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Doc Morris

Hüffenhardt reloaded

03.05.2017  10:09 Uhr

Von Ev Tebroke / Der Arzneimittel-Abgabeterminal von Doc Morris in der baden-württembergischen Gemeinde Hüffenhardt ist wieder in Betrieb. Die vom Regierungspräsidium Karlsruhe rechtlich verfügte Schließung währte nicht lang. Mittels Klage erwirkte der Versender, dass zumindest die Abgabe von OTC-Medikamenten bis auf Weiteres per Automat erfolgen kann. Jetzt muss das Gericht die Sache klären.

Die Entscheidungen rund um die umstrittene Arzneimittel-Abgabe folgten in schneller Abfolge: Am 19. April hatte Doc Morris die Räumlichkeiten mit Automaten und angedockter Video-Beratung im 2000-Seelen-Dorf Hüffenhardt eröffnet. Zwei Tage später verfügte die Arzneimittelbehörde eine Schließung. Am 26. April verkündete die niederländische Versandapotheke wiederum die erneute Inbetriebnahme der Arzneimittel-Abgabe »im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten«. Per Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe erreichte der Versender, dass das vom Regierungspräsidium per Verfügung erwirkte Verbot der Medikamentenabgabe zumindest für OTC-Arzneimittel bis zur gerichtlichen Klärung wieder aufgehoben ist.

 

Sofortvollzug bei Rx

 

Möglich ist dies, weil die Regierungsbehörde für die Abgabe von Rx-Medikamenten per Eilverfahren einen sogenannten Sofortvollzug erwirkt hat. Dies bedeutet, dass ein Verbot aufrechterhalten bleibt, bis ein entsprechendes Gerichtsurteil vorliegt, auch wenn die Gegenseite dagegen klagt. Für die Abgabe von OTC hingegen meldete die Behörde dies im Rahmen ihrer Klage nicht an. Mit der Gegenklage konnte Doc Morris das Verbot somit aufheben, bis ein Urteil in der Sache ergeht.

 

»Wir sehen unser Angebot nach wie vor als sinnvollen und gewünschten Beitrag zur Sicherung der Daseinsvorsorge in Hüffenhardt. Wir werden daher in Abstimmung mit der Gemeinde und dem Bürgermeister alle Schritte unternehmen, die für die vollständige Umsetzung unseres alternativen und digitalen Versorgungskonzeptes für die Hüffenhardter notwendig sind«, so Doc-Morris-Chef Olaf Heinrich. Mit der Abgabestelle wollte Doc Morris nach eigenen Angaben eine »pharmazeutische Versorgungslücke schließen« und die akute Arzneimittelversorgung der Hüffenhardter übernehmen – nachdem 2015 die einzige Apotheke in der 2000-Seelen-Gemeinde aufgrund von Nachfolgeproblemen schließen musste.

 

Für die Arzneimittelbehörde und auch für die Apotheker hingegen verstößt das Hüffenhardter Konstrukt klar gegen das Arzneimittelgesetz und die Apothekenbetriebsordnung. Patienten können online bestellte Medikamente am Terminal abholen und werden per Video-Chat pharmazeutisch beraten. Per Knopfdruck wird die Abgabe des entsprechenden Medikaments von einem Mitarbeiter am Doc-Morris-Sitz im niederländischen Heerlen frei- und dann vom Automat abgegeben.

 

Auch nach der Einschränkung auf die Abgabe von OTC-Medikamenten hält die Landesapothekerkammer (LAK) Baden-Württemberg den Abgabeautomaten weiterhin für rechtlich nicht zulässig. »Auch nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel haben Wirkungen und oft genug auch Nebenwirkungen«, sagte LAK-Geschäftsführer Karsten Diers auf Anfrage der PZ. Deshalb gebe es strenge Regelungen, in welchem Rahmen Arzneimittel abgegeben werden dürften. Apotheker in ihren Apotheken vor Ort hielten sich an die entsprechenden Gesetze. »Und diese Gesetze müssen auch für ausländische Kapitalunternehmen gelten«, so die Kammer.

 

Bis es zu einer Entscheidung in der Sache kommt, wird es noch einige Zeit dauern, einen Termin gibt es noch nicht. Einem Sprecher des Verwaltungsgerichts Karlsruhe zufolge liegt noch keine vollständige Klagebegründung vor. Auch die Antragserwiderung seitens der Behörde steht demnach noch aus. Drei Apotheker aus der Region wollen nicht solange warten, bis hier ein Urteil ergeht. Mit Unterstützung des apothekereigenen Großhandelsunternehmens Noweda haben sie nun ihrerseits rechtliche Schritte gegen Doc Morris wegen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz und die Apothekenbetriebsordnung eingeleitet. Wie Noweda mitteilte, sehen sie in dem Angebot die regionale Arzneimittelversorgung bedroht und damit die Sicherheit der Patienten gefährdet. /

Kommentar

Fight Apotheke light

Nur die Vor-Ort-Apotheken müssen sich offenbar an die Gesetze halten. Oder wie soll man es sonst verstehen, dass Doc Morris seinen Automaten in Hüffenhardt wieder in Betrieb nehmen kann? Mir ist es ein Rätsel, wie so etwas sein kann. OTC-Arzneimittel zählen wie Rx-Medikamente zu den Waren besonderer Art und sollten nicht wie Kaugummis oder Bonbons aus einem Automaten fallen.

 

Zu befürchten ist, dass Doc Morris nun wieder versuchen wird, seine Beratungs­kabinen, die anmuten wie moderne Beichtstühle, werbewirksam bei Politikern ins beste Licht zu rücken. Aber Achtung: Vom Anspruch, die Versorgung in strukturärmeren Gebieten sicherstellen zu wollen, wird irgendwann nichts mehr übrig bleiben, wenn solche Automaten dann eines Tages auch im Drogeriemarkt oder an der Tankstelle stehen.

 

Eine viel effizientere Methode, etwaigen Versorgungsengpässen auf dem Land entgegenzuwirken, sind doch wohl Rezeptsammelstellen. Auch jene in Hüffenhardt wird täglich geleert. Pharmazeutisches Personal berät die Patienten und liefert alles nach Hause. Ein Automat wie jener in Hüffenhardt hat keine Legitimation. Bitte schnell wieder schließen und am besten den Schlüssel wegwerfen. Fight Apotheke light!

 

Sven Siebenand, stellvertretender PZ-Chefredakteur

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