Einige Arzneimittel ohne Zuzahlungen |
22.05.2006 18:31 Uhr |
<typohead type="3">Einige Arzneimittel ohne Zuzahlungen
von Thomas Bellartz, Berlin, Daniel Rücker, Eschborn
Die Ärzte fürchten ein »Bürokratiemonster«, die Kassen zweifeln am Sinn. Die Regierung setzt sich dennoch durch: Ab Juli entfällt die Zuzahlung auf günstige Arznei.
Am vergangenen Freitag erläuterte der Vorsitzende des BKK-Bundesverbandes, Wolfgang Schmeinck, den Beschluss der Spitzenverbände der Krankenkassen. Danach haben sich die Kassen auf die Festsetzung der Arzneimittelfestbeträge verständigt. Lob kam prompt von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD): »Mit dem Beschluss setzen die Spitzenverbände den Auftrag des Gesetzgebers um, sehr preisgünstige Arzneimittel vollständig von der Zuzahlung zu befreien.« Erstmals seit zehn Jahren würden einige Festbetragsarzneimittel zuzahlungsfrei erhältlich sein. Schmidt: »Das ist ein wichtiges Signal an die Patientinnen und Patienten, dass sich Preisbewusstsein lohnt. Nun haben die Arzneimittelhersteller es in der Hand, ihre Arzneimittelpreise dahingehend zu gestalten, dass die Zuzahlungen entfallen können.« Darauf hatte auch Schmeinck hingewiesen, der den Ball der Industrie zuspielte. Die Hersteller sollten jetzt ihre Verantwortung wahrnehmen.
Für Arzneimittel aus 79 Festbetragsgruppen der Stufe 1 (Arzneimittel mit denselben Wirkstoffen) können danach Zuzahlungsbefreiungen realisiert werden. Weitere Informationen zu den Befreiungsgrenzen können unter www.bkk.de/bkk/powerslave,id,1043,nodeid,1043.html eingesehen werden. Das Ministerium ist sich klar darüber, dass noch nicht für jede Therapie ein zuzahlungsfreies Arzneimittel verfügbar ist. Dennoch sei der erste Schritt für Arzneimittel ohne Zuzahlung getan.
Allerdings gilt die Regelung unter Branchenkennern als bürokratisches Monster, das wenig verlässlich sei. Zudem erhoffen sich Kassen und Regierung von dieser Regelung zusätzliche jährliche Einsparungen von 360 Millionen Euro.
Eine weitere gesetzliche Vorschrift des AVWG war die Senkung der Festbeträge auf das untere Preisdrittel. Das Ministerium bescheinigte den Spitzenverbänden bei der Neufestsetzung Augenmaß. Die neuen Festbeträge trügen »den Anforderungen der Versorgungssicherheit für die Patientinnen und Patienten Rechnung« und sicherten eine mehrkostenfreie Versorgung zum Festbetrag. Schmidt entgegnete früher geäußerten Befürchtungen, dass für bestimmte Arzneimittel, insbesondere bei neurologischen Erkrankungen, hohe Mehrkosten entstehen könnten. Diese Bedenken seien ausgeräumt.
Die Beschlüsse über die zuzahlungsbefreiten Wirkstoffe und über neue Festbeträge treten am 1. Juli in Kraft. Nach Ansicht des BMG haben nun die Beteiligten und die Betroffenen »ausreichend Zeit«, sich auf die Neuregelung vorzubereiten. Die Patienten könnten sich dann »in ihrer Apotheke informieren, welche Arzneimittel zuzahlungsfrei erhältlich sind«.
ABDA-Präsident Hainz Günter Wolf sieht in der neuen Regelung Vorteile: »Patienten haben damit die Möglichkeit, hochwertige Arzneimittel kostenfrei zu erhalten« Wolf ist sich sicher, das die Apotheker ihrer Aufgabe in vollen Umfang nachkommen: »Die Apotheken werden darauf achten, dass den Patienten die neuen Zuzahlungsregeln im Rahmen der ärztlichen Verordnung auch zugute kommen. Jeder Patient kann sich auf die Unterstützung seiner Apotheke verlassen”, so Wolf
Große Problem sieht der ABDA-Präösident nicht: »Diese Regelung wird sich schnell einspielen. Wir Apotheker erwarten ein großes Informationsbedürfnis unserer Kunden. Sobald wir wissen, welche Arzneimittel zuzahlungsfrei sind, werden wir unsere Kunden gezielt beraten.« Nach Angaben des Deutschen Apothekerverbands wird ABDATA nach Verhandlungen mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen die Daten aktuell aufbereiten und den Apothekensoftwarehäusern rechtzeitig zur Verfügung stellen.