern, weshalb sich Tumoren bei Frauen stärker wandeln müssen, um dem Angriff des Immunsystems zu entgehen. Das könne die Empfindlichkeit gegenüber Checkpoint-Inhibitoren herabsetzen. Zudem sei ein hoher Mutationsgrad des Tumors, der meist mit einem besseren Therapieansprechen einhergeht, häufiger bei Männern zu finden als bei Frauen. Das könne unter anderem an geschlechtsspezifischen Verhaltensweisen liegen, etwa dass Männer häufiger rauchen und Frauen besser auf einen ausreichenden Sonnenschutz achten – beides Faktoren, die den Mutations­status beeinflussen.

 

Die Wissenschaftler nahmen sich daher die publizierten Daten zu den CTLA-4-Antagonisten Ipilimumab und Tremelimumab (in Deutschland nicht zugelassen) sowie zu den PD-1-Rezeptor-Antagonisten Nivolumab und Pembrolizumab vor und werteten sie hinsichtlich Unterschieden zwischen Männern und Frauen aus. Es konnten 20 Studien mit Krebspatienten in fortgeschrittenen oder metastasierten Krankheitsstadien berücksichtigt werden. Die häufigsten Entitäten waren malignes Melanom (32 Prozent) und NSCLC (31 Prozent). Frauen waren in den Studien stark unterrepräsentiert: Lediglich ein Drittel (33 Prozent) der insgesamt 11 351 Teilnehmer war weiblich.

 

Alles in allem hatten Männer unter Checkpoint-Inhibition eine 28 Prozent höhere relative Überlebenswahrscheinlichkeit als unter anderen Therapien (Hazard Ratio für Tod 0,72). Bei Frauen betrug dieser Wert gerade einmal die Hälfte (14 Prozent, HR 0,86). Der Unterschied war statistisch signifikant. Auffällig war, dass bei Männern das Ausmaß des Überlebensvorteils stark von der Krebsart abhing, bei Frauen dagegen nicht. Möglicherweise wirkt sich das Geschlecht so sehr auf die Wirksamkeit der Anti-CTLA-4- oder Anti- PD-1-Therapie aus, dass andere Faktoren wie Tumorhistologie, Wirkstoff oder Behandlungsregime bei Frauen nur noch wenig ins Gewicht fallen, mutmaßen die Autoren.

 

Empfehlungen unverändert

 

»Die individuelle Prognose eines Pa­tienten hängt von vielen Faktoren ab«, betont Conforti. Immuntherapeutika stellten für einige Krebsarten weiterhin Standardmedikamente dar; mit ihnen seien oft sehr viel bessere Überlebensraten zu erreichen als mit anderen Wirkstoffen. »Die Behandlungsempfehlungen für Frauen sollten aufgrund unserer Ergebnisse nicht geändert werden. Wir müssen aber die zugrunde liegenden Mechanismen besser verstehen, um sicherzustellen, dass diese Medikamente bei beiden Geschlechtern optimal eingesetzt werden«, so Conforti. Dazu müssten dringend mehr Frauen in entsprechende klinische Studien eingeschlossen werden. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass Ergebnisse aus Studien mit mehrheitlich männ­lichen Teilnehmern irrtümlich auf Frauen übertragen werden. /

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