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Fahndung nach hormonell wirksamen Stoffen

16.05.2006  11:22 Uhr

Gewässerökologie

<typohead type="3">Fahndung nach hormonell wirksamen Stoffen

von Conny Becker, Berlin

 

In der sechsten »Langen Nacht der Wissenschaft« gab sich Berlin vergangenen Samstag ganz von seiner wissenschaftlichen Seite. Vorgestellt wurden auf den mehr als 1500 Veranstaltungen unter anderem Testverfahren auf hormonell wirksame Stoffe in Gewässern.

 

Schon seit längerem wird darüber spekuliert, ob Estrogene im Trinkwasser für die steigende Zeugungsunfähigkeit des Mannes verantwortlich zeichnen. Ohne Zweifel gelangen seit Jahren immer mehr Estradiol oder Ethinylestradiol aus oralen Kontrazeptiva ins Abwasser, da immer mehr Frauen mit der Pille verhüten. Doch auch körpereigene Sexualsteroide, Umweltchemikalien, Pestizide oder Fungizide zählen zu den so genannten »Endocrine Disruptors«, also zu den Stoffen, die wie Hormone wirken oder deren Verfügbarkeit verändern und so das endokrine Gleichgewicht im menschlichen Körper stören können.

 

Wie Professor Dr. Werner Kloas vom Berliner Leibnitz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei die hormonell wirksamen Substanzen im Wasser nachweist, stellte er den Besuchern der »Langen Nacht der Wissenschaft« in Berlin vor. Kloas und sein Team nehmen den Südafrikanischen Krallenfrosch (Xenopus laevis) zur Hilfe, da dieser während seiner Larvalentwicklung, die vom befruchteten Ei bis zur Organbildung reicht, sehr sensibel auf die Hormone im Wasser reagiert: Estrogene sowie Antiandrogene erhöhen den Weibchenanteil, androgen wirksame Substanzen führen zur Vermännlichung und Antiestrogene lassen die Geschlechtsorgane verkümmern.

 

Mit dieser Methode fanden die Wissenschaftler heraus, dass einige Gewässerproben, abgesehen von estrogen wirkenden Stoffen, auch Substanzen mit androgener und besonders antiandrogener Wirkung in relevanten Konzentrationen enthalten. Auf diese sollte daher künftig auch verstärkt getestet werden.

 

Doch nicht nur der Sexualhormon-, auch der Schilddrüsenhormonhaushalt kann durch Stoffe aus belasteten Gewässern gestört werden. Auch hier hilft der Südafrikanische Krallenfrosch, eine Wirkung auf dieses Hormonsystem nachzuweisen. »Ohne Schilddrüsenhormon kein Frosch«, fasste Kloas den entsprechenden Test zusammen. Das heißt, die Amphibie benötigt für ihre Metamorphose Schilddrüsenhormone. Wird deren Synthese etwa durch das Pestizid Amitrol gehemmt, kann sich die Kaulquappe nicht oder nur verlangsamt zum Frosch entwickeln. Beeinflussungen des Schilddrüsensystems können mit dem Test Dosis-Wirkungs-abhängig nachvollzogen werden. Dieser so genannte Amphibien-Metamorphose-Test (XEMA: Xenopus metamorphosis assay) könnte schon bald breitere Anwendung finden und zwar im Zuge des EU-weiten REACH-Programms, in dem Altchemikalien nachträglich toxikologisch bewertet werden sollen. Laut Angaben des Umweltbundesamtes wird dieses den Test zur Normung empfehlen, die Standardisierung wird voraussichtlich noch dieses Jahr abgeschlossen sein.

 

Bislang müssen Hersteller Stoffe nur in Verdachtsfällen auf eine Beeinflussung des Schilddrüsensystems prüfen, was im Rahmen des generellen Toxizitätstests an Ratten geschieht. Der Test auf endokrin wirkende Substanzen sei jedoch wenig sensibel und berge viele falschpositive Ergebnisse. Daher sollte der einfach durchführbare, sensible und gut reproduzierbare XEMA-Test in die international verbindlichen OECD-Testrichtlinien aufgenommen werden, sagte Kloas. Für den Berliner Wissenschaftler ist dies ein unbedingtes Muss. Schließlich sei die Häufigkeit von Schilddrüsenerkrankungen in den vergangenen 15 Jahren um das Zwei- bis Dreifache gestiegen und etwa 30 Prozent der Bevölkerung hätten im Laufe ihres Lebens Schilddrüsenprobleme. Da schätzungsweise weniger als 10 Prozent davon genetisch begründet sind, müsse man der Frage nach belastenden Umweltfaktoren nachgehen.

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