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Gefäßersatz

Infektion als gefürchtete Komplikation

13.05.2008  13:55 Uhr

Gefäßersatz

<typohead type="3">Infektion als gefürchtete Komplikation

Von Gudrun Heyn, Berlin

 

Für Gefäßchirurgen gehören infizierte Ersatzgefäße zu den gravierendsten Komplikationen. Nun sollen die lebensgefährlichen Entzündungen besser behandelt werden.

 

Nur selten kommt es vor, dass sich Gefäßprothesen nach dem Einsetzen entzünden. Doch wenn sie es tun, sterben alle unbehandelten Patienten. Selbst nach einer Behandlung ist bei schweren Verläufen das Mortalitätsrisiko nicht gebannt und auch die Amputation einer betroffenen Extremität lässt sich nicht immer vermeiden. Bislang gab es jedoch kaum aussagekräftige Untersuchungen, mit welcher Therapie sich eine Neuinfektion am besten vermeiden lässt, wenn die alte, entzündete Gefäßprothese ersetzt werden muss. Jetzt hat dazu eine Expertengruppe der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie (DGG) die vorhandenen wissenschaftlichen Daten analysiert und eine neue Leitlinie erarbeitet.

 

Seit Mitte der 1960er-Jahre werden Gefäßprothesen beim Menschen routinemäßig eingesetzt, um natürliche Blutgefäße zu ersetzen. So tauschen Gefäßchirurgen vor allem bei Menschen mit arterieller Verschlusskrankheit chronisch verengte oder verschlossene Blutbahnen aus oder ersetzen krankhaft erweiterte Blutgefäße (Aneurysmen). Auch Gefäßverletzungen können neue Leitungsbahnen notwendig machen, zum Beispiel nach Unfällen oder bei langjährigem intravenösen Drogenkonsum.

 

Bei 0,4 bis 8 Prozent der Patienten kommt es innerhalb der ersten zwei bis drei Monate nach dem chirurgischen Eingriff zu einer Entzündung des neuen Gefäßes. »Die höchsten Infektionsraten treten bei Menschen auf, bei denen ein größerer Bypass gelegt wurde«, sagte Professor Dr. Max Zegelman vom Nordwest Krankenhaus in Frankfurt am Main auf dem 125. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie in Berlin. Mehr als einen Meter können solche Umleitungen lang sein. Auch Patienten, die in der Leistengegend operiert werden oder deren durchblutungsgestörtes Bein eine Gefäßprothese benötigt, sind besonders gefährdet. Bis zu 5 Prozent beträgt die Infektionshäufigkeit in dieser Patientengruppe. »Je weiter die Operationsstelle in der Peripherie liegt, desto weniger kann der Körper nach einer längeren Durchblutungsstörung angreifenden Erregern Widerstand entgegensetzen«, berichtete der Koordinator der Leitlinien-Expertengruppe. So sind etwa Raucherbeine geradezu prädestiniert für einen Gefäßinfekt. Das geringste Entzündungsrisiko mit 0,4 bis 3 Prozent haben dagegen Menschen, die an der Hauptschlagader operiert werden.

 

Mehr als 90 Prozent aller Infektionen an Gefäßprothesen werden durch Staphylokokken verursacht. Die Bakterien gelangen beispielsweise während der Operation auf die Prothese, zum Beispiel, wenn das Transplantat mit der Körperoberfläche des Patienten in Berührung kommt. Aber auch aus dem Körper selbst kann die bakterielle Besiedlung erfolgen. Gute Startbedingungen haben die Erreger, wenn sie aufgrund einer Wunde bereits in der Lymphe des Patienten angesammelt wurden. Als besonders besiedlungsfreundlich erweisen sich zudem Gewebeschäden im Prothesenbereich. Patienten, deren neues Gefäß am Darm oder der Harnblase scheuert, sind daher überdurchschnittlich gefährdet.

 

Bei der Besiedlung der Prothese überziehen sich die Bakterien in der Regel mit einer schützenden Schleimkapsel. Selbst Antibiotika können dann oft ihre Wirkung nicht entfalten. So kommt es, dass auch Jahre nach dem Gefäßersatz noch Infektionen auftreten können. Der Keim, der dabei in der Regel gefunden wird, ist Staphylococcus epidermis. Für die Infektionen innerhalb der ersten Monate nach der Operation ist dagegen zu fast 95 Prozent Staphylococcus aureus verantwortlich.

 

Inzwischen sind die Risikofaktoren für eine Infektion recht genau bekannt. Hierzu gehören mangelnde Sterilität, eine längere präoperative Liegedauer und lange OP-Zeiten. So ist es nicht günstig, wenn Patienten schon einige Zeit vor dem Eingriff stationär aufgenommen wurden. Nosokomiale Keime, wie Staphylococcus aureus, haben dann ausreichend Gelegenheit, die Haut zu besiedeln. Ein höheres Kontaminationsrisiko bergen zudem viele oder lang liegende Drainagen. Auch bei Notfalleingriffen steigt in der Hektik die Infektionsgefahr. So kann ein OP-Zeitpunkt in der Nacht das Infektionsrisiko um bis zu 40 Prozent erhöhen.

 

Antibiotika als Prophylaxe

 

Die Infektionsrate lässt sich deutlich vermindern, wenn die Patienten vor und während eines chirurgischen Eingriffs Antibiotika erhalten. In der neuen Leitlinie ist daher die Antibiotikaprophylaxe eine wichtige Empfehlung. Zur Therapie einer entzündeten Gefäßprothese gehört der komplette Ausbau des infizierten Materials, eine konsequente Wundreinigung, eine Antibiose und der Ersatz durch ein neues Gefäß.

 

Mittel der Wahl zum Gefäßersatz ist körpereigenes Material. Vor allem die Venen der Beine bieten sich als Prothesenmaterial an, denn sie sind als oberflächennahe und tiefe Venen doppelt vorhanden. »Ihr besonderer Vorteil liegt in der geringen Infektanfälligkeit«, sagte Zegelman. Aber auch bei körpereigenem Austausch-material sind Reinfektionen nie ganz auszuschließen.

 

Nicht immer ist der Ersatz mit einer körpereigenen Blutleitungsbahn möglich. Je nach Patient empfehlen sich dann weiträumige Umgehungsoperationen oder der Austausch des infizierten Gefäßes mit Spezialprothesen. Solche speziellen alloplastischen Grafts sind Silber-beschichtet und können zusätzlich noch mit Antibiotika getränkt sein. Im Gegensatz zu normalen Kunststoffprothesen lassen sich mit ihnen Infekte deutlich besser abwehren. Dies ergab eine Datenauswertung der Expertenkommission. »Über Jahre haben wir dazu ein Register mit möglichst vielen Daten aufgebaut«, sagte Zegelman.

 

Eine Alternative können auch Spenderarterien (Homografts) sein. Doch ihre Verwendung ist umstritten. Sie haben zwar geringere Infektionsraten, aber ein sehr viel größeres Potenzial später zu degenerieren. Außerdem sind die Transplantate nur schwer verfügbar. Werden sie jedoch eingesetzt, verzichten viele Kliniken, wie etwa die Uniklinik in Köln, auf die sonst bei Fremdorganen übliche Immunsuppression, um die körpereigene Immunabwehr nicht zu schwächen.

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